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Klassische Mogelpackung: Der Behälter ist nur halb voll. Lidl hat bei diesem Birchermüesli mittlerweile nachgearbeitet. © Verbraucherzentrale Hamburg

Mogelpackungen sollen Inflation verschleiern

Daniela Gschweng /  Hersteller greifen zu altem Trick: Packungen zum gleichen Preis, aber weniger drin. «Shrinkflation» heisst diese Preiserhöhung.

«Weniger drin, Preis gleich» oder noch dreister: «Erst Produkt verteuern, dann weniger drin, anschliessend Preis leicht senken» ist seit langem ein probates Mittel der Hersteller, um Preiserhöhungen zu verschleiern. Mit der hohen Inflation greift so mancher Hersteller auf die gute alte Mogelpackung zurück – in Deutschland zumindest. Und der Handel macht mit.

Die Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH), die auch ein Mogelpackungs-Meldeportal betreibt, entdeckte in den letzten Monaten ungewöhnlich viele Mogelpackungen.

Die «Shrinkflation» grassiert

Die Literflasche Bitter Lemon beispielsweise kostet bei Penny jetzt 49 Cent. Vorher waren 1,5 Liter nach Angabe eines Konsumenten für 59 Cent zu haben, also für 39 Cent pro Liter. Das ist ein Preisanstieg um 25 Prozent. Und in der Aldi-Packung für «Jack’s Farm Lammsteaks gesalzen» finden sich zum gleichen Preis nur noch 300 Gramm Fleisch statt 400 Gramm. Diese versteckte Preiserhöhung von 33 Prozent schaffte es zur «Mogelpackung des Monats Juni».

«Shrinkflation» heisst es, wenn der Kunde weniger für sein Geld bekommt oder umgekehrt mehr für die gleiche Menge bezahlen muss. Vor allem Eigen- oder Handelsmarken würden teurer, warnt die VZHH. Betroffen sind neben Lebensmitteln auch Produkte wie Kosmetika, Windeln oder Putzmittel.

Eigenmarken werden vermehrt «gesundgeschrumpft»

2020 und 2021 fanden sich um die 14 Prozent Eigen- oder Handelsmarken auf der Mogelpackungsliste, 2022 waren es bisher 25 Prozent. Auch in den letzten Wochen hat die Verbraucherzentrale vor allem Eigenmarken aufgenommen und nimmt an, dass dieser Trend anhalten wird.

In einer Stichprobenuntersuchung von 15 Produkten fand die Verbraucherzentrale, dass die Preise für Markenprodukte zwischen Mitte März und Ende April um zwei Prozent gestiegen waren, bei Eigenmarken waren es 17 Prozent.

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Mogelpackungen sind ein probates Mittel, mehr Geld für das gleiche Produkt zu bekommen, nicht nur in Deutschland und der Schweiz. In diesem Facebook-Post beschwert sich ein Nutzer aus den USA, dass eine Tofupackung nur noch zu vier Fünfteln gefüllt ist.

Hamburg ist ein ganzes Stück entfernt von der Schweiz, wo bisher nicht mehr Mogelpackungen gemeldet werden als sonst. «Natürlich kommen Mogelpackungen immer wieder vor», sagt Bojan Tesic vom Eidgenössischen Büro für Konsumentenfragen (BFK), zum Beispiel bei Aktionsangeboten, bei denen ein Kilo eines Produktes teurer sei als zwei 500-Gramm-Normalpackungen. Insgesamt seien beim BFK in den letzten Monaten aber nur wenige Meldungen eingegangen. Das SECO verweist auf das Täuschungsverbot im Bundesgesetz und gibt auf Nachfrage an, dass seit 2017 nur eine Beschwerde zu Mogelpackungen einging und zwar im vergangenen Jahr.

Die Händler profitieren mit

Die grossen Ketten wie Aldi, Lidl, Penny oder Rewe operieren jedoch deutschlandweit, auch nahe der Schweizer Grenze. Aufgefallen ist mehreren Schweizer Bekannten eine Klopapier-Mogelei bei Lidl. In einem XXL-Aktionspaket bekamen Kunden drei Meter Floralys-Toilettenpapier weniger pro Rolle. Aufgewickelt waren zwar nach wie vor 200 Blätter, im Vergleich zur Normalpackung hatte Lidl aber die Blätter verkürzt. Als Mogelpackung sieht der Konzern das nicht an.

Hersteller, bei denen die Verbraucherzentrale nachgefragt hat, rechtfertigen sich mit der im Euroraum stark gestiegenen Inflation, höheren Herstellungs-, Transport- und Energiekosten. Was am Ende auf dem Preisschild steht, bestimmen nach dem Kartellrecht aber die Händler, die das Produkt verkaufen. Der Hersteller kann lediglich eine Preisempfehlung geben. Supermärkte und Discounter, die bisher die Hersteller verantwortlich machten, drehen mit ihren Eigenprodukten nun kräftig mit an der Preisschraube.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Weiterführende Informationen

Zum Infosperber-Dossier:

Tasche_Hintergrund

Konsumentenschutz

Einseitige Vertragsklauseln. Täuschungen. Umweltschädlich. Hungerlöhne. Erschwerte Klagemöglichkeiten.

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2 Meinungen

  • am 14.07.2022 um 09:57 Uhr
    Permalink

    Die Idee eines Supermarktes, nämlich preisgünstig erworbene Großmengen in konsumierbare Kleinmengen verpackt, mit in Summe gewaltigen Aufschlägen weiterzuverkaufen, ist an sich schon zu diskutieren. Der Kunde muss nämlich auch noch alle Unkosten des Supermarktbetreibers (Miete, Energie, Personal usw) bezahlen. Alles Leistungen, von denen der Kunde, weiß er denn genau, was und in welcher Menge er kaufen möchte, eigentlich nichts hat. Als nichtgewerblicher Endverbraucher kann der Kunde keine Großmengen vom Großhändler beziehen, was für Familien oder eine eine Gruppe von Leuten, die sich zwecks gemeinsamen Einkaufs bestimmer Produkte zusammenschließen, erheblich Geld einsparen würde. Die Mogelei – Betrug mag ich es nicht nennen, man kann sich schließlich informieren – geht bei vielen Produkten schon in der Herstellung los: hoher Wassergehalt, Eiweißquellstoffe zur Volumenmaximierung, usw.

  • am 14.07.2022 um 11:02 Uhr
    Permalink

    Bei Pommes-Chips oder Corn-Flakes gibt es dann schon sehr lange.

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