Kampfflugzeuge

Kampfflugzeuge der amerikanischen Firma Boeing, des viertgrössten Rüstungsunternehmens weltweit. © MikeMareen / Depositphotos

Militärausgaben erreichen neuen Höchstwert

Heinrich Frei /  Fast 4000 Atomsprengköpfe sind in mindestens 5 Ländern einsatzbereit. Die Schweiz steht global an 15. Stelle der Rüstungsexporte.

Red. – Heinrich Frei, der Autor dieses Beitrags, ist Mitglied der «Gruppe für eine Schweiz ohne Armee» GSoA und setzt sich für eine nachhaltige Friedenspolitik ein. Er hat die Zahlen des Stockholmer Instituts für Internationale Friedensforschung für Infosperber zusammengefasst.
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Allein die USA gaben letztes Jahr 916 Milliarden US-Dollar fürs Militär aus, China schätzungsweise 296 Milliarden und Russland mutmasslich 109 Milliarden US-Dollar. Das geht aus dem aktuellen Jahrbuch des Stockholmer Instituts für Internationale Friedensforschung (Sipri) hervor. Zum Vergleich: Die weltweiten Rüstungsausgaben des einen Jahres 2023 sind 67-mal höher als die Beiträge, die das Welternährungsprogramm für den Zeitraum von 2021 bis 2024 erhielt.

Tabelle SIPRI Yearbook 2024 Militärausgaben weltweit
Militärausgaben im Jahr 2023 in verschiedenen Weltregionen. Linke Spalte: Schätzungen in Milliarden US-Dollar. Rechte Spalte: Veränderung in Prozent gegenüber 2022.

Sipri erforscht gewaltsame Konflikte, Sicherheit und Frieden. Zentraler Forschungsschwerpunkt ist die Datenerhebung zum globalen Waffenhandel, zu staatlichen Rüstungsausgaben sowie zu Abrüstungsfragen. Das Sipri Jahrbuch 2024 gibt einen Überblick über Entwicklungen im Bereich der internationalen Sicherheit, Waffen und Technologie, Militärausgaben, Rüstungsproduktion und -handel sowie über bewaffnete Konflikte und Konfliktmanagement.

Hinsichtlich der im Westen gefürchteten russischen Bedrohung ist festzustellen, dass im Jahr 2023 die Rüstungsausgaben der Nato mit 1341 Milliarden US-Dollar etwa zwölfmal höher waren als jene Russlands.

In nur einem Jahr 200 Milliarden Dollar mehr für das Militär

Die 55. Ausgabe des Jahrbuchs zeigt auch, wie stark die weltweiten Ausgaben für das Militär in den letzten Jahren zugenommen haben:

JahrAusgaben in US-Dollar
20051443 Milliarden
20212164 Milliarden
20222242 Milliarden
20232443 Milliarden
Militärausgaben weltweit, Quelle: Sipri Yearbook 2024

Grafik SIPRI Yearbook 2024 Militärausgaben nach Weltregion
Ausgaben fürs Militär von 2014 bis 2023 in verschiedenen Weltregionen, Angaben in Milliarden US-Dollar.

Weltweite Kriegsmaterialexporte von 2019 bis 2023

Zwischen 2019 und 2023 waren die USA der grösste Exporteur von Grosswaffen mit einem Anteil von 42 Prozent, gefolgt von Frankreich und Russland mit je 11 Prozent. Die Schweiz steht in dieser Liste mit einem Anteil von 0,5 Prozent an 15. Stelle.

Tabelle SIPRI Yearbook 2024 Grosswaffenexporteure weltweit
Die zehn grössten Exporteure (links) und Importeure (rechts) von Grosswaffen von 2019 bis 2023 (Anteile in Prozent).

Firmen und Länder, die Kriegsmaterial produzieren

Das Sipri hat zudem die 100 wichtigsten Rüstungs- und Militärdienstleistungsunternehmen der Welt dokumentiert (hier die ausführliche Liste). Die fünf grössten davon sind in den Vereinigten Staaten von Amerika beheimatet. Sie produzieren die ganze Palette von Waffen: Kampfjets, Panzern, Raketen, Drohnen, Helikoptern, konventionellen und nuklearen Bomben, Munition, Satelliten, Kriegsschiffe, Unterseebooten, Minen usw.

FirmaRüstungsumsätze im Jahr 2022 in US-Dollar
Lockheed Martin Corp.59,39 Milliarden
Raytheon Technologies39,57 Milliarden
Northrop Grumman Corp.32,3 Milliarden
Boeing29,3 Milliarden
General Dynamics Corp.*28,32 Milliarden
BAE-Systems, Grossbritannien26,9 Milliarden
Norinco, China22,06 Milliarden
Avio, China20,62 Milliarden
Casc, China19,56 Milliarden
Rostec, Russland16,81 Milliarden
CETC, China15,08 Milliarden
L3 Harris Technologies, USA12,63 Milliarden
 Leonardo, Italien12,45 Milliarden
Airbus Trans European12,09 Milliarden
Casic, China11,77 Milliarden
CSSC, China10,44 Milliarden
Thales, Frankreich9,42 Milliarden
HII, USA8,75 Milliarden
Leidos, USA8,68 Milliarden
Amentum, USA6,56 Milliarden
Rheinmetall, Deutschland4,55 Milliarden
*Diese Firma besitzt die Firma Mowag in der Schweiz.

Zwanzig Firmen, die Atomwaffen herstellen

Am Jahresanfang 2024 waren laut Sipri neun Staaten im Besitz von schätzungsweise 12’121 Nuklearwaffen. 9585 erachtete das Sipri als «potenziell einsatzbereit». Etwa 2100 Atomsprengköpfe – 100 mehr als im Jahr zuvor – seien in einem Zustand «hoher operativer Alarmbereitschaft» gewesen.

Tabelle SIPRI Yearbook 2024 Nuklearmächte
Nuklearmächte, Stand Januar 2024, Schätzung durch das Sipri. Linke Spalte: Anzahl der einsatzbereiten Sprengköpfe (auf Raketen montiert oder befinden sich an Stützpunkten). Mittlere Spalte: Einsatzbereite Sprengköpfe und solche, die gegebenenfalls eingesetzt werden könnten. Rechte Spalte: Alle Sprengköpfe, inklusive der ausgemusterten, die zur Demontage anstehen.

Israel halte an seiner langjährigen Politik der «nuklearen Uneindeutigkeit» fest, so dass «erhebliche Unsicherheit» über die Anzahl und die Eigenschaften seiner Nuklearwaffen bestehe, so das Sipri.

Immerhin hat die Zahl der verfügbaren nuklearen Sprengköpfe seit 2005 abgenommen von circa 16’000 auf rund 12’000 – allerdings würde bereits ein Bruchteil dieses Bombenarsenals genügen, um die Erde für Menschen unbewohnbar zu machen. Ein Atomkrieg könnte auch durch einen Unfall oder eine technische Panne ausgelöst werden. Selbst ein «begrenzter» Atomkrieg mit «nur» hundert explodierten Sprengköpfen würde zu einem nuklearen Winter führen, gefolgt von weltweiten Hungersnöten.

Grafik SIPRI Yearbook 2024 Atomwaffen weltweit
Bestandsaufnahme an Nuklearwaffen im Januar 2024 gemäss Sipri-Schätzung. Jeder Punkt symbolisiert zehn atomare Sprengköpfe. Rot: Einsatzbereite Sprengköpfe. Dunkelgrau: Lagerbestände, die nach gewisser Vorbereitung möglicherweise eingesetzt werden könnten. Hellgrau: Ausgemusterte Sprengköpfe.

Die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) dokumentierte 2018 die zwanzig Firmen, die Atomwaffen herstellen. Sie zeigt auch, dass Schweizer Banken in den letzten Jahren auch in ausländische Rüstungskonzerne investierten, die an der Atomwaffenproduktion beteiligt sind. Laut dem Kriegsmaterialgesetz ist die «direkte und indirekte Finanzierung» von verbotenem Kriegsmaterial nicht erlaubt. Verbotene Waffen sind in der Schweiz chemische und biologische Waffen, Atombomben, Streubomben und Antipersonen-Minen.

Dan Smith, der Direktor des Stockholmer Instituts für Internationale Friedensforschung, schrieb in seinem Jahresrückblick 2023: «Die Welt hat mit einer Vielzahl von Herausforderungen zu kämpfen, darunter mit über 50 bewaffneten Konflikten im Jahr 2023.» … «Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine nimmt kein Ende, und der israelisch-palästinensische Konflikt ist eskaliert.» … «Der Bürgerkrieg im Sudan führte zu tausenden Toten und Millionen Vertriebenen durch die Kämpfe.» … «Wenn wir die weltweite Lage des Jahres 2023 betrachten, werden wir mit einer Realität konfrontiert, die allzu viele von uns als entmutigend empfinden.»

Grafik SIPRI Yearbook 2024 bewaffnete Konflikte weltweit
Regionen, in denen 2023 grössere bewaffnete Konflikte stattfanden. Rot: Mit mehr als 10’000 Todesfällen. Grau: Schätzungsweise 1000 bis 9999 Todesfälle. Schraffiert: 25 bis 999 Todesfälle.

Abermilliarden für die Rüstung, aber zu wenig Geld für Hungernde

117 Millionen Menschen sind heute weltweit auf der Flucht, schätzt ein neuer Bericht der UNO. Viele dieser Frauen, Männer und Kinder mussten infolge von Kriegen fliehen. 68,3 Millionen gelten als Binnenflüchtlinge. Sie waren gezwungen, ihre Häuser und Gemeinden zu verlassen, befinden sich aber noch innerhalb der Grenzen ihres Herkunftslandes. Diese Zahl entspricht der gesamten Bevölkerung von Grossbritannien.

Die Flüchtlinge wären auf Hilfe angewiesen, die aber allzu oft ausfällt. Das Welternährungsprogramm verfügt über viel zu wenige Mittel, um die Erdenbürger zu versorgen, die durch den Hunger und durch Kriege betroffen sind.

Jährlich sterben weltweit etwa neun Millionen Menschen an Hunger

Nach einem jahrzehntelangen Rückgang und fünf Jahren relativer Stabilität seit 2014 ist der Anteil der unterernährten Menschen weltweit seit 2020 wieder gestiegen. So waren im Jahr 2022 laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) schätzungsweise 9,2 Prozent der Weltbevölkerung von Hunger betroffen. In absoluten Zahlen hungerten im Jahr 2022 zwischen 691 und 783 Millionen Menschen auf der Welt.

Dies betrifft nicht allein arme Länder in Afrika. Auch in den USA haben Menschen nicht genug zu essen: Laut dem «British Medical Journal» gaben 2022 dort 17,4 Prozent der Haushalte mit Kindern an, von Ernährungsunsicherheit betroffen zu sein – während die Regierung gleichzeitig Hunderte von Milliarden für die Rüstung ausgab.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Heinrich Frei ist Mitglied der «Gruppe für eine Schweiz ohne Armee» GSoA und setzt sich für eine nachhaltige Friedenspolitik ein.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Weiterführende Informationen

Zum Infosperber-Dossier:

Kalter_Krieg

Der Kalte Krieg bricht wieder aus

Die Grossmächte setzen bei ihrer Machtpolitik vermehrt wieder aufs Militär und gegenseitige Verleumdungen.

Dossier_Pistole_Hinterg

Die Waffenlobby in den USA

Eine übermächtige Waffenlobby sorgt für Aufrüstung der Bevölkerung und baut Feindbilder im Ausland auf.

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