Migros holt Gekündigte zurück in die Büros
Wissen die Herren der Migros, was genau sie tun? Die Frage stellt sich angesichts eines Hüst und Hott rund um 150 Entlassungen bei der neuen Super-Tochter Supermarkt AG. Diese soll den torkelnden Grosskonzern mit fast 100’000 Mitarbeitern schnell wieder auf Kurs bringen. Jetzt zeigt sich, dass es dort drunter und drüber geht. Mehrere Migros-Angestellte, die in der Woche nach Pfingsten die Kündigung von ihren Bossen und den Personalverantwortlichen erhalten hatten und gehen konnten, sind bereits wieder an der Arbeit.
An der alten.
Sie wurden notfallmässig zurück ins Büro beordert, weil es für die täglichen Aufgaben im Hochhaus der Migros-Zentrale am Zürcher Limmatplatz an allen Ecken und Enden an Personal fehlt. «Die Entlassungen mussten aus betrieblichen Gründen und nicht wegen schlechter Leistungen ausgesprochen werden», sagt ein Migros-Sprecher auf Anfrage. «Entsprechend ist es naheliegend, bei Vakanzen auf vom Stellenabbau betroffene Kolleginnen und Kollegen zuzugehen.»
Die Kosten fallen nun doppelt an: jene aus dem grosszügigen Sozialplan plus jene für den bisherigen Job. Das geht ins Geld – dieses fehlt dem «orangen Riesen» zunehmend.
Die Genossenschaft Migros Zürich, die grösste der zehn im Land, könnte in Deutschland mit riskanten Firmendeals gegen eine Milliarde in den Sand setzen. Ein Waterloo der Extraklasse. Schon mit Depot, einem Deko-Verkäufer, verspielte die Migros im nördlichen Nachbarland 800 Millionen.
Der Sozialplan kostet eine Granate. «Mobilitätszentrum» lautet das Schlagwort, es sei «das zentrale Element des Sozialplans», steht dort. Die Migros würde damit die «Arbeitsmarktfähigkeit der betroffenen Mitarbeiter erhalten und fördern». Das «Mobilitätszentrum» würde den Gekündigten und vorzeitig Pensionierten «Unterstützung für ihre Stellensuche innerhalb und ausserhalb der Migros-Gruppe» leisten. Mit dem «Back to the Old Office» ist die Operation «Mobilität» bereits in «full swing».
Die Linke weiss beim Dutti-Konzern offenbar nicht mehr, was die Rechte tut. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die oberste Führung. Sie zerlegt, ohne dass die Truppe weiss, wohin die Reise geht.
Gutes Management beginnt im Kleinen. Bei der Migros ist das Gegenteil zu beobachten. Über Nacht und sogar übers Wochenende bleiben Grünpflanzen und die in Plastiksäcken abgepackte Erde für die vielen ambitionierten Hobby-Gärtner der Migros draussen. Unbeaufsichtigt. Wer fragt, wieso die Ware nicht weggeräumt wird, dem wird beschieden: zu teuer.
Überheblich geht die Welt zugrunde.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine. Der Autor ist Redaktor und Inhaber des Portals Inside Paradeplatz, auf dem dieser Beitrag zuerst erschien.
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Also ist McKinsey als «Retter» der Migros nicht gerade das Gelbe vom Ei.
Mir tut Migros leid und vor allem die Beschäftigten, wie man die durch seltsame Entscheide kaputt macht. Bleibt beim Kerngeschäft inklusive Migros Reisen, dann sollte es gehen.
1993 expandierte die Migros in das grenznahe Ausland nach Österreich, Frankreich, Deutschland, dann gab es noch die Migros Türk in der Türkei. Alle diese und noch mehr waren Verluste.
Vielleicht sollte man an Stelle von «to big to fail» einen neuen Slogan kreieren:
Nämlich «zu gross um zu überleben»… «Tante Emma-Läden statt Grossverteiler»… oder ev. hat jemand eine bessere Idee?