Tausende verärgerte Kunden – für ein Promille mehr Umsatz
Seit Juni letzten Jahres sorgt die Matterhorn-Gotthard-Bahn (MGB) bei einigen ihrer Kunden und Kundinnen für Ärger. Sie verlangt nämlich von Leuten, die kein Billett haben, einen so genannten Servicezuschlag von 10 Franken.
30 Stationen ohne Schalter oder Automaten
Passagiere ohne Billett? Sind sie nicht selber schuld? Nein. Denn die MGB macht es ihren Kunden schwer, überhaupt ein Billett zu kaufen. 44 Stationen betreibt sie zwischen Zermatt VS und Göschenen UR beziehungsweise Disentis GR. Von diesen 44 Stationen sind nur gerade 14 mit einem Bahnschalter oder einem Billettautomaten ausgestattet. An den anderen 30 Stationen können Bahnkunden keine Billette kaufen.
10 Franken Zuschlag seit letztem Juni
Bis im letzten Frühsommer war das kein Problem. Wer in den Zug stieg, konnte beim Kondukteur zum normalen Preis ein Billett lösen. Seit dem 1. Juni ist es anders. Die MGB verkündete schönfärberisch: «Die MGB hält aufgrund ihrer touristischen Ausrichtung am Verkauf in den Zügen fest und verbindet diesen mit einem Zuschlag von 10 Franken.»
Ärger für Touristen
Der Zuschlag ist vor allem für Kinder und andere Leute, die kein Smartphone besitzen, ein Problem. Und er ist für Touristen, die sich mit den Gepflogenheiten bei der MGB nicht auskennen, eine Falle. Der Zuschlag ist zwar laut Bundesamt für Verkehr (BAV) zulässig. Andere Bahnen erheben aber keine Zuschläge, wie Infosperber vor einem Jahr berichtete.
Rechtfertigungen der MGB
Infosperber fragte die MGB nun: «Wie hoch waren 2024 die Einnahmen aus dem Servicezuschlag?»
Mediensprecher Christoph Andereggen beantwortete die Frage nicht. Stattdessen schickte er einen Auszug aus einem Interview, das MGB-Chef Fernando Lehner im letzten April dem «Walliser Boten» gegeben hatte. Zudem schrieb er, die Erträge seien klein, deshalb würden sie «nicht separat ausgewiesen».

Infosperber insistierte. Diesmal kam eine lange Rechtfertigung. Der Servicezuschlag sei keine Strafe, sondern ein Mittel, das Schwarzfahren zu unterbinden. Das BAV sowie die Kantone Graubünden, Uri und Wallis hätten von der MGB verlangt, dass sie Massnahmen gegen das Schwarzfahren treffe. Aber das hätte sich auch ohne Servicezuschlag lösen lassen.
Nach den Rechtfertigungen lieferte die Bahn dann doch noch Zahlen. Hochgerechnet auf ein Jahr nimmt sie aus dem Servicezuschlag 72’000 Franken ein. Das ist im Vergleich zum Ertrag aus dem Bahn-Personenverkehr von 63,2 Millionen Franken wenig – nur etwas mehr als ein Promille. Ob es sich für die MGB lohnt, dafür Tausende von Kunden zu verärgern?
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
«Ob es sich für die MGB lohnt, dafür Tausende von Kunden zu verärgern?»
Wer kann das belegen, dass Tausende von Kunden…???
Wir sind im Jahr 2025. Da geht sehr sehr vieles nur mit Handy. Das weiss jetzt auch meine Grossmutter 😉
Ein Billett VOR der Reise via Internet kaufen ist so wie so bequemer als vor einem Automaten anstehen.
600 pro Monat. Oder 7200 pro Jahr. Die Zahlen stammen von der MGB.
Auch wenn wir im Jahr 2025 sind – es gibt noch immer Leute die kein Smartphone besitzen: Kinder, Ältere. Es gibt Leute, die das Smartphone nicht zum Langlaufen oder zum Biken mitnehmen wollen. Und es gibt ausländische Touristen, welche die App nicht kennen.
Es muss ein Recht auf analoges Leben geben. Die Perspektive, dass ein Mensch mit einem technischen Gerät auf Gedeih und Verderb verbunden sein muss, ist entsetzlich.
Es muss dringend eine vertiefte, ethisch fundierte Debatte darüber geführt werden. Es geht hier übrigens nicht nur um die «abgehängten» Alten:
Wenn wir sehen, wie sich auch Kinder in dieser Technologie verlieren, soll die Gesellschaft so schnell wie möglich handeln und das ändern.
Die Handys sind ja zudem perfekte Überwachungsgeräte. Das Thema wird und bald um die Ohren fliegen.
«Wer kann das belegen, dass Tausende von Kunden…???»
72’000 geteilt durch 10 ergibt die magische Zahl von….???
Traurig, wenn «Grossmütter» das ersparte Geld erst in Handykauf, plus Abo natürlich, investieren müssen, um gemäss den heutigen Gepflogenheit, ordentlich reisen zu können bzw. zu dürfen.
Man hat es inzwischen gut verstanden, die Menschen an die Bezahlkette zu legen und sich Selbige nicht einmal mehr fragen, ob dies vielleicht auch anders ginge.