Kommentar
Sind Sie enttäuscht, Herr Ermotti?
Kassiert er 20 Millionen Franken? Oder sogar 28 Millionen? In den letzten Tagen hatten viele Medien gemutmasst, wie viel Lohn Sie für Ihre Arbeit im letzten Jahr wohl erhalten würden, Herr Ermotti. Nun wissen wir es: Es sind bloss 14,9 Millionen. Enttäuscht?
Eigentlich hätten Sie allen Grund dazu. Im Jahr davor hatten Sie nämlich fast gleich viel erhalten – 14,4 Millionen Franken. Für nur neun Monate Arbeit.
Wurmen dürften Sie die 14,9 Millionen aber vor allem aus einem anderen Grund. Und der hat einen Namen: Vas Narasimhan. Sie wissen natürlich, von wem ich spreche. Vom Novartis-Chef. Unter Firmen-Bossen kennt man sich ja. Dieser Narasimhan hat letztes Jahr sogar 19,2 Millionen kassiert. Und vergessen wir nicht seinen Vorgänger: Daniel Vasella. Der sackte seinerzeit 44 Millionen ein.
Handkehrum: Mit 14,9 Millionen lässt sich ja ganz gut leben. Rechnen wir doch kurz nach, damit unsere Leser und Leserinnen die Verhältnisse einigermassen ermessen können. Wir kennen zwar Ihren Arbeitsvertrag mit der UBS nicht. Aber wir können ja ein paar Annahmen treffen.
Gehen wir also mal davon aus, dass Sie in Ihrem Alter ein Anrecht auf sieben Wochen Ferien haben. Gehen wir weiter von einer 42-Stunden-Woche aus, wie sie bei Banken üblich ist. Dann kommen wir fürs Jahr 2024 – Schalttag nicht vergessen! – auf 217 Tage oder 1823 Stunden Arbeit.
Teilen wir also Ihren Jahreslohn durch die Anzahl Arbeitstage. Dann kommen wir auf 68’663 Franken pro Tag. Oder auf 8174 Franken pro Stunde. Zum Vergleich: Der Medianlohn in der Schweiz beträgt rund 7000 Franken. Das heisst: Die Hälfte der Angestellten verdient mehr als 7000 Franken, die andere Hälfte weniger. Oder anders gesagt: Sie verdienen pro Stunde mehr als ein Schweizer Angestellter in einem Monat. Chapeau!
Aber wir können auch versuchen, ein bisschen anschaulicher zu rechnen. Mit dem Geld, das Sie für einen Tag Arbeit erhalten, könnten Sie in der Migros zum Beispiel 29,85 Tonnen Ruchbrot kaufen. Gut, so viel hat natürlich keine Filiale vorrätig. Und so viel könnten Sie auch nicht essen. An einem Tag.
Sie könnten auch jeden Tag einen A-Klasse-Mercedes kaufen. Am Abend hätten Sie immer noch 20’000 Franken übrig. Aber in der Garage könnte es mit der Zeit vielleicht ein bisschen eng werden.
Eigentlich müssten Sie uns ja danken, Herr Ermotti. Wir Stimmberechtigten sind es, die Ihnen diesen Lohn ermöglichen. Erinnern Sie sich an den 24. November 2013? Damals schmetterten wir die 1:12-Initiative mit beinahe Zweidrittels-Mehrheit ab. Die Initianten verlangten, dass der höchste Lohn in einem Unternehmen höchstens zwölf Mal so hoch sein dürfe wie der niedrigste.
Hätten wir die Initiative seinerzeit angenommen, dann müssten Sie heute mit einem Lohn von deutlich weniger als einer Million auskommen. Das wäre bestimmt nicht einfach.
Aber auf uns ist ja Verlass – aufs Parlament und aufs Volk. Der Ständerat diskutiert zwar darüber, dass Bankangestellte künftig nicht mehr über fünf Millionen Franken pro Jahr erhalten sollen. Doch das wird nicht durchkommen. Das versichere ich Ihnen. Genauso wie ich Ihnen versichere, dass wir Steuerzahler dereinst die UBS wieder retten werden, falls sie nicht zu gross sein wird.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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