Wachstum dank tieferer Steuern – ein untaugliches Rezept
Unternehmen, die weniger Steuern zahlen müssen, investierten entsprechend mehr. Das wiederum kurble das Wirtschaftswachstum an, was dann Arbeitsplätze schaffe. Das wird zumindest immer wieder behauptet, auch jetzt wieder im britischen Duell um die Führung der Konservativen Partei.
Zwei Forscher haben dazu Daten aus bisherigen Studien verglichen und kommen zu dem Schluss, dass Steuersenkungen das Wachstum nicht fördern, oder höchstens geringfügig.
«Nach dem ungewichteten Durchschnitt aller Schätzungen in unserem Datensatz würde eine Senkung des Körperschaftssteuersatzes um 10 Prozentpunkte die jährlichen BIP-Wachstumsraten um etwa 0,2 Prozentpunkte erhöhen», schreiben sie.
Ausnahmen nur in Einzelfällen
Ganz neu ist das nicht, die in der Fachzeitschrift «European Economic Review» veröffentlichte Arbeit sei jedoch der erste umfassende Überblick über die bestehende Literatur, schreiben die Ökonomen Sebastian Gechert und Philipp Heimberger. Für die Metastudie werteten sie 441 Schätzungen aus 42 Arbeiten aus, die das Bruttoinlandsprodukt BIP mit der Steuer verglichen.
Grundsätzlich seien die Unternehmenssteuern in den letzten Jahrzehnten weltweit gesunken, während das BIP schwankte. Es sei nicht in jedem Fall so, dass Steuersenkungen mit gar keiner Veränderung des BIP in Verbindung gebracht werden. Die Varianz der Ergebnisse sei jedoch gross, es könne im Einzelfall sein, dass Steuersenkungen das Wachstum ankurbeln oder sogar bremsen.
Dieses Bild spiegle den Stand der aktuellen Literatur, in der sowohl positive, negative wie auch neutrale Auswirkungen von Steuersenkungen auf das Wachstum diskutiert würden. Verwiesen würde dabei auch auf andere Faktoren wie Wettbewerb, Arbeitskräfteangebot, Forschung oder die Zusammensetzung des Staatshaushalts. Was dafür spricht, dass es keinen eindeutigen Bezug zwischen Unternehmenssteuern und Wirtschaftswachstum gibt.
Präzision und Datenquelle beeinflussen das Ergebnis
Auch die Art der verwendeten Daten unterzogen die Autoren einer kritischen Betrachtung. Studien, die mit effektiven Durchschnittssteuersätzen rechneten, fänden häufiger wachstumsfördernde Auswirkungen von tieferen Unternehmenssteuern.
Im Vergleich zum Rest der Literatur, die effektive Grenzsteuersätze, Körperschaftssteueranteile am BIP oder gesetzliche Steuersätze verwendet, seien sie eher Ausreisser und das Ergebnis sei nicht so robust. Je kürzer der betrachtete Zeitraum sei, desto kleiner sei zudem die beobachtete Wirkung auf das Wachstum.
Publiziert wird eher, was einen Wachstumseffekt feststellt
Dazu fanden sie Hinweise, dass Studien, die Steuersenkungen wachstumsfördernde Auswirkungen attestierten, öfter veröffentlicht wurden. Demnach sei es etwa 2,7 bis 3-mal wahrscheinlicher, eine Arbeit zu veröffentlichen, die eine positive Auswirkung von Unternehmenssteuersenkungen auf das Wachstum zeigt, als ein signifikant negatives Ergebnis.
Ein solcher «Publication Selection Bias» kann verschiedene Gründe haben. Generell bevorzugen Publikationen und auch Autoren und Autorinnen beispielsweise Resultate, die eine hohe statistische Signifikanz aufweisen. Oder solche, die mit früheren Arbeiten oder theoretischen Modellen übereinstimmen – also dem, was sie erwarten.
Ziehe man dieses Über-Reporting ab, bleibe kaum ein positiver Effekt übrig, oder, in den Worten der Autoren: «Nach Korrektur dieser Verzerrung können wir die Hypothese nicht zurückweisen, dass der Effekt von Unternehmenssteuern auf das Wachstum gleich Null ist.»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Steuererhebungen können die Produktivität nur steigern, wenn die daraus resultierenden Investitionen «produktiver» als die Investitionen der besteuerten sind.
Das ist so klar, wie das «Amen» in der Kirche.
Steuern dienen aber auch der rationalen «Vermögensverteilung». Exzessive Vermögenskonzentration — das hat schon Marx eindrücklich dargelegt — ist langfristig kontraproduktiv, selbst für die Kapitalbesitzer, bzw. Entscheidträger.
Generelle Diskussion um die «Nützlichkeit» von Steuererhöhungen können hier kaum weiterhelfen.
Dass alllgemeine Infrastrukturinvestitionen, v.a. alle «natürlichen» Netzwerk-Monopole besser kollektiv finanziert werden sollten [soziale Marktwirtschaft] ist wohl heute unbestritten. Wer möchte schon ein duzend parallele Wasserversorgungen finanzieren, wenn eine Leitung der technischen Vorgabe optimaler Versorgung genügt.
Die ewig «Neoliberalen» sollten ihre Position überdenken.
Darf ich aus dieser wissenschaftlichen Erkenntnis schliessen, dass hohe Steuern das Wachstum nicht behindern oder allenfalls sogar fördern?
Von was für einem Wachstum sprechen wir?
Wenn unbedingt Wachstum müsste es ein qualitatives Wachstum sein.
Das schont die Resourcen und bringt noch viele weitere Vorteile.
Wir wissen wohl inzwischen, dass die bisherige Wachstums-Politik nicht ad Absurdum weitergeführt werden kann.
Es wäre wohl sinnvoller, eigenständig und selbstbestimmt zu handeln, als durch Ereignisse wie Kriege und andere Zerstörungen dazu gezwungen zu werden.
Auch im Sachverhalt «Steuern» gibt es eben auch einen abnehmenden «GRENZNUTZEN»,
Das sowohl bei Steuerminderungen, als auch bei Steuererhöhungen.
In der Pluralen Wirtschaftswissenschaft gibt es keine festen Grundsätze,
sondern in der jeweiligen GESAMTGESELLSCHAFTLICHEN sITUTION DAS «rICHTIGE ZU TUN,
für das Wohl von möglichst vielen.