Katjes_klimaneutral

Verbotene Werbung: Katjes-Süssigkeiten dürfen nicht mehr ohne weitere Erklärung als klimaneutral bezeichnet werden. © Katjes

Gericht rügt die irreführende Worthülse «klimaneutral»

Esther Diener-Morscher /  Süsswarenproduzent Katjes bewirbt seine Fruchtgummis als «klimaneutral». Das sei falsch, sagt das höchste deutsche Gericht.

Katjes-Fruchtgummis dürfen nicht mehr ohne weiteres als «klimaneutral» beworben werden: Dieses Urteil hat der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) gefällt. Es wird auch Einfluss auf andere Firmen haben.

Katjes druckte auf seinen Packungen den Begriff «klimaneutral» ab. Das ist laut dem Urteil irreführend – weil «klimaneutral» mehrdeutig sei. Der Begriff könnte bei den Konsumenten den Eindruck erwecken, dass Katjes seine Treibhausgas-Emissionen reduziert habe.

Das ist aber nicht der Fall. Katjes produziert seine Fruchtgummis nicht klimaneutral. Sondern kompensiert bloss die Emissionen mit Geld, indem es Klimaschutzprojekte unterstützt.

Sparen wichtiger als Kompensieren

Diese Kompensation von CO2-Emissionen sei aber nicht gleichwertig mit der Reduktion der Emissionen. Für die Herstellung von Klimaneutralität sei «die Reduktion gegenüber der Kompensation unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes vorrangig», heisst es im Urteil.

Der Bundesgerichtshof kommt deshalb zum Schluss, dass Katjes den Begriff «klimaneutral» zwingend hätte erklären müssen. Und zwar bereits auf der Packung oder in der Werbung.

Die Irreführung sei auch wettbewerblich relevant, «da die Bewerbung eines Produkts mit einer vermeintlichen Klimaneutralität für die Kaufentscheidung des Verbrauchers von erheblicher Bedeutung» sei.

Katjes darf den Begriff also nicht mehr verwenden, ohne gleichzeitig offenzulegen, dass die Firma nur Klima-Zertifikate kauft und nicht den CO2-Ausstoss bei der Fabrikation gesenkt hat.

Neue EU-Regeln gegen «Greenwashing»

Die EU will künftig irreführende Werbung – sogenanntes «Greenwashing» – für angeblich umweltfreundliche Produkte verbieten. Begriffe wie «natürlich» oder «biologisch abbaubar» müssen die Firmen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen belegen können.

Die Unternehmen dürfen auch nicht mehr behaupten, dass ein Produkt aufgrund von CO2-Zertifikaten neutrale, reduzierte oder sogar positive Auswirkungen auf die Umwelt habe.

Auch Coca-Cola und Heizöl

Katjes ist bei weitem nicht die einzige Firma, die mit «Klimaneutralität» wirbt. Auch Unternehmen wie Swisscom, Coca-Cola, Avis und das Helikopterunternehmen Eliteflights brüsteten sich auf ihren Websites mit ihrer Klimafreundlichkeit. Der Winterthurer Heizöl-Lieferant Kübler behauptete sogar «Kübler Heizöl ist klimaneutral».

Deshalb hat die Stiftung für Konsumentenschutz vor einem Jahr gegen diese und weitere Unternehmen eine Beschwerde beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) eingereicht.

Zum Teil mit Erfolg: Kübler entschuldigte sich. Andere Firmen änderten die Formulierungen.

In der Schweiz gab es zwar bereits Forderungen nach einem Gesetz gegen «Greenwashing». Doch dem Bundesrat genügt das Verbot von unlauterem Wettbewerb.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Zum Infosperber-Dossier:

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