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US-Banken setzen auf kurzfristige Gewinne mit der Finanzierung fossiler Energieträger statt auf «gutes grünes Image». © alex150770/depositphotos.de

Net-Zero-Banking nach Trump: Die US-Finanzriesen steigen aus

Christof Leisinger /  Die US-Bankriesen treten aus der Net-Zero Banking Alliance aus. Denn Donald Trump hat nichts für diesen «Schwindel» übrig.

Net-Zero – also das Ziel, möglichst bald keine zusätzlichen CO₂-Emissionen mehr zu erzeugen, spielt auch in der Schweizer Bankenlandschaft eine beachtliche Rolle. Manche Finanzinstitute streben an, bis 2050 netto keine weiteren Treibhausgase mehr zu generieren.

Sie tun das, weil das vor allem auch in Europa gesellschaftlich so gewollt ist. Weil sie auf diese Weise ihr Image verbessern können, weil sie mit dem Klimawandel verbundene Risiken reduzieren wollen und weil sie sich von der Finanzierung des Übergangs zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft gute Geschäfte versprechen.

Wen wird also überraschen, dass die UBS, die ZKB, die Raiffeisen-Gruppe sowie die Berner und die Basellandschaftliche Kantonalbank in der Net-Zero Banking Alliance vertreten sind. Damit ist eine von den Vereinten Nationen ins Leben gerufene Initiative im Bereich nachhaltiger Finanzwirtschaft gemeint, welche das Erreichen der angeführten Ziele im Bankensektor organisatorisch fördern soll.

Verändertes politisches Umfeld: Die amerikanischen Bankenriesen springen ab

Diese Initiative war nach der Gründung im April 2021 zunächst deutlich gewachsen, vor allem aber im «klima-affin» bewegten Europa. In anderen Regionen der Welt dagegen ist der Zulauf weniger ausgeprägt. Die meisten Finanzinstitute aus den Schwellenländern sind bisher sogar ferngeblieben. Etwa die chinesischen und die indischen, obwohl die Umweltemissionen in diesen bevölkerungsreichen Ländern und damit in der Welt weiterhin deutlich zunehmen.

Und nun kommt das nächste Manko – seit Donald Trumps Wahl zum nächsten Präsidenten sind die wichtigsten amerikanischen Institute Goldman Sachs, Wells Fargo, Citigroup, Bank of America und Morgan Stanley kurz nacheinander aus diesem Club ausgetreten. JPMorgan Chase, die grösste von allen, scheint als nächstes an der Reihe zu sein. Damit sind die Finanzinstitute der wichtigsten Wirtschaftsnation der Welt kaum noch vertreten.

Beobachter machen das «veränderte politische Umfeld» dafür verantwortlich. Die US-Institute wollen sich gegen den zunehmenden politischen Druck abschirmen, der mit der Rückkehr von Donald Trump ins Weisse Haus einhergehen werde, heisst es von Seiten mit der Angelegenheit vertrauter Personen. Der künftige Präsident will genau das Gegenteil dessen, was sich die Net-Zero Banking Alliance auf die Fahnen schreibt und will die Förderung fossiler Energieträger voranbringen, um deren Preise zu senken.

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Die grossen amerikanischen Banken ziehen sich zurück. Hier gibt es eine grössere Auflösung der Grafik.

Der Republikaner hat den wissenschaftlichen Konsens zum menschengemachten Klimawandel wiederholt als «Schwindel» bezeichnet. So rechnet man an der Wall Street damit, dass die kommende Regierung in Washington zahlreiche Nachhaltigkeitsregulierungen schleifen wird. Sie reihe sich in eine «eng koordinierte Kampagne» ein, mit denen konservative Gruppierungen gemäss Einschätzung das Analysehauses S&P Global seit fast drei Jahren gegen alles vorgehen, was mit ESG (Environmental, Social und Governance), also mit Umwelt, Sozialem und vernünftiger Unternehmensführung zu tun hat. Pensionsfonds aus republikanischen Bundesstaaten ziehen Mittel von Vermögensverwaltern wie zum Beispiel Blackrock ab. Diese haben unter diesem Druck nachgegeben und fahren ihre ESG-Bemühungen ebenso zurück, wie es die Banken nun tun.

Skeptiker bezweifeln ohnehin, ob diese Allianz in der Praxis überhaupt etwas bewirke. Die Nachrichtenagentur Bloomberg zitiert die Wirtschaftsrechtsprofessorin Jill Fischer mit der Aussage, es handle sich ohnehin nur um eine marketingtechnische Alibiübung ohne praktische Relevanz für das Klima. Daten zeigen, dass die Banken das Finanzierungsvolumen in die fossile Energiewirtschaft seit der Gründung vor dreieinhalb Jahren gesteigert haben. JP Morgan und Morgan Stanley hätten sich von Anfang an gegen alle verbindlichen Vorgaben in Bezug auf entsprechende Finanzierungsprojekte gewehrt, woraufhin die Alliance ihre Kriterien verwässert habe.

Die US-Banken reden schön, tun in der Praxis das Gegenteil

Die Allianz wurde ins Leben gerufen, um die Finanzindustrie zu ermutigen, die längerfristigen direkten und indirekten Kosten der Förderung von Öl, Gas und Kohle zu berücksichtigen. Die amerikanischen Banken dagegen setzen künftig wohl weiterhin auf kurzfristige Gewinne, indem sie an den Geschäften mit den Konzernen im Bereich fossiler Energieträger festhalten.  Öffentlich erklären sie zwar, die Dekarbonisierung sei nach wie vor ein erstrebenswertes Ziel. In der Praxis tun sie aber genau das Gegenteil, obwohl die globalen Durchschnittstemperaturen ziemlich schnell steigen.

Tatsächlich ist der Blick auf die Entwicklung des globalen Energieverbrauchs ernüchternd. Wie er glasklar zeigt, tragen die Erneuerbaren bisher nur einen winzigen, wenn auch wachsenden Teil zur Deckung des Bedarfs bei. Dagegen nimmt der Konsum der fossilen Brennstoffe in den Entwicklungs- und Schwellenländern ungebremst zu. Das gilt vor allem auch für die Kohle, einen der «schmutzigsten» Energieträger überhaupt.

Der globale Kohleverbrauch sei im vergangenen Jahr weiter auf das vierte Allzeithoch in Folge gestiegen, schrieb die in Paris ansässige Internationale Energieagentur (IEA) in einem jüngst veröffentlichten Bericht. Sie widerlegte damit ihre eigene Prognose aus dem Vorjahr, welche einen Rückgang voraussah. Der Haupttreiber: die wachsende Elektrizitätsnachfrage in Ländern wie China und Indien. China ist für knapp zwei Drittel des weltweiten Kohleverbrauchs verantwortlich.


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3 Meinungen

  • am 14.01.2025 um 12:38 Uhr
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    Wie damals beim Bankgeheimnis: Die USA hat uns erpresst, die Medien und Linken haben Hurra gerufen, die Schweiz hat‘s abgeschafft – und heute stellen wir verwundert fest, dass die USA auf ihrem Gebiet die grössten Steueroasen der Welt betreibt ! Wann lernen wir ?

  • am 14.01.2025 um 18:27 Uhr
    Permalink

    Höchst interessante Erkenntnis im Artikel: «Die amerikanischen Banken dagegen setzen künftig wohl weiterhin auf kurzfristige Gewinne, indem sie an den Geschäften mit den Konzernen im Bereich fossiler Energieträger festhalten…Der globale Kohleverbrauch sei im vergangenen Jahr weiter auf das vierte Allzeithoch in Folge gestiegen, schrieb die in Paris ansässige Internationale Energieagentur (IEA)»
    Könnte wohl auch heissen, wenn man die Kernenergie massiv fördert, dann würden auch weniger fossile Energieträger die Umwelt und das Klima belasten und Net-Zero-Banking wäre ein grandioser Erfolg?
    Gunther Kropp, Basel

  • am 14.01.2025 um 18:38 Uhr
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    Ist es wirklich gesellschaftlich so gewollt wie im Artikel eingangs erwähnt oder lassen die finanzstarken den Gesellschaften einfach keine andere Wahl?
    Wurden sie am Ende gar wie green-gewaschen brain-gewaschen weil es einfach big business ist und sich damit, wie später im Artikel erwähnt sehr viel Geld verdienen lässt?
    Oder der Planet damit gerettet wird ist ausserdem noch gar nicht erwiesen (vgl Superreiche stossen in 90 Minuten gleich viel CO2 aus wie Normalos in ihrem ganzen Leben). Zumal es eher um die Rettung der Menschheit, statt des Planeten gehen sollte denn dieser existiert auch ohne uns. Und nach uns wird wohl etwas anderes kommen. Es braucht einfach kürzer oder länger. Ehrlicherweise sollte denn auch nicht von Umweltschutz, sondern von Menschenschutz gesprochen werden.

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