Sperberauge
«Einzelfall» oder «gängige Praxis»
Ob Manipulationen von Wechselkursen, ob illegales Absprechen von Libor-Zinsen, oder ob Milliardenverluste wegen wilder Zockerei: Die obersten CEOs und Manager von Grossbanken waschen ihre Hände meistens in Unschuld mit der Behauptung, es habe sich um einen Einzelfall gehandelt und der kleine Missetäter werde bestraft und entlassen. Es gebe überall schwarze Schafe und die besten Kontrollen könnten böswillige Missbräuche nicht verhindern.
Mit solchen Argumenten versuchen die so einzigartigen, weil mulitmillionenteuren Konzernchefs eine reine Weste zu behalten. Die betroffenen Bankinstitute, aber nicht die Banker selber, wurden zu Bussen verurteilt, weil sie es an Kontrollen und Verhaltensvorschriften hätten mangeln lassen.
Ganz anders tönte es beim angeklagten 35-jährigen britischen «Star-Börsenhändler», der vor zehn Tagen im Gerichtssaal in London beweisen wollte, dass seine Manipulationen des Libor-Referenzzinsdatzes ganz und gar kein Einzelfall, sondern ein in der Bank ganz normaler Vorgang war.
Von 2006 bis 2009 war der Angeklagte bei der UBS in Tokio tätig, dann bis 2010 bei der Citigroup in London. Nach dem Auffliegen des Libor-Skandals entliess ihn die Bank – allerdings mit einer hohen Abfindung. Diese deutete bereits darauf hin, dass die Bank über seine Manipulationen schon länger Bescheid wusste und diese mindestens duldete.
Vor Gericht nun erklärte der Angeklagte, Versuche, den Liborzins zu manipulieren, seien gängige Praxis gewesen. Nicht nur bei der Citigroup, sondern auch bei der UBS seien die Libor-Zinssätze beeinflusst worden. Er habe nur seinen Job gemacht, wie er in der Branche üblich gewesen sei. Er habe nicht unehrenhaft gehandelt, erklärte er laut Reuters, sondern nur seinen Arbeitgeber zufrieden stellen wollen.
Eine Verurteilung könnte den 35-jährigen Briten für zehn Jahre hinter Gitter bringen.
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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine