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Expertise des Rechtswissenschaftlers Andreas Stöckli © sgb/stöckli

Infosperber publiziert geheim gehaltene Analyse

Urs P. Gasche /  Eine Rechtsanalyse im Auftrag des Gewerkschaftsbundes zur Initiative «Pro Service Public» gefiel dem SGB nicht in allen Punkten.

In der Abstimmungs-Arena vom 20. Mai erwähnte Initiant Peter Salvisberg vom K-Tipp die unveröffentlichte «Studie» des SGB.

Peter Salvisberg forderte die Gewerkschaften auf, die von ihnen in Auftrag gegebene «Studie» zu veröffentlichen. Er bekam darauf keine Antwort.
Am Montag 23. Mai titelte der Blick «Weil die Resultate nicht passen: Gewerkschaften verheimlichen Service-public-Studie». Zwei Zitate aus der Studie wiesen darauf hin, dass der Rechtswissenschaftler die Kritik des SGB an der Initiative «Pro Service Public» in wichtigen Punkte nicht teilte.


Titel im «Blick» vom 23. Mai 2016
Gleichentags veröffentlichte der Gewerkschaftsbund ein Communiqué. Darin bestätigte der SGB, dass Rechtswissenschaftler Andreas Stöckli im Auftrag des SGB eine «Analyse» als «Grundlage für die gewerkschaftsinterne Diskussion über die Initiative» erstellt und diese als PowerPoint-Präsentation vorgetragen hatte.

Wörtlich im Communiqué: «Der SGB hat die Ergebnisse der Analyse keinesfalls verheimlicht.» Trotz dieser Aussage weigert sich der SGB, die 31-Seiten der PowerPoint-Analyse auf seiner Webseite zu veröffentlichen oder der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.
«Die Analyse hatte der internen Meinungsbildung gedient», begründete dies die geschäftsführende SGB-Sekretärin Dore Heim gegenüber Infosperber. Der SGB sei «nicht autorisiert», die Analyse zu verbreiten. Heim dementierte jedoch nicht, dass der SGB juristisch das Recht hätte, die Analyse freizugeben.
Öffentliches Interesse
Vor dem Hintergrund dieser Auseinandersetzungen überwiegt das öffentliche Interesse, die gut recherchierte, differenzierte Rechts-Analyse des Anwalts und heutigen Lehrbeauftragten an der Universität Basel, Andreas Stöckli, bekannt zu machen (Link zum PDF am Schluss dieses Artikels).
Im Wesentlichen kam Andreas Stöckli zum gleichen Schluss wie Infosperber in meinem Beitrag vom 3. Mai 2016: Der vorgeschlagene Verfassungsartikel legt einige Grundsätze fest und überlässt die Ausführungen – wie es für Verfassungsartikel normal ist – dem Gesetzgeber.
Stöckli widerspricht zwei Behauptungen der Gewerkschaften
Nach Lektüre der 31 PowerPoint-Seiten kann es nur einen Grund geben, weshalb der SGB diese Analyse nicht veröffentlichen will. Der beauftragte Rechtswissenschaftler kommt zu zwei Schlüssen, die dem Argumentarium der Gewerkschaften widersprechen:
1. Die Gewerkschaften behaupten, dass das Verbot, andere Verwaltungsbereiche zu subventionieren, «verheerend» wäre. Zum Beispiel dürften rentable Postdienste in den Städten defizitäre auf dem Land nicht mehr quersubventionieren.
Eine solche Auslegung des Verfassungsartikels hält Stöckli für ziemlich abstrus. Er kommt sogar zum gegenteiligen Schluss: «Quersubventionierung innerhalb der Unternehmen würde tendenziell zunehmen».
2. Die Gewerkschaften behaupten, bei Annahme der Initiative würden Privatisierungen drohen.
Stöckli kommt zu einem entgegengesetzten Schluss: «Verbot der Gewinnstrebigkeit wird eine Teilprivatisierung (Öffnung des Aktionariats für Private) unattraktiv machen.»


Aus der PowerPoint-Dokumentation des Rechtswissenschaftlers Andreas Stöckli.
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Siehe auch:
«Doris Leuthard: «Zu wenig Interessierte an 475’000-Franken-Jobs» vom 22. Mai 2016
«Service public: Unlautere Argumente des Bundesrats» vom 3. Mai 2016
«SKS zum Service public: Preiskontrolle statt Gewinnverbote» vom 17. Mai 2016


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

Tram_1_Basel

Was alles zum Service public gehört

Wo hören Privatisierungen auf? Was muss unter Kontrolle des Staates bleiben? Wo genügt strenge Regulierung?

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3 Meinungen

  • am 24.05.2016 um 18:30 Uhr
    Permalink

    Ich danke Ihnen für Ihre immer sehr sorgfältig recherchierten Artikel. Zum neuen Bericht betr. verheimlichte Resultate eines Rechtsgutachtens des SGB zur Volksinitiative „Pro Service Public“ haben mich in meinen Überlegungen bestärkt. Als die Initiative gestattet wurde und ich im Vorstand des Verkehrsclubs der Schweiz (VCS) war (Zentralkomitee) habe ich genau diese Haltung des Rechtsgelehrten vertreten und für die Initiative geworben. Vergebens. Schon damals wurde die Mär gestreut, die SBB und die Post könnten sich nicht mehr für unrentable Zweige „quersubventionieren“. Ich vertrat die identische Haltung, dass dies abstrus sei.
    Es war ganz einfach: Weil die Initiative nicht von der linken Ecke stammt, war sie schlecht, völlig unabhängig davon, was drin stand.

  • am 25.05.2016 um 08:51 Uhr
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    Quersubventionierung ist das was man unter Solidarität und sozialem Wirtschaften versteht.

    Verstehen könnte, aber das wurde uns im laufe der Jahre gründlich ausgetrieben. Die neoliberalen Anhänger wollen es immer noch stur besser wissen und wollen doch tatsächlich das alle Prozesse die in einer Gesellschaft existieren auf Gewinn und Verlust untersucht werden. Diese Wahnvorstellungen orientieren sich wie in einem binären Wertesystem an nur zwei Parametern. Profit oder Verlust. Für die Freizeit, die Arbeit, das Wohnen, das Lernen, das Verstehen… Was Allmenden als Antagonist zum erwähnten neoliberalen Wahn sein könnten begreifen nur mehr wenige.

    Warum aber soll man dieser Ideologie und deren Verkündern noch weiter völlig dumm und blind folgen? Das was bier getan wird ist u.a. der grösste Raubzug der Geschichte an der Gesellschaft und jedem einzelnen. Gedanken das es einen Lebenssaldo geben muss um auch den Prozess des Lebens unter diesen abartigen Vorstellungen geben muss.

    Einzig richtige Frage ist. Was muss getan werden um der Bevölkerung Wohlwollende, Wertschätzende nicht Profitorientierte Leistungen und Dienste durch den Staat zu geben.

    Was muss dafür getan werden um das zu erreichen. Heute hingegen wird die Frage gestellt wie derartige gemeinnützige Leistungen auf Profite getrimmt werden können und welche sich dazu am besten eigenen. So wie etwa Spitäler die stets volle Betten mit möglichst kranken Menschen haben um auf der schwarzen Seite von Bilanzen zu stehen.

  • am 30.05.2016 um 21:20 Uhr
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    Das eigenartige Verwirrspiel der Gewerkschaften ist mit ein Grund, dass die Arbeiter auf Distanz zu ihnen gehen.
    Funktionäre und Funktionärinnen wie in andern unterwanderten Organisationen auch, links wie rechts…

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