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Die grosse Zahl Älterer treibt die Gesundheitskosten nicht an © Kirchliche Dienste

An steigenden Kosten sind nicht die Alten schuld

upg /  Entgegen der verbreiteten Meinung ist die Explosion der Gesundheitskosten nicht mir der Alterung der Bevölkerung zu rechtfertigen.

In keinem Land Europas kostet die obligatorisch versicherte Grundversorgung pro Kopf so viel wie in der Schweiz, zum Beispiel ein Viertel mehr als in Holland und andern Ländern. Trotzdem sei eine weitere Kostensteigerung unausweichlich, erklären Gesundheitspolitiker, Ärzte und die Pharmaindustrie, weil die Technik der Medizin grosse Fortschritte mache und weil die Bevölkerung immer älter werde.
Dieses zweite Argument wird jetzt von einer statistischen Auswertung der Kostenentwicklung von 1998 bis 2010 widerlegt, die das Schweizerische Gesundheitsobservatorium Obsan gestern veröffentlicht hat*. In den erwähnten zwölf Jahren sind die Ausgaben der Krankenkassen um nominal 77 Prozent oder neun Milliarden Franken gestiegen. Nur 590 Millionen davon oder 6,5 Prozent der gestiegenen Kosten sind auf die Alterung der Bevölkerung zurück zu führen. Das erklärte Maik Roth, Autor der Obsan-Statistik, gegenüber Infosperber. Dagegen seien 14,4 Prozent oder über 1,3 Milliarden Franken mit der Zunahme der Bevölkerung erklärbar. Pro Kopf sind also die Ausgaben der Krankenkassen von 1998 bis 2010 nicht um 77 Prozent, sondern um 60 Prozent gestiegen.

Kosten treibend sind Medikamente und Spezialärzte

Neben der Alterung der Bevölkerung als ein angeblicher Hauptgrund für die Kostensteigerung räumt das Obsan mit andern vorschnellen Urteilen und Meinungen auf.

• Die Kosten für Medikamente und medizinisches Material sind nicht gesunken, sondern überproportional gestiegen. Sie hätten zusammen mit ambulanten Behandlungen zu «deutlich höheren Kosten geführt», schreibt das Obsan. Das fängt schon bei 20-Jährigen an und kulminiert in der Altersklasse der 80-Jährigen, deren Medikamentenkosten um rund die Hälfte gestiegen sind – real, also um die Inflation bereinigt. Ein eigener Vergleich mit anderen Ländern zeigt, dass der Anteil der Medikamentenkosten von 25 Prozent an der Grundversorgung (einschliesslich Spitalmedikamente) wahrscheinlich in keinem andern Land so hoch ist wie in der Schweiz.

• Die Leute gehen heute kaum häufiger zum Arzt als früher. Die Zahl der jährlichen Konsultationen eines Arztes der Grundversorgung hat in keiner Altersklasse zugenommen. Nur zu Spezialisten gingen Siebzig- bis Achtzigjährige im Jahr 2010 im Schnitt viermal pro Jahr statt 3,2 mal zwölf Jahre vorher. Entscheidend für den Kostenschub ist jedoch, dass jeder einzelne der Besuche in dieser Altersklasse heute zu über achtzig Prozent höheren Kosten führt – wiederum real, also um die Inflation bereinigt.

• Die enormen Kostenunterschiede zwischen – auch vergleichbaren – Kantonen nehmen im Lauf der Jahre nicht etwa ab. Die Obsan-Analyse zeigt, «dass Kantone, die 1998 überdurchschnittlich hohe Pro-Kopf-Kosten hatten, fast durchwegs auch 2010 überdurchschnittlich hohe Kosten aufwiesen». Niemand hat bis heute abgeklärt, ob viel höhere Operationsraten und Diagnose-Eingriffe in einzelnen Kantonen den Patientinnen mehr nützen oder im Gegenteil mehr schaden. Die meisten Gesundheitsexperten gehen davon aus, dass häufig mehr behandelt wird als nötig – die Risiken trägt die Patientin oder der Patient.

• Spitalaufenthalte sind keine Kostentreiber mehr. Zwar ist der Anteil der Spitalkosten am Aufwand der Grundversicherung immer noch wesentlich höher als etwa in Holland. Doch das Obsan stellte bei den stationären Aufenthalten während der untersuchten zwölf Jahre eine «vergleichsweise moderate Kostenzunahme von 3,3 Prozent jährlich» fest. Dabei haben die Kosten von Allgemeinspitälern stärker zugenommen als die der Universitätsspitäler. Insgesamt kostete die stationäre Versorgung 2010 6,3 Milliarden Franken.
Allerdings würden viele Spital-Patienten, die vorher dort übernachten mussten, heute ambulant behandelt. Die Kosten der ambulanten Spitalversorgungen haben sich denn auch auf über 2,6 Milliarden Franken fast verdoppelt.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Vertritt die Interessen der Patientinnen und Patienten in der Eidgenössischen Kommission für Arzneimittel EAK.

Zum Infosperber-Dossier:

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3 Meinungen

  • am 11.07.2012 um 12:20 Uhr
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    Ich denke dass jetzt unsere Politiker dran sind die Medidamentekosten in den Griff zu bekommen, aber solange diese zu fest mit den Pharmafirmen verbunden sind werden sie sicher nichts unternehmen. Für die Spezialärzte sollte es eben auch eine obere Grenze geben was sie verrechnen dürfen das wäre die Aufgabe der Krankenkassen dies zu regeln.

  • am 16.07.2012 um 11:04 Uhr
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    Eigentlich wären jetzt die Politiker am Zug: es müsste endlich eine wirklich neue Strategie für unser Gesundheitswesen gebaut werden. Beispiel: Einheitskasse für Grundversorgung (System Suva), Leistungskatalog der Grundversicherung um mindestens einen Drittel zusammenstreichen (wird von Haus- und Spitalärzten spontan befürwortet) dazu Zusatzvericherungen durch Krankenkassen von Standard bis Deluxe mit entsprechenden Prämien. Zwei-Klassen-Medizin? Gibts heute längst! Herr Bundesrat Berset: bitte übernehmen Sie!

  • am 17.08.2016 um 14:00 Uhr
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    Im Jahr 2007 musste ich mich einer Wirbelsäuleoperation unterziehen. Da man der Meinung war in meinem damalige Alter von 80 Jahren genüge es ja, diese Operation OHNE Verschraubung durchzuführen. Verschraubungen seien altersabhängig anzuordnen.
    Sehr schn ell stellte es sich dann heraus, dass dies ein Riesentrugschluss war. Sofort nach dieser OP begannen die Symptome der Polyneuropathie.. 2008 wurde nochmals operiert. Diesmal aber auf Anraten und Brief von Prof.Dr.Leu, Bethanienklinik Zürich MIT Verschraubungen. Wussten dies die Aerzte der Schulthessklinik nicht, oder wollte man es einfach einmal mit einem Alten versuchen? Sither ist einLaufen sehr beschwerlich und die Meineun, ohne Verschraubung damit Geld sparen zu können, war ein Schuss ins Leere. Heinrich Elmer

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