Sperberauge
Schweiz gehört zu den Kriegsgewinnlern – jetzt wie früher
Red. – Der Autor dieses Gastbeitrags war bei der Arbeitsgemeinschaft für Rüstungskontrolle (ARW) bis zur Auflösung dabei, ist Vorstandsmitglied des Schweizerischen Friedensrates und seit ihrer Gründung Mitglied der «Gruppe für eine Schweiz ohne Armee» GSoA.
Bundesrat Ignazio Cassis sprach im Sicherheitsrat der UNO vor wenigen Tagen den Vetomächten ins Gewissen, das sind die USA, Russland, China, Frankreich und Grossbritannien. Es ging um die Rechtsstaatlichkeit unter den Nationen. Cassis betonte, dass sich die Schweiz darauf freue, für Sicherheit und Frieden zu arbeiten.
Doch das ist nicht so klar. Die Kriegsmaterialausfuhren der Schweiz nahmen in den ersten neun Monaten 2022 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 50 Prozent zu, auf nunmehr 756 Millionen Franken. Nur in zwei der vergangen 30 Jahre exportierte die Schweiz mehr. Es ist also gut möglich, dass die Branche 2022 einen Exportrekord erreicht hat.
Auch in den letzten Jahrzehnten exportierte die Schweiz laufend Kriegsmaterial an Staaten, die Kriege führten. Nach dem Kriegsmaterialgesetz wäre das eigentlich verboten. Dennoch verkaufte die Schweizer Rüstungsindustrie Waffen an Nato-Staaten, die auf dem Balkan, in Afghanistan, im Irak, in Libyen usw. Krieg führten. Die Schweiz gehört mit ihren Waffenexporten und der Finanzierung von Rüstungskonzernen zu den Profiteuren all der Kriege – und wie im Zweiten Weltkrieg wieder zu den Kriegsgewinnlern.
Kriegsmaterial im Wert von über 20 Milliarden exportiert
Laut Zahlen von SIPRI, dem Stockholm International Peace Research Institute, hat die Schweiz von 1975 bis 2021 für circa 14,3 Milliarden US-Dollar Grosswaffen exportiert.
Nach der offiziellen Statistik des Bundes, gemäss dem SECO, exportierte die Schweiz von 1975 bis 2021 für 20,8 Milliarden Franken Kriegsmaterial. Verkauft wurden diese Rüstungsgüter zu einem grossen Teil an kriegführende Staaten, an Nato-Militärs, in Spannungsgebiete, an menschenrechtsverletzende Regimes und an arme Länder in der Dritten Welt, in denen Menschen hungern und verhungern. In diesen 20,8 Milliarden Franken sind die besonderen militärischen Güter nicht eingerechnet, die ebenfalls exportiert wurden, aber nicht in der offiziellen Statistik erscheinen. Als «besondere militärische Güter» werden unter anderem Produkte subsummiert, die für zivile, aber auch für militärische Zwecke eingesetzt werden könnten (hier die genaue Definition).
Auch die Finanzierung von Waffengeschäften durch Schweizer Banken erscheinen in diesen Zahlen nicht. Schweizer Geldinstitute, die Nationalbank, Banken, Versicherungen und Pensionskassen investierten in den letzten Jahren sogar in Firmen, die an der Atomwaffenproduktion, an der Herstellung von Anti-Personenminen und Clusterbomben beteiligt sind. Laut dem Kriegsmaterialgesetz ist die «direkte und indirekte Finanzierung» von verbotenem Kriegsmaterial schon heute klar untersagt. Verbotene Waffen sind in der Schweiz chemische und biologische Waffen, Atombomben, Streubomben und Antipersonen-Minen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Der Autor ist Mitglied der «Gruppe für eine Schweiz ohne Armee» GSoA und Vorstandsmitglied des Schweizerischen Friedensrates.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
«Homo homini lupus», auch in der Schweiz gibt es genügend Wölfe die Kreide gefressen haben. Die Kriegsmaterialexporte an die befreundeten Nationen des Westens werden neue Höchstwerte erreichen und das Schweizer Kriegsmaterial samt zum Grossteil in der Ukraine landen, so wollen es ja die USA, Deutschland und alle Vasallen der USA. – Dafür wird das Vakuum in Europa in Bezug auf die Selbstverteidigung immer grösser! Wie töricht kann der Westen und der Schweiz eigentlich sein? Vielleicht gelingt es ja Deutschland noch 12 einsatzbereite Kampfpanzer Leo zu finden…..
Ich habe wie üblich ein Problem mit den Formulierungen. Sie schreiben «Nach dem Kriegsmaterialgesetz wäre das eigentlich verboten» Ist dieser Satz nur gedacht, um die kriminellen Machenschaften zu vertuschen, denn nach dem Kriegsmaterialgesetz IST es verboten, Waffen und Munition in kriegsführende Länder zu exportieren. Bloss weil ein Staat die Gesetze bricht, ist die Gültigkeit der Gesetze nicht in Frage zu stellen. Es ist vielmehr der Staat respektive seine Repräsentanten in den Fokus zu stellen, als die Anwendung von Gesetzen. Sonst kann ich im Strassenverkehr auch den Rechtsvortritt missachten mit der Frage wäre der Rechtsvortritt vorgeschrieben?
Natürlich exportiert auch Schweiz Waffen, da der inländische Markt zu klein ist, um eine Produktion aufrecht zu erhalten und natürlich scheinen die genannten Beträge hoch. Aber diese Zahlen sagen nicht viel aus, wenn sie nicht mit denen des weltweiten Waffenhandels verglichen werden und da ist die Schweiz eine ganz kleine Nummer.
Paradoxerweise wird der Einfluss der schweizer Politik und Stimmbürger gerade mit dem Verkauf von Rüstungsbetrieben an ausländische Unternehmungen eingeschränkt. Betriebe welche vollumfänglich in andere Länder verlegt werden, unterstehen nicht mehr unseren Gesetzen. Zu wissen, das in der Schweiz entwickelte Waffentechnik an Orten zum Einsatz kommt, wo dies nicht sein dürfte, nur weil wir nicht mehr die Kontrolle haben, ist für mich weder beruhigend noch erwünscht.
Solange es Armeen und Ordungskräfte braucht, wird es auch Waffen und entsprechende Hersteller geben. Sich komplet in Ausländische Abhängigkeit zu begeben ist sicherheitspolitischer Irrsinn.