Regale voller Ostereier

Vor Ostern müssen die Eier-Regale voll sein. Nach Ostern ist es teuer, die Überproduktion wieder zu stoppen. © Esther Diener-Morscher

Warum wir die Ostereier abschaffen sollten

Esther Diener-Morscher /  Wir kaufen an Ostern zu viele Eier. Das kostet uns zwei Millionen an Subventionen und die Legehennen das Leben.

Die Nachfrage nach Schweizer Eiern hat in den letzten Jahren einen neuen Höhepunkt erreicht. Sie ist in den letzten zehn Jahren von 765 Millionen auf 1,1 Milliarden gestiegen. Das Problem ist: Wir kaufen diese Menge nicht schön übers Jahr verteilt, sondern bevorzugt an Ostern. Deshalb versuchen die Schweizer Eierproduzenten, sich auf den Eier-Boom vorzubereiten.

Aber die Legehennen lassen sich nicht programmieren. Sie legen in ihrem kurzen Dasein etwa 340 Eier – schön verteilt übers Jahr. Das heisst: Wenn die Produzenten vor Ostern mehr Hennen halten, türmt sich nach den Festtagen regelmässig ein Eierberg auf, weil die Nachfrage von einem Tag auf den anderen einbricht.

Die Produzenten haben dann drei Strategien, damit sie nicht auf den vergeblich gelegten Eiern sitzenbleiben.

Erste Strategie: Legehennen vorzeitig schlachten

Gibt es nach Ostern zu viele Hühner, die weiterproduzieren, werden sie frühzeitig geschlachtet. So lässt sich die Produktion schnell der tieferen Nachfrage anpassen. Allerdings will niemand diese Legehennen essen. Ihr Fleisch ist nicht so saftig und fleischig wie das von Mastpoulets. Deshalb müssen mehr als die Hälfte der 2,8 Millionen Legehennen, die jedes Jahr geschlachtet werden, verbrannt werden.

Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) findet: «Aus ethischen Gründen und auch aus Gründen der Nachhaltigkeit» sei es nicht optimal, die Hennen nur deswegen zu schlachten, weil es nach Ostern weniger Eier brauche.

Je mehr Eier, desto mehr Suppenhühner

186 Eier pro Jahr isst jede Person in der Schweiz. Das sind rund zehn Eier mehr als noch vor zehn Jahren. Gründe für diese Zunahme sind: Immer mehr Vegetarier essen Eier als Alternative zu Fleisch und zur Deckung ihres Eiweissbedarfs. Ausserdem sind Eier ihren einstigen Ruf als Cholesterinbomben losgeworden.

Je mehr Eier wir verzehren, desto mehr Legehennen braucht es, die nur noch als Suppenhühner verwertet werden können. Damit die überschüssigen Hühner nicht nutzlos verbrannt werden müssen, sollten alle Konsumenten nach dem Essen von 300 Eiern ein Suppenhuhn kochen. Das sagt Ruedi Zweifel, Direktor der Interessensgemeinschaft Aviforum, im Schweizer-Bauer-Magazin. Zumindest rein rechnerisch wäre so das Verwertungsproblem von Legehennen gelöst.

Zweite Strategie: Bund finanziert Verwertung

Der Bund bietet den Eierproduzenten eine andere Lösung. Er greift ihnen regelmässig finanziell unter die Arme. «Marktentlastungsmassnahmen» nennt der Bund die Subvention von zu viel produzierten Eiern. Pro Jahr zahlt er den Produzenten insgesamt zwei Millionen Franken. Seit 2020 ist das Überangebot an Eiern nach Ostern allerdings so gross, dass es immer weniger Geld pro überschüssiges Ei gibt. Früher zahlte der Bund rund 9 Rappen pro Ei, das die Hersteller aufgeschlagen und weiterverarbeitet haben. Jetzt sind es noch 5 Rappen. Auch Verkaufsaktionen finanziert der Bund. Allerdings nur noch mit 4 statt 5 Rappen. Denn der Bund hält an den zwei Millionen Franken pro Jahr fest.

Dritte Strategie: Eier länger haltbar machen

Deshalb behelfen sich die Eier-Produzenten auch mit anderen Methoden. Zum Beispiel kochen und färben sie rohe Eier und machen sie so für ein paar weitere Wochen haltbar. Das dürfen sie auch mit Eiern machen, deren Verkaufsdatum bereits überschritten ist. Gekochte und gefärbte Eier gelten rechtlich als verarbeitete Eier und dürfen länger verkauft werden. Die aufgetragene Farbe versiegelt die Poren der Eierschale, so dass weniger Keime eindringen können. Die Hersteller können das Haltbarkeitsdatum sogar selber festlegen.

«Bei einwandfreien Prozessen kann die Haltbarkeitsdauer ohne Weiteres verdoppelt werden», sagt Samuel Eckstein, der Sprecher von Fenaco, der Mutterfirma des Eierhändlers Eico. Für rohe Eier gelten hingegen strenge Regeln. Sie dürfen maximal 21 Tage im Regal stehen und sind insgesamt nur 28 Tage haltbar.

Schon seit einigen Jahren versuchen Händler deshalb, Eier zum länger lagerbaren Ganzjahresprodukt zu machen und verkaufen sie als Picknick- oder Salateier. Eico, einer der grössten Eierhändler der Schweiz, hat vor acht Jahren auch begonnen, so genannte «Event-Eier» zu bemalen, das sind Eier, die zu anderen Anlässen – etwa zum 1. August oder zur Fasnacht – und als Werbung für eine Firma gefärbt werden.

Kaum Freilandeier zu Ostern

Wegen der Vogelgrippe dürfen Schweizer Geflügelhalter ihren Tieren nur noch dort Auslauf bieten, wo keine Wildvögel hinkommen. Eier aus Freilandhaltung gibt es deshalb derzeit kaum mehr. Trotzdem dürfen Eier weiterhin als «Freilandeier» verkauft werden, ohne dass das eine Täuschung der Konsumenten wäre. Das hat das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) festgelegt.

Trotzdem sorgen Coop, Migros und Denner ein Stück weit für Transparenz. Mittlerweile sind die Freilandhühner seit vier Monaten vorwiegend im Stall. Deshalb finden die Detailhändler, dass die Deklaration «Freilandhaltung» nicht mehr den Tatsachen entspreche. Seit kurzem bringen sie bei den Eierregalen einen Hinweis an, dass die Eierprodukte «aus Freilandhaltung» gegenwärtig aus Ställen ohne Zugang zur Weide stammen. Den Produzenten von Freilandeiern zahlen sie nach eigenen Angaben den gleichen Preis.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Zum Infosperber-Dossier:

Kuh

Landwirtschaft

Massentierhaltung? Bio? Gentechnisch? Zu teuer? Verarbeitende Industrie? Verbände? Lobbys?

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9 Meinungen

  • am 2.04.2023 um 10:28 Uhr
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    Liegt das Problem hier wieder mal beim heiss geliebten Kapitalismus, ja? Man trainiert – dressiert – Menschen darauf, auf Kommando und auf ein bestimmtes Datum hin, vom Markt definierte Produkte zu kaufen und zu konsumieren, und geht dafür auch mal über Leichen – hier derjenigen der Hühner – oder richtet anderweitig Flurschaden an, um diese künstliche Nachfrage befriedigen zu können. Das ist alles nicht nur gesellschaftlich akzeptiertes Verhalten, sondern wird von einem auch erwartet.
    Zu Ostern, zu Pfingsten, zum Valentinstag, zum Muttertag, zu Halloween, zu Weihnachten. Diese Gelegenheiten wurden schon länger ihres ursprünglichen Sinnes beraubt und zu reinen Konsumorgien. Und dann kommt das schlechte Gewissen und man versucht mit Zwang den CO2 Footprint und den Resourcenverschleiss der anderen zu verbieten, kauft aber selbst Zertifikate, damit man weiter sündigen kann.
    Ende des Wortes zum Sonntag!

  • am 2.04.2023 um 12:12 Uhr
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    Es ist einfach nur noch abstoßend, wie unsere Gesellschaft viele Tiere behandelt. Selbst Menschen, die ihre Haustiere regelrecht vergöttern (wogegen imho grundsätzlich ja nichts einzuwenden ist solange niemand dadurch Schaden nimmt), verwehren dem Rest der Tierwelt, vor allem Nutztieren, aber nicht selten auch Wildtieren, oft de facto jedes Lebensrecht.

    Dass die überschüssigen Hennen verbrannt werden, wusste ich bisher nicht. Das ist ja unfassbar. Alleine die ökologischen bzw. klimawirksamen Folgen eines solchen Irrsinns sind schon unerträglich – die Hennen müssen ja erst mal aufgezogen werden.

    Ich persönlich habe inzwischen den Eierkonsum völlig eingestellt, obwohl ich sehr gerne Eier gegessen hatte – ja, tatsächlich auch um fehlendes Fleischeiweiß zu kompensieren. Das geht auch anders.
    Und wenn ich an die Umstände der Produktion und die Folgen für Hühner und Klima denke, vergeht mir eh der Appetit.

    Oft sind Unwissen oder Unbewusstheit die Ursache – deshalb Danke für den Beitrag!

    • am 4.04.2023 um 13:25 Uhr
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      Wieder einmal ein Beispiel für die Verbotspolitik: es gehört abgeschafft. Wohl sogar soll der Eierkonsum bei Strafe verboten werden? Wo leben wir denn? Weil es IHNEN nicht passt, sollen also alle auf Eierkonsum verzichten? Ich esse gerne und viele Eier. Und ich werde nie darauf verzichten. Weil Hühner eben auch Nutztiere sind habe ich damit kein Problem. Was das Angebot an Eiern vor Ostern betrifft – warum muss man es erhöhen? Man kann es doch so belassen wie es ist! Und dann kosten wegen der hohen Nachfrage die Eier um Ostern herum eben etwas mehr. Problem gelöst, kein Huhn wird zusätzlich verbrannt weil man es dann nicht mehr braucht. Wissen Sie, es gibt immer eine Lösung, aber immer diese Verbotskeule schwingen, das ist so — links-grün! 😉

      • am 5.04.2023 um 08:38 Uhr
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        @F.Petersen:
        Widersprechen Sie sich da nicht selbst?
        Sie beklagen zu viel Regulierung durch das Gemeinwesen, schlagen aber selbst eine Regulierung vor – über den Preis. Also eine Regulierung, die Wohlhabende bevorzugt oder eben Ihre eigenen persönlichen Vorlieben. Genau das, was Sie bei Frau Plass kritisieren.
        Ist nicht eine Regulierung überbordender Ego-Interessen zum Wohle der Gesamtheit eine ganz grundlegende Aufgabe eines funktionierenden Gemeinwesens?

        Und Sie schreiben, dass Sie kein Problem mit dieser üblen Situation hätten, weil «Hühner eben auch Nutztiere SIND». SIND sie das wirklich? Liegt das in ihrem Wesen? Wurden sie vom lieben Gott oder der Evolution dazu gemacht? Zu Eierlegeautomaten, die Vorlieben von Menschen bedienen sollen?
        Es ist eine ganz alte und perfide Strategie, andere Lebewesen (bisweilen auch Menschen), als minderwertig zu erklären, ihnen Gefühle und Lebensrecht abzusprechen, um sie unbeschränkt benutzen oder eliminieren zu können. Descartes lässt grüßen 😉

  • am 2.04.2023 um 14:02 Uhr
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    Guter Artikel. Die CH-Landwirtschaft produziert was der Konsum verlangt. Direktzahlungen (DZ) ermöglichen diese Produktion. Wer DZ als Lenkung einsetzen will, der irrt. Der CH-Rindviehbestand sank trotz lukrativen DZ die letzten 40 Jahre um rund einen Viertel. Der praktisch direkt DZ-unabhängige Geflügelbestand (Eier und Poulets) stieg in der gleichen Zeit um sagenhafte 77%. Wer, wie die verheerende neue Initiative von Frau Herren, die DZ für tierische Produktion streichen will, ohne radikale Veränderung des Konsumverhaltens, erntet folgendes. Die CH-Rindviehhaltung wird sich auf ein paar riesige Grossbetriebe reduzieren. Alpen und Sömmerungsbetriebe verganden. Die Schweineproduktion, die Eierproduktion und Geflügelmasst wird bis zur totalen Ausreizung des Inlandmarktes wie auch der Gesetzgebung noch weiter wachsen und sich ebenfalls auf weniger Betriebe konzentrieren. Daneben wird es noch ein bisschen idyllische Nischenproduktion geben.
    Felix Lang, Altkantonsrat, Grüne Lostorf

  • am 3.04.2023 um 11:23 Uhr
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    Wenn man dezidiert nach Suppenhendln sucht, wird man weder im Supermarkt noch auf Märkten fündig. Man muss bei den Bauern nachfragen, bzw. diejenigen finden, die alte Legehennen noch als Suppenhühner verkaufen. Solch ein Suppenhuhn taugt eben nicht mehr zum Braten, als Filet oder Keule, sondern wirklich nur noch zum Auskochen. Da man bei uns nur noch Edelteile findet, gibt es auch keine richtigen Suppenhühner mehr. Zu den vielen Ostereiern wäre zu bedenken, wieviele davon leider im Müll landen; so lecker Eier sind, man hat sich schnell daran sattgegessen. Vielleicht wird hier künstlich seitens des Handels ein Bedarf erzeugt, den es gar nicht gibt. Viele essen doch viel lieber Schokoostereier, vor allem Kinder fangen mit hartgekochten Eiern wenig an.

  • am 8.04.2023 um 19:15 Uhr
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    Viele Geschäfte bieten keine gefärbte Eier mehr an….gut so….

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