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«Das wird ein Fest!» – zumindest für jene, welche die Stelle nicht verloren haben. © zvg

Migros: Die einen stempeln, die andern feiern

Marco Diener /  Die Migros steckt in der Krise. Trotzdem veranstaltet sie nächstes Jahr eine Riesenfeier. Wie das wohl bei den Entlassenen ankommt?

Die Migros organisiert nächstes Jahr «das grösste Fest für Mitarbeitende, das die Schweiz je gesehen hat». Und zwar «mit den besten Bands, Comedians und einer grandiosen Jubiläumsshow».

In Mollis GL

So wurden die Angestellten kürzlich über das Jubiläumsfest zum 100-jährigen Bestehen der Migros informiert. Es wird unmittelbar nach dem Eidgenössischen Schwingfest am 1. und am 2. September auf dem Flugplatz in Mollis GL stattfinden. 40’000 Angestellte sind am Montag eingeladen, 40’000 am Dienstag. Für die Angestellten gilt das Fest als Arbeitszeit.

60 Millionen Franken

Die Migros lässt sich das einiges kosten. Zahlen nennt sie auf Anfrage von «Infosperber» nicht. Geht man davon aus, dass die Kosten 500 Franken pro Gast betragen, dann beläuft sich der finanzielle Aufwand allein für das Fest auf 40 Millionen Franken. Weil das Fest als bezahlte Arbeitszeit gilt, dürften nochmals 20 Millionen Franken an Löhnen hinzukommen.

Kaum Gewinn

Dass das Geld bei der Migros so locker sitzt, ist erstaunlich. Denn sie steckt in der grössten Krise ihrer Geschichte. Die Verantwortlichen behaupten zwar in der Einladung: «Heute ist die Migros auf dem besten Weg in eine erfolgreiche Zukunft.» Doch letztes Jahr schrieb sie bloss einen Gewinn von 175 Millionen Franken. Und dieser Gewinn kam nur dank der Migros-Bank zustande. Ohne die Migros-Bank hätte ein Verlust von 138 Millionen Franken resultiert.

Ausverkauf der Tochterfirmen

Zudem ist ein beispielloser Ausverkauf im Gang:

  • Die Hälfte der M-Electronics-Filialen hat die Migros an Media-Markt verkauft, der Rest wird geschlossen.
  • Auch von den SportX-Filialen hat die Migros die Hälfte verkauft – an die Dosenbach-Ochsner-Gruppe. Die Zukunft der restlichen Filialen ist ungewiss.
  • Den grössten Teil der Bike-World-Filialen hat Thömus übernommen. Der Rest geht zu.
  • Die Brillen- und Hörgeräte-Läden Misenso gingen an die Neuroth-Gruppe.
  • Die Migros-Klubschulen in Brig VS, Sursee LU, Thun BE und Lyss BE gehen zu.
  • Die Zahnkorrektur-Firma Bestsmile hat die Migros ins firmeneigene Zahnarztzentrum überführt.
  • Für die Baumärkte Do it + Garden sucht die Migros noch einen Käufer. Ebenso für den Reiseveranstalter Hotelplan, den Möbelhändler Micasa und für Mibelle, den Hersteller von Körperpflege-Produkten.
  • Noch offen ist die Zukunft der Obi-Baumärkte.

Grosser Stellenabbau

Im Rahmen dieses Ausverkaufs von Tochterfirmen kommt es auch zu einem grossen Stellenabbau. Anfang Jahr hat die Migros den Abbau von bis zu 1500 Vollzeitstellen angekündigt. Weil nicht alle Vollzeit arbeiten, dürften um die 2000 Angestellte betroffen sein. Wie viele es genau sein werden, ist noch unklar.

Klar ist aber: Wer am Stempeln ist, wird sich ein bisschen darüber wundern, wie viel Geld fürs Feiern da ist.


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2 Meinungen

  • am 1.11.2024 um 17:39 Uhr
    Permalink

    Na ja, die Entlassenen werde die Chefs kaum mehr kümmern. Deshalb hat man sie eben entlassen. Und die 100 Jahre Migros bleiben. Auch mit weniger Angestellten. Also muss gefeiert werden. Das sind die Sachzwänge eines Unternehmens. Profit, Profit. Der CEO wird schliesslich nicht daran gemessen, wie er gegen den Klimawandel kämpfte oder wie sozialverträglich er mit den Mitarbeitenden umgeht. Die Wirtschaft ist kein Wohlfühltempel oder nur solange als das Sich-Wohlfühlen der Arbeiterinnen den Gewinn steigert. Die Empathie der Kapitalisten eben.

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