Sperberauge
CS-Thiam kassierte seit 2010 total 100 Millionen
Dieser Beitrag erschien am 22. März auf «Inside Paradeplatz».
Tidjane Thiam, CEO der Credit Suisse, fuhr kürzlich um 9 Uhr im Porsche am Zürcher Bellevue vorbei, mit rotem Handy. Alles im Griff.
Die Realität ist eine andere. Die CS wies letztes Jahr einen Verlust von 2,7 Milliarden aus. Das sind 300 Millionen mehr, als man bisher gedacht hat. Im Jahr davor waren es unter Thiam 2,9 Milliarden Verlust. In zwei Jahren also total 5,6 Milliarden verloren.
Thiam wird für diesen Verlust reich belohnt. 2015 erhielt er von der CS rund 19 Millionen Franken. Im letzten Jahr waren es 11,9 Millionen. Die Zahl für 2016 hätte am 24. März um 7 Uhr auf der CS Homepage erscheinen sollen. Diese war aber eine halbe Stunde lang Out of Order.
Ausser Gefecht. So wie die CS, die unter Thiam zerbricht. Flickwerk, Restrukturierungsfall, Kosten, die im 2015 zunächst wucherten, dann im 2016 notfallmässig gekürzt wurden, was zu Massenentlassungen führt.
CS-CEO Tidjane Thiam hat gut lachen
Der CS-Chef schwebt über dem Getümmel. Insgesamt hat Thiam in den letzten sieben Jahren von seinen beiden Arbeitgebern, der englischen Prudential Versicherung und der CS, 100 Millionen Franken kassiert:
Thiams Kollegen in der obersten Führung kommen auch auf die Rechnung. Alle zusammen inklusive ihres Chefs erhielten im letzten Jahr 82 Millionen. Fast so viel wie die Spitze der UBS.
Im Vorjahr erhielt die ganze Geschäftsleitung deutlich weniger, nämlich 64 Millionen. Dabei waren es damals 17 Mitglieder, nun sind es nur 13. Pro Kopf also klar mehr Geld.
Und auch CS-Präsident Urs Rohner musste nicht darben. Bei ihm gab es viel, nämlich 4 Millionen, eine deutliche Steigerung gegenüber den 3,2 Millionen von 2015. Rohner lebt im Hier und Jetzt. Er bezieht den grössten Teil seiner Entschädigung, nämlich 3,2 Millionen, in Cash.
Die stolzen Bezüge sind mit Leistung nicht zu rechtfertigen. Doch das ist nicht das Problem der Begünstigten. Sie nehmen, was sie kriegen. Tidjane Thiam, der Ex-McKinsey-Berater, sagt sich, dass das Geld ihm zusteht. Er und seine Vorgesetzten im Verwaltungsrat der Credit Suisse finden seine Leistung überzeugend.
Wie geht das? Neben den Verlusten, die Thiam mit der Vergangenheit und den Märkten begründet, ist vor allem das Kapital entscheidend. Hat also Thiam beim Kapital der CS brilliert? Die Antwort ist ernüchternd.
Thiam hat auch nach bald zwei Jahren im Amt immer noch zu wenig Puffer. Die relative Quote zu den in der Bilanz schlummernden Risiken liegt bei 11,5 Prozent. Sie sollte über 13 Prozent betragen, wie Thiam selbst sagt. Die absolute Quote, wenn man also die ganze Bilanz der Credit Suisse berücksichtigt, ist noch viel tiefer. Da hat die CS nun das Niveau von 3,2 Prozent erreicht.
Auf 100 Franken Anlagen kommen bei der CS gerade mal 3 Franken 20 eigenes Geld. Gemäss Regulatoren sollten es 4 bis 5 Franken sein, gemäss Kritikern mindestens 10 Franken.
Thiam und das Kapital. Es gibt Aufschluss über die Leistung, die laut Thiam allein entscheidet, ob jemand im Banking viel oder wenig verdienen soll. Er verdient viel. Hat er in seinen 21 Monaten als CS-Chef die Kapitalfrage gelöst? Mitnichten. Die CS braucht erneut Kapital.
Eigentlich erstaunlich. Im Oktober 2015 war Thiam in seinem ersten grossen Auftritt hingestanden und hatte eine Kapitalerhöhung um sechs Milliarden verkündet. Weitere zwei bis vier Milliarden Franken würde ein Teil-Börsengang der CS Schweiz bringen.
Wenig später packte er die Altlasten an, strich den Goodwill aus den Büchern, sprich heisse Luft aus gekauften US-Investmenthäusern. Zusammen mit dem Herumreissen im US-Trading führte das zu grossen Verlusten. Genau dafür habe er das Kapital bei den Aktionären geholt, meinte Thiam.
Im September letztes Jahr sagte Thiam an einer Bloomberg-Konferenz, dass er kein neues Kapital mehr brauche, wenn alles mit rechten Dingen zu- und hergehe. «Under most foreseeable scenarios and circumstances we don’t need to raise capital but I cannot completely exclude that possibility», meinte Thiam. «I think we are at a comfortable level», fügte er an.
Das IPO, also der Börsengang der Schweiz, trieb Thiam weiter voran. An der Investorentagung im Dezember 2016 schrieb seine CS: «Im Hinblick auf die Vorbereitung des geplanten partiellen IPO der Credit Suisse (Schweiz) AG in der zweiten Jahreshälfte 2017 sind wir, entsprechende Marktbedingungen vorausgesetzt, auf gutem Kurs.»
Nichts deutete auf eine Planänderung hin. Dann kam der Januar, und plötzlich war alles anders. Ein grosser CS-Investor aus den USA setzte ein Fragezeichen hinter den Schweizer Börsengang.
Als hätte er nur darauf gewartet, ging Thiam bald ebenfalls auf Distanz zum eigenen Vorhaben, das er und sein Verwaltungsrat noch rund ein Jahr zuvor als Big Bang angekündigt hatten. Nun war das Swiss IPO nur noch eine von mehreren Optionen.
Anfang Woche dann hat Thiam zugegeben, dass er frisches Kapital benötigte. Die Zahl von drei Milliarden Kapitalzufuhr machte die Runde. Aber nicht mittels Börsengang der CS Schweiz, sondern durch eine Aktienplatzierung bei ausgewählten Investoren.
Anderthalb Jahre sprachen Thiam und die übrigen CS-Chefs vom IPO der Schweizer Einheit, liessen Hunderte von internen Leuten und externen Beratern den Plan umsetzen, verbrieten eine dreistellige Millionensumme. Und jetzt: Ausser Spesen nichts gewesen.
Dafür gibt es 12 Millionen für Thiam im 2016, 19 Millionen im 2015, total für ein Jahr und sechs Monate bei der CS 31 Millionen.
Holy cow.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine. Der Wirtschaftsjournalist Lukas Hässig betreibt die Webseite «Inside Paradeplatz».
Heute am Bahnhof: Der junge Mann lässt die Türe der S-Bahn nicht zugehen, weil er noch seine Zigarette zu Ende rauchen möchte, bevor er einsteigt.
Kann man es ihm verübeln? Ich glaube eher nein. Auch der junge Mann denkt wohl, es stünde ihm zu.
Diejenigen welche die sogenannte Knochenarbeit bei einer Grossfirma erledigen,- das untere und mittlere Kader, und ständig das oberste Kader briefen müssen, damit dieses entscheiden kann,- … müssen, wegen dem technologisch,- kulturellen Wandel sich ständig weiterbilden um die notwendigen Skills auf ihren spezifischen Fachgebiet à jour zu halten, damit sie ihre Stelle behalten können. Während die «CEOS der Welt» mit ein paar betriebswirtschafts Kenntnissen, ohne sich weiterzubilden, von einem Wirtschaftszweig zu anderen tanzen können, mit dem Argument die seien eben «Spitzenkönner». – Man muss sich bewusst sein, solche Grossfirmen haben eine enorme wirtschftliche finanzielle Trägheit, da können etliche Fehlentscheide getroffen werden und diese Entitäte funktionieren trotzdem weiter. Währendem bei einer KMU die geringsten Fehlentscheide zum Ruin führen können. Für was für eine Konklusion kommt man da? Antwort: All diese «CEOS» sind lediglich das Produkt von internationalem Neopotismus und sind somit jederzeit durch Normalverdiende ersetzbar. – Oder sind die überrissenen Saläre wohl Schweigegelder?.. Eine Aufgabe für die Wirtschaftshistoriker dies herauszufinden. Das Problem ist nur, dass diese Wirtschaftshistoriker, wenn sie zu tief forschen, die Gefahr laufen ihre Stelle zu verlieren. – Es ist höchste Zeit wir alle solche Fakten nicht mehr verdrängen!
Bin nicht der Meinung, dass der Kunde oder Konsument solche Probleme lösen kann oder soll, aber, hallo, dass diese Bank noch Kunden hat, wundert doch irgendwie schon. Fühlen sich die CS-Kunden nicht irgendwie betrogen? Seltsam. So aufwändig ist die Kündigung eines CS Kontos doch nicht.
Es sind ja nicht nur die CS-Kunden, die hier betrogen werden. Denn was passiert, sollte Thiam die CS noch ganz an die Wand fahren? Too big too jail …. äähhm… too fail… sorry, mein Fehler.
Am Ende bereichern sich ein paar Wenige auf Kosten aller Steuerzahler. Aber hey, mit uns kann man es ja machen. Und nicht, dass es keine Alternative gäbe, die Isländer haben es vorgemacht.
Zudem ist ja unser gesamtes FIAT-Geld-System ein Fass ohne Boden, aber das scheint im Moment noch die Allerwenigsten zu interessieren (oder wissen es tatsächlich nur so Wenige?).
Zu diesem Thema aufschlussreich: http://www.mathias-binswanger.ch/index.php/geld-aus-dem-nichts