Der Ursprung der Pandemie und seine notwendigen Konsequenzen
Red. – Dies ist ein Gastbeitrag von Roland Wiesendanger. Er ist Physik-Professor an der Universität Hamburg und Mitglied zahlreicher nationaler und internationaler Wissenschaftsakademien, darunter auch der «Leopoldina» und «acatech». Einer breiten Öffentlichkeit wurde Wiesendanger bekannt, als er vor vier Jahren anhand zahlreicher Indizien zum Schluss kam, dass das Corona-Pandemievirus aus einem Labor stamme und dies öffentlich machte.
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Die Frage nach dem Ursprung der Coronavirus-Pandemie ist zentral. Nur wenn wir die Antwort kennen, können adäquate Vorkehrungen getroffen werden, um die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten ähnlicher Pandemien in Zukunft so klein wie möglich zu halten.
Vor genau vier Jahren wurde meine Studie zum Ursprung der Coronavirus-Pandemie durch eine Pressemitteilung der Universität Hamburg national und international publik gemacht. Wie dieser Pressemitteilung zu entnehmen ist, kam ich im Rahmen einer einjährigen Recherche aller relevanten Veröffentlichungen, Dokumente und Zeugenbefragungen «zu dem Ergebnis, dass sowohl die Zahl als auch die Qualität der Indizien für einen Laborunfall am virologischen Institut der Stadt Wuhan als Ursache der gegenwärtigen Pandemie sprechen».
Öffentliche Debatte ist dringend notwendig
Meine Absicht war – wie bereits der Überschrift der Pressemitteilung zu entnehmen – eine «breit angelegte Diskussion» anzuregen, insbesondere im Hinblick auf die ethischen Aspekte der sogenannten «Gain-of-function»-Forschung, die Krankheitserreger für Menschen ansteckender, gefährlicher und tödlicher macht. In der Pressemitteilung der Universität Hamburg hiess es hierzu: «Dies kann nicht länger nur Angelegenheit einer kleinen Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bleiben, sondern muss dringend Gegenstand einer öffentlichen Debatte werden.»
Trotz der überwältigend positiven Resonanz aus der Bevölkerung, die in den meisten Fällen erst durch meine Studie auf die hoch problematische Gain-of-function Forschung mit pandemiefähigen Erregern aufmerksam wurde, sowie die grosse Zustimmung im Kollegenkreis an der Universität Hamburg, wurde die öffentliche Wahrnehmung durch einen Sturm der Entrüstung seitens der Leitmedien geprägt: von der Verbreitung einer «Verschwörungstheorie» war die Rede, von «Schwurbelei» sowie von «antiasiatischem Rassismus».
US-Regierung spricht nun offiziell von Laborursprung
Vor wenigen Tagen nun, am 31. Januar 2025, wurde vom Podium des Weissen Hauses in den USA verkündet, dass die Pandemie ihren Ursprung in einem Labor in Wuhan hatte («we now know that to be the confirmable truth»). Diese eindeutige Aussage basiert sowohl auf zahlreichen Auffälligkeiten des Erbguts von Sars-CoV-2, welche bei natürlich vorkommenden Sars-Viren nicht auftreten, als auch auf geheimdienstlichen Informationen.
Diese virologischen und geheimdienstlichen Erkenntnisse sind zwar für Insider nicht neu, wurden jedoch bislang nicht in dieser klaren Form seitens einer Regierung gegenüber der Öffentlichkeit kommuniziert.
Was heisst dies nun konkret? Es bedeutet, dass hoch risikoreiche virologische Forschung, die im Verbund zwischen chinesischen und US-amerikanischen Wissenschaftlern in Wuhan, mitfinanziert durch US-amerikanische Steuerzahler, zu einer weltweiten Katastrophe mit Millionen von Toten sowie wirtschaftlichen Schäden in Billionenhöhe geführt hat.
Fauci: Die Forschung ist das Risiko einer weltweiten Pandemie wert
Die kontroverse Diskussion um die problematische Gain-of-function Forschung mit pandemiefähigen Erregern erreichte in den Jahren 2011/12 einen vorläufigen Höhepunkt, als zwei Forschungsgruppen die erstmalige leichte Übertragbarkeit von Vogelgrippeerregern über Aerosole auf Säugetiere – und letztlich auf den Menschen – im Labor demonstrierten. Das einfache Überspringen der natürlichen Barriere beim Übergang von einer Spezies (Geflügel) auf eine andere (Säugetiere) wurde erst durch Genmanipulationen im Labor ermöglicht.
Während zahlreiche verantwortungsvolle Wissenschaftler diese hoch gefährliche virologische Forschung als unmoralisch und unethisch brandmarkten, verteidigten einige Vertreter von Forschungsorganisationen sowie zahlreiche Virologen, die solche Experimente des Erkenntnisgewinns wegen weiterführen wollten, diese Forschungsrichtung.
In einem Interview von 2012 argumentierte etwa Anthony Fauci, der langjährige Gesundheitsberater zahlreicher US-amerikanischer Präsidenten und Leiter einer Unterabteilung der US National Institutes of Health (NIH), dass der Erkenntnisgewinn aus der Gain-of-function Forschung das Risiko einer weltweiten Pandemie wert wäre.
Der deutsche Virologe Christian Drosten erklärte in einem FAZ-Interview vom 18.02.2012, gemeinsam mit zwei Koautoren, dass «wir die Risiken aushalten müssen».
USA verlagerten umstrittene Forschung ins Ausland
Allein schon die Tatsache, dass einzelne Wissenschaftler sich bereits zum damaligen Zeitpunkt anmassten, beim Umgang mit dem Risiko für das Leben von Millionen Menschen in der «wir»-Form zu sprechen, ist aus heutiger Sicht – nach dem schmerzlichen Verlust von Verwandten, Bekannten, Freunden und Mitbürgern – ungeheuerlich. Dies wird umso deutlicher, als Wissenschaftler im Jahr 2012 die Wahrscheinlichkeit einer weltweiten Pandemie, verursacht durch Gain-of-function Forschung, zu 80 Prozent innerhalb von zehn Jahren abgeschätzt haben.
Die heftige Debatte führte zwar dazu, dass die Gain-of-function-Forschung in den USA von 2014 bis 2017 keine staatlichen Fördergelder mehr erhielt. Allerdings verlagerte Anthony Fauci diese unter heftige Kritik geratene virologische Forschung zunehmend ins Ausland, unter anderem nach Wuhan in China.
Im Jahr 2015 wurden weitere hoch problematische Gain-of-function Experimente mit Corona-Hybridviren veröffentlicht, die an menschliche Zellrezeptoren angepasst wurden und folglich ein «Pandemiepotential» für den Menschen aufzeigten. Simon Wain-Hobson, ein bekannter Virologe des Pasteur Instituts in Paris, wies damals darauf hin, dass die US-amerikanischen und chinesischen Forscher ein neuartiges Virus geschaffen haben, das in menschlichen Zellen «bemerkenswert gut wächst». «Wenn das Virus entkommen würde, könnte niemand die Ausbreitung vorhersagen.»
Staatlich gefördert, aber nicht beaufsichtigt
Trotz aller Mahnungen ging diese hoch gefährliche Forschung, die irrsinnigerweise auch noch unter dem Aspekt der Pandemievorsorge («pandemic preparedness») von vielen Ländern – nicht nur von USA, sondern auch von Deutschland – staatlich gefördert wurde, ungebremst weiter.
Im Jahr 2017 sagte Anthony Fauci einen überraschenden Ausbruch («surprise outbreak») eines Krankheitserregers voraus. Auf den Widerspruch zwischen einer Vorhersage eines Ausbruchs und der Kennzeichnung als «überraschend» möchte ich hier nicht weiter eingehen. Es musste jedenfalls allen Beteiligten – auch den beteiligten Virologen – klar gewesen sein, dass sie buchstäblich mit dem Feuer spielten, um angeblich eine Brandvorsorge zu betreiben.
Immer waghalsigere Vorhaben
Befreit von jeglicher staatlicher Aufsicht wurden die virologischen Experimente immer waghalsiger. So wurde ein Forschungsantrag aus dem Jahr 2018 mit dem Kurztitel «DEFUSE» bekannt, der quasi eine Bauanleitung zum künstlichen Erzeugen eines Sars-CoV-2-artigen Virustyps beinhaltete.
Neben dem verantwortlichen Projektleiter, der zugleich Präsident einer US-amerikanischen Nichtregierungsorganisation ist, die über viele Jahre hinweg US-amerikanische Steuergelder für hoch risikoreiche virologische Forschung ins Ausland leitete, waren unter anderem auch US-Forscher der University of North Carolina sowie Wissenschaftler des Wuhan Instituts für Virologie an diesem Forschungsantrag beteiligt. Dieser wurde zwar von der DARPA, einer Unterorganisation des US-amerikanischen Pentagons, zunächst abgelehnt, allerdings wurden diese Forschungsarbeiten letztlich durch die Abteilung von Anthony Fauci dann doch gefördert.
Die Weltgemeinschaft monatelang nicht informiert
Man entschied sich seitens der Wissenschaftler für die Durchführung der Forschungsarbeiten in Wuhan, da dort niedrigere Sicherheitsstandards verglichen mit den USA herrschten. Dies, obwohl das Problem der niedrigen Sicherheitsstandards am Wuhan Institut für Virologie ein Jahr zuvor noch von US-Diplomaten vor Ort in Wuhan an die US-Regierung in Washington kommuniziert wurde. Im Sommer 2019 brach dann die Coronapandemie als Folge der Infektion von Wissenschaftlern in Wuhan aus, wobei die Weltgemeinschaft monatelang uninformiert gehalten wurde.
Wie wir heute wissen, lagen bereits im Herbst 2019 geheimdienstliche Informationen über den Ausbruch eines neuartigen Erregers in Wuhan vor und schon zu Beginn des Jahres 2020 erkannten zahlreiche Virologen weltweit, unter anderem auch drei Nobelpreisträger im Fachgebiet Virologie, dass die Gensequenz des neuen SarsS-CoV-2 Virus eindeutige Hinweise auf einen nicht-natürlichen Ursprung aufwies.
Vertuschungsaktion von Wissenschaftlern
Doch wurde in einer für die Wissenschaft bislang einmaligen Vertuschungsaktion der Laborursprung des Sars-CoV-2 Virus bestritten und das Märchen vom Wuhan Fischmarkt als Ursprungsort der Pandemie erfunden und teilweise bis zum heutigen Tage weitererzählt. Dies ist umso verwerflicher, als bereits im Mai 2020 der Direktor der chinesischen CDC (Centers for Disease Control and Prevention) erklärt hatte, dass nach einer gründlichen Untersuchung von zahlreichen Proben, welche von diesem Fischmarkt entnommen wurden, dieser Markt nicht als Pandemieursache in Frage kommt, sondern lediglich bei der raschen Verbreitung des SARS-CoV-2 Erregers eine wichtige Rolle spielte.
Welche notwendigen Konsequenzen ergeben sich nun aus dem von US-Regierungsseite bestätigten Laborursprung der Covid-19 Pandemie? Zunächst muss es dringend eine umfassende Bestandsaufnahme der weltweiten Gain-of-function Forschungsaktivitäten mit pandemiefähigen Erregern geben. Allein in den USA werden über 60 davon vermutet. Auch in Wuhan laufen hochrisikoreiche Experimente mit gefährlichen Nipah-Viren weiter, die von der US-Gesundheitsbehörde CDC als bioterroristische Erreger eingestuft wurden und das Potential haben, einen signifikanten Teil der Weltbevölkerung auszulöschen, wenn diese – wie im Fall der Sars-Viren – leicht auf den Menschen übertragbar gemacht werden.
Im Widerspruch zur Biowaffenkonvention
Viele der weltweiten Gain-of-function Forschungsaktivitäten mit pandemiefähigen Erregern laufen unter der Flagge einer am reinen Erkenntnisgewinn interessierten Grundlagenforschung, so auch in Deutschland. In einigen Ländern ist man sich zwar bewusst, dass es sich hierbei um «Dual use»-Forschung handelt, die nicht nur dem grundlegenden Erkenntnisgewinn dient, sondern auch für militärische Zwecke genutzt werden kann. Im Grunde genommen laufen jedoch all diese Forschungsaktivitäten der internationalen Biowaffenkonvention aus den siebziger Jahren zuwider und verletzen moralische sowie ethische Standards einer verantwortungsvollen Weltgemeinschaft.
Ich möchte daher nochmals – wie bereits vor vier Jahren – eine öffentliche Debatte über den weiteren Umgang mit der hoch gefährlichen «Gain-of-function»-Forschung mit pandemiefähigen Erregern anregen und gleichzeitig an unsere Hamburger Erklärung vom Februar 2022 zur weltweiten Ächtung und Beendigung dieser mit moralischen bzw. ethischen Grundsätzen und Werten nicht vereinbaren Forschung erinnern.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Roland Wiesendanger ist Physik-Professor an der Universität Hamburg sowie Ehrendoktor der Technischen Universität Posen. Er ist Mitglied zahlreicher nationaler und internationaler Wissenschaftsakademien, darunter auch der beiden nationalen Akademien «Leopoldina» und «acatech» und Fellow mehrerer internationaler Wissenschaftsorganisationen. Durch über sechshundert wissenschaftliche Publikationen sowie über sechshundert wissenschaftliche Vorträge in verschiedenen Wissenschaftsbereichen ist Wiesendanger weltweit bekannt und vernetzt. Der deutsche Virologe Christian Drosten ging juristisch gegen Wiesendanger vor, nachdem dieser behauptet hatte, Drosten habe die Öffentlichkeit «gezielt getäuscht», was die Herkunft des Pandemievirus betreffe (Infosperber berichtete).
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Danke für diese umfassende Darstellung. Professor Wiesendanger leistet einen bedeutenden Beitrag zur Aufklärung. Mich graust es, dieses Jahrhundert wird immer vulnerabler.
Ich bin in der unangenehmen Lage, die fachlichen Aussagen nicht kritisch hinterfrage zu können. Lediglich ein Urteil über Wahrscheinlichkeiten habe ich mir zugetraut. Das Ergebnis war :
Wiesendanger hier, Drosten dort.Ich habe Wiesendangers Aussagen damals als diskussionswürdig angesehen, aber Drosten und seinen Bemühungen die höhere Aussagekraft zugetraut. Ganz langsam hat sich das aber verschoben durch die aufkommenden Informationen über die Forschungsvergabe der USA an China. Heute hat sich meine frühere Auffassung um 180 Grad gedreht.Man kann so einen Vorgang als » normal im Laufe wissenschaftlicher Untersuchungen» ansehen- ist es tatsächlich auch.ABER : 2 Dinge machen diese Geschichte besonders : 1. das enorme Gefährdungspotential der «Gain-of-function»-Forschung und 2. das heutige Schweigen von Drosten. Ich habe ihm stets den guten Glauben seiner Meinung zugestanden – das wird ein Irrtum sein und zerstört das Vertrauen in Wissenschaftler. Das ist ein schlimmer Preis.