Wie wir die höheren AHV-Renten sinnvoll finanzieren
Die 13. AHV-Rente ist beschlossen. Nun fordert «die Mitte», dass auch noch die Ehepaar-Rente erhöht werden soll. Beide Pakete zusammen kosten jährlich gut 9 Milliarden Franken. Wie das finanziert werden soll, ist weiterhin umstritten. Der SP-Ständerat und Präsident des Gewerkschaftbundes, Pierre-Yves Maillard, hat dazu einen Vorschlag gemacht: Erstens soll die Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt auf 9,1 Prozent steigen. Zweitens sollen die AHV-Lohnbeiträge von 8,7 auf 9,5 Prozent erhöht werden.
Insgesamt würde das die Steuerzahler jährlich 8,2 Milliarden Franken mehr kosten. Gemäss dem Bundesamt für Sozialversicherungen würde es Paarhaushalte pro Jahr zwischen knapp 600 und 2600 Franken mehr belasten. Im Schnitt sind es etwa 1400 Franken oder gut 100 Franken im Monat.
Der Ausbau der AHV würde damit auch Löcher in die Budgets der aktiven Bevölkerung reissen, was der NZZ missfällt. Doch dieselbe NZZ hat in derselben Woche auch für milliardenschwere Steuervergünstigungen für die 2. Säule geworben. Der Hintergrund: Nach geltendem Steuerrecht lohnt es sich, auf eine Rente zu verzichten und sich stattdessen das in der Pensionskasse angesparte Kapital auszahlen zu lassen. Um diese Ungerechtigkeit zu beseitigen, sollen laut NZZ künftig bei der Pensionierung alle Altersguthaben mit 10 Prozent besteuert werden. Damit sinkt auch die Rente um 10 Prozent, sie muss dann aber nicht mehr versteuert werden.
Steuervergünstigungen würden 5 Milliarden Franken kosten
Geht man davon aus, dass die Bezüger der jährlich 33 Milliarden Franken Pensionskassenrenten bisher im Schnitt 25 Prozent Steuern auf dem die AHV übersteigenden Einkommen bezahlt haben, reisst dieser Vorschlag ein Loch von rund 5 Milliarden Franken in die Staatskasse – was die NZZ verschweigt. Auch die Steuervergünstigung für die 2. Säule läuft – genau wie die 13. AHV-Rente und die höhere Paarrente – letztlich auf eine Umverteilung von den Aktiven zu den Rentnern hinaus. Allerdings würden vor allem die reichen Rentner von dieser Umverteilung profitieren.
Bei der AHV sieht es anders aus. Paarhaushalte unter 65 verdienen in Schnitt gut 50 Prozent oder monatlich gut 4000 Franken mehr als solche über 65. Die von der NZZ beklagten rund 100 Franken Mehrbelastung sind so gesehen vernachlässigbar. Aus dieser Perspektive ist der geplante Transfer von rund 9 Milliarden von den Aktiven zu den Rentnern eine Massnahme, die den allgemeinen Wohlstand tendenziell fördert. Auch das Argument, dass der Ausbau der AHV auch Leuten zugutekomme, die das gar nicht brauchen, ist vor allem dann stark übertrieben, wenn man die AHV mit der 2. Säule vergleicht.
Von der AHV profitieren alle etwa gleich
Von der AHV profitieren alle Rentner-Einkommensklassen mit gut 3000 Franken monatlich in etwa gleich. In der 2. Säule geht die Spanne (immer bezogen auf die Paarhaushalte) von 360 bis rund 5000 Franken. Entsprechend käme auch die von der NZZ geforderte Abschaffung der Steuern auf den Pensionskassenrenten vor allem denen zugute, die die gesparten Steuern eh nur auf die hohe Kante legen. Auf diese hohe Pensionskassen-Kante fliessen pro Jahr ohnehin schon etwa 37 Milliarden Franken. Wohlverstanden, nach Abzug aller Renten, Kapitalbezüge und Spesen. Da muss man schon beide Augen zudrücken, wenn man sich über die aktuell zur Diskussion stehenden zusätzlichen 9 AHV-Milliarden aufregen will.
Bezahlen sollen die, welche ohnehin mehr verdienen, als sie ausgeben können
Aus dieser volkswirtschaftlichen Sicht ist es fast zwingend, diese 9 Milliarden so zu finanzieren, dass vor allem diejenigen bezahlen, die heute schon viel mehr verdienen, als sie ausgeben können. Das geht am besten mit einer Erhöhung der direkten Bundessteuer. Diese wird zurzeit zu fast 90 Prozent vom reichsten Fünftel der Steuerzahler finanziert und bringt jährlich rund 30 Milliarden Franken ein. Um die zusätzlichen AHV-Ausgaben zu finanzieren, müsste sie um rund 30 Prozent erhöht werden. Klar, das ist nicht mehrheitsfähig, aber man darf diese Finanzierungsvariante trotzdem mit den Alternativen vergleichen.
Da sind zum einen mal die zusätzlichen Lohnprozente. Auch hier werden die Reichen, jene mit den hohen Lohneinkommen, zuerst zur Kasse gebeten. Aber erstens bleiben die steuerlich ohnehin schon privilegierten Kapitaleinkommen verschont. Zweitens werden die Rentner nicht zur Kasse gebeten, was vor allem bei denen störend ist, die die zusätzlichen AHV-Gelder eh nicht brauchen.
Die Finanzierung über höhere Mehrwertsteuern hat zwar den kleinen Vorteil, dass auch die Rentner zahlen müssen. Ihr grosser Nachteil liegt aber darin, dass ärmere Haushalte überproportional belastet werden, weil sie einen sehr grossen Anteil ihrer verfügbaren Einkommen für mehrwertsteuerpflichtige Waren ausgeben müssen. Für das reichste Fünftel sieht die Rechnung über den Daumen gepeilt so aus: Die 13. Rente und die höhere Paarrente bringen ihnen im Schnitt Mehreinnahmen von gut 400 Franken monatlich. Jede Erhöhung der Mehrwehrwertsteuer um einen Prozentpunkt kostet sie aber nur etwa 50 Franken. Sie bleiben die grossen Profiteure.
Wer also kritisiert, dass eine generelle Erhöhung der AHV unnötigerweise auch denen zu Gute kommt, die das Geld gar nicht brauchen, müsste sich entschieden gegen eine Finanzierung über die Mehrwertsteuer wenden. Und wem die Umverteilung von Jung zu Alt ein Dorn im Auge ist, kann nicht für höhere Lohnbeiträge sein. Was bleibt? – Die Finanzierung über die direkte Bundessteuer.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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