Regen in der Sahara

Die Sahara ist einer der trockensten Orte der Erde, doch kürzlich liess Starkregen Seen in der Wüste entstehen. © Welt/Videoscreenshot

Zunehmender Wassermangel bedroht die globale Ernährung

Daniela Gschweng /  Mitteleuropa bemerkt noch wenig, woanders geht bereits das Wasser aus. Die Weltwasserkommission fordert dringend Gegenmassnahmen.

Anfang September geschah in der Nordsahara etwas Aussergewöhnliches: Es regnete. An einem Tag fiel so viel Regen wie sonst in einem Jahr. An der Grenze zwischen Marokko und Algerien, wo sich sonst kaum Wasser findet, bildeten sich Seen zwischen den Dünen. Spektakuläre Fotos gingen durch die Medien (hier als Video auf Youtube). Das letzte Mal, dass es so viel regnete, liegt 50 Jahre zurück.

Die Kehrseite: Mindestens 20 Menschen verloren ihr Leben. Starkregen gehören zu den bedrohlichsten Naturereignissen in der Wüste. Weltweit gab es wegen Überschwemmungen, Erdrutschen und Stürmen in den vergangenen Jahren tausende Tote. Genauso tödlich ist ihr Gegenteil: ausbleibender Regen. Wasser am falschen Ort zählt zu den grössten Bedrohungen für die Menschheit.

Keine Fata Morgana: Die Wasserverteilung gerät aus dem Gleichgewicht

Durch die Klimakrise kommt es immer häufiger zu solchen Extremen. In Mitteleuropa gibt es häufiger Überschwemmungen, während in Südeuropa schon vielerorts das Wasser fehlt. Die Hälfte der Weltbevölkerung leidet unter Wassermangel.

watercomission zunehmende Wüsten
Gebiete, in denen es immer trockener wird, (rot) nehmen weltweit zu.

Ohne Gegenmassnahmen stehe bis 2050 die Hälfte der globalen Lebensmittelproduktion auf dem Spiel, schätzt ein fast 200-seitiger Report der Weltwasserkommission (Global Commission on the Economics of Water), der sich mit den Veränderungen in der globalen Wasserverteilung beschäftigt.

4000 Liter am Tag für ein Leben in Würde

«Die Klimakrise manifestiert sich zuerst und vor allem in Dürren und Überschwemmungen», stellt die erste umfassende Studie über die weltweiten Wasserkreisläufe fest. Schon jetzt haben zwei Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser, 1000 Kinder sterben deshalb jeden Tag. Bis 2030 werde die Weltbevölkerung 40 Prozent mehr Süsswasser benötigen, als verfügbar ist, schätzen die Expert:innen.

Um in Würde leben zu können, benötige ein Mensch etwa 4000 Liter Wasser am Tag, davon 50 bis 100 Liter für Gesundheit und Hygiene, den Rest für alle anderen Güter. Diese Menge werde von Experten bisher weit unterschätzt. Da viele Länder so viel Wasser nicht aufbringen können, sind sie auf Importe angewiesen.  

«Grünes» und «blaues» Wasser

Im Vorteil sind Länder, die mehr «grünes» Wasser besitzen, also Wasser, das als Bodenfeuchtigkeit oder in Pflanzen gebunden ist. Wasser in Seen und Flüssen bezeichnet der Report als «blaues» Wasser.

Beides ist durch ein drittes Gefäss miteinander verbunden: dem Wasser in der Luft, das aus verdunstetem Wasser besteht. Die Hälfte der weltweiten Niederschläge über Land stammt aus der gesunden Vegetation in Ökosystemen.

Das Wasser am Himmel: Atmosphärische Flüsse

Das Luft-Wasser bewegt sich in sogenannten «atmosphärischen Flüssen». Das klingt abstrakt, ist aber altbekannt: Wolken bewegen sich mit dem Wind. Die Luft transportiert so Feuchtigkeit von einer Region zur anderen. 40 bis 60 Prozent aller Niederschläge stammen aus der Landnutzung benachbarter Gebiete. Einige Regionen profitieren mehr davon, andere weniger.

Auf der Website der Weltwasserkommission sind «grünes», «blaues» und «atmosphärisches» Wasser sowie die globalen Abhängigkeiten in interaktiver Form sehr gut anschaulich dargestellt.

Visualiz atmospheric rivers
Wasser bewegt sich durch die Luft: Visualisierung der globalen atmosphärischen Wasserstrassen durch die Weltwasserkomission.

Hauptnutzniesser der atmosphärischen Flusssysteme sind derzeit China und Russland. Die grössten Wasserexporteure sind Indien und Brasilien. Anders gesagt: Die chinesische Wirtschaft hängt vom Wassermanagement in Kasachstan, der Ukraine und den baltischen Staaten ab. Und Argentinien wiederum sei auf Brasilien angewiesen. So erklärt es der Klimawissenschaftler Johan Rockström, Leiter des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung und ein Mitglied der Wasserkommission.

Die Erderhitzung beeinflusst diese globalen Zusammenhänge allein durch die steigenden Temperaturen. Bei jedem zusätzlichen Grad Celsius nimmt die Luft 7 Prozent mehr Wasser auf. Wasser, das auch irgendwo wieder abregnet – im besten Fall über einem Wassermangelgebiet, im schlimmsten als tropischer Sturm.

Oder es fehlt an anderem Ort. Der Anteil der Klimakrise an Dürreereignissen steige, legte eine im Fachmagazin «Nature» veröffentlichte Studie unlängst nahe. Selbst der mächtige Amazonas-Fluss schrumpft. Bedenkt man, dass etwa 70 Prozent des globalen Süsswasserverbrauchs in die Landwirtschaft gehen, wird deutlich, welche Konsequenzen das für Länder wie Indien hat.

Bis 2050 könnten Wasser-Ereignisse 8 Prozent des Welt-BIP fressen

Das schadet auch der Wirtschaft. Versicherer beklagen zunehmende Klimaschäden, in Europa, beispielsweise in Deutschland, in den USA oder Kanada. Und das sind nur die Länder, in denen es (noch) jemanden gibt, der Unternehmen und Eigenheime versichert.

Schon in Kalifornien sind viele Immobilien nicht mehr versicherbar. Die Klimakrise treibt auch in anderen US-Staaten viele US-Amerikaner um. «Der Klimawandel kann auch Ihr Haus treffen. Ermitteln sie hier Ihr Risiko», titelte die «Washington Post» kürzlich in ihrem täglichen Newsletter.

Bis 2050 werden Wasserprobleme etwa 8 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) auffressen. Überproportional belastet seien dabei die ärmeren Länder, wo der Verlust bei 15 Prozent des BIP liege, zitiert der «Guardian» aus dem Report.

Die Kommission fordert ein Umdenken, bevor es zu spät ist. Die Welt befinde sich in einer Wasserkrise, die bisher nicht strukturiert angegangen werde. Das müsse sich dringend ändern. Die Wasserverteilung sei nicht nur global verschieden, sondern auch unkoordiniert und ungerecht.

Wasser als globales Gemeingut

Während Wasser für einige Menschen kaum bezahlbar sei, bezahlten andere fast nichts dafür, weil sie Subventionen erhielten oder auf andere Weise bevorteilt seien. Beispielsweise beim Recht, Wasser zu verschmutzen. Wasser müsse als globales Gemeingut anerkannt werden, um der Krise zu begegnen, bevor die Erderhitzung eine globale Wasser- und Nahrungskrise auslöse, fordert die Kommission.

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9 Meinungen

  • am 1.11.2024 um 11:28 Uhr
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    Solange Trinkwasser für Fleischerzeugung, für Schwimmmpools, für Tierfutter (Soja) etc. verschwendet wird, ändert sich nichts. Schweizer/Innen verbrauchen im Haushalt zum Trinken, Kochen, Waschen und Reinigen rund 170 Liter Wasser pro Tag und Kopf. In der Schweiz ergeben alles umfassende Berechnungen pro Kopf und Tag 4200 Liter Wasserverbrauch. Immerhin ist der Trinkwasserverbrauch in der Schweiz rückläufig. Er verringerte sich pro Tag und Person um 100 Liter.
    Nur ein geringer Teil dieses Wassers wird jedoch tatsächlich im Haushalt verwendet. Der grösste Anteil steckt in landwirtschaftlichen Gütern und anderen Produkten, die wir häufig aus dem Ausland importieren. 92 Prozent des globalen Wasserverbrauchs gehen auf das Konto der Landwirtschaft.
    Heute gibt es wegen Gas und Öl Kriege, morgen wegen Wasser.

  • am 1.11.2024 um 13:21 Uhr
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    Vormaliges Wasserschloss Schweiz: Quantität und Qualität (Pestizide, PFAS & Co.) «bachab»:
    Den Bauern fehlt der Regen, den E-Werken das Stauwasser. Wozu also Stauseen-Betonaufrüstung?
    Meine Vorschläge seit langem: Strassen-Rückbau. Chlorophyllfüllemaxima. Schrittzählerphilosophie. Mein «Gesundheitstourismus auch für Einheimische».
    Meine Realität vor dem Fenster: Neverending Laubbläser, Rasenmäher, Motorheckenscheren und Verkehrsoverkill: Lärm, Abgase-/Reifenabrieb-Chemiefeinstaub. (Plus Schicksalsabstimmung Autobahnen-Booster 24.11.24.)
    Blick (17.8.2022): Der Lac des Brenets im Jura ist komplett verschwunden
    Der Bund (18.8.2022): Rekordtiefe Wasserpegel in der Aare
    bluewin (13.8.2022): Steinwüste statt Naturpool: Fluss im Verzascatal versiegt komplett – in gerade mal 5 Tagen

  • am 1.11.2024 um 13:33 Uhr
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    Im Artikel vermisst man jeden Hinweis auf die Meerwasserentsalzung, mit der Süsswasser für die Menschen und die Landwirtschaft bereit gestellt werden kann. Dank solcher Anlagen stammt etwa 85 % des Trinkwassers in Israel aus der Meerwasserentsalzung. Dies hat das Land in eine der wenigen Regionen verwandelt, die mehr Frischwasser produziert als sie verbraucht.

    • am 2.11.2024 um 13:38 Uhr
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      Meerwasser: Radioaktivpartikel, Schwermetalle, Mikroplastik etc. Energieaufwand?

  • am 1.11.2024 um 19:07 Uhr
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    Wie viel Wasser braucht die Erzeugung von nur einen Kilogramm Rindfleisch? Antwort: 16.000 – 20.000 Liter.
    Welche Industrie liefert den höchsten Beitrag an klimaschädlichen Treibhausgasen? Antwort: Tierindustrie mit etwa 14 – 51 % je nach Studie.
    Warum kommen diese so unbequemen wie relevanten Tatsachen nicht im Artikel vor? Antwort: Gesundheitsschädliche Tierprodukte sind unangreifbar.

    • am 2.11.2024 um 09:55 Uhr
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      «Wie viel Wasser braucht die Erzeugung von nur einen Kilogramm Rindfleisch? Antwort: 16.000 – 20.000 Liter.»

      Diese Antwort ist Ideologie pur und zeigt bildhaft auf, wie bei solchen Studien der Weg das Ziel ist: Die Zahl der 16k bis 20k Liter pro Kilogramm Rindfleisch kommt zustande, indem das Meteorwasser, das in der Weide versickert oder darüber abfliesst, mitgezählt wird.

      An die Autorin:
      «Die chinesische Wirtschaft hängt vom Wassermanagement in Kasachstan, der Ukraine und den baltischen Staaten ab.»

      Dieser Satz macht absolut keinen Sinn, weder geographisch noch vom Volumen her.

  • am 2.11.2024 um 09:45 Uhr
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    Also, wenn das Klima wärmer wird u Eis schmilzt, dann hat es doch mehr Wasser in der Atmosphäre logischerweise. Somit ist das ganze eigentlich ein lösbares Problem. Denn das vorhandene Wasser muss einfach gereinigt und oder entsalzen werden. Da gibts technische Lösungen die nicht so schwer sind. Die Frage ist heruntergebrochen und etwas polemisch formuliert simpel, wollen wor Gelder in solche Anlagen stecken, oder wollen wir weiter sinnlos viele Waffen produzieren und verkaufen..

  • am 2.11.2024 um 10:12 Uhr
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    Der «privat-wirtschaftliche Aspekt» : Grosskonzerne kaufen Wasserrechte von staatlichen Behörden in 3. Weltländer und können damit Grundwasser abpumpen. Für Wasserrechte zahlt z.B. Nestlè gerade mal 3,71 US-Dollar für eine Million Liter Wasser. Ein Liter Wasser kostet um die 60 Rappen = enormen Gewinn.Der Jahresumsatz Trinkwasser bei Nestlé liegt bei 10 Milliarden. Weltweit sicherten sich Unternehmen schon sehr viele Wasserrecht. Der Tag wird kommen, wo grosse Bevölkerungskreise sehr abhängig werden. Obwohl wir auf einem blauen Wasserplaneten leben wird Wasser zunehmend von Multi’s als Ware teuer angeboten. Die Bevölkerung hat keinen Einfluss auf Verkaufspreise. Die Ausbeutung der Multi’s nimmt keine Rücksicht und hinterlässt ausgetrocknete Flüsse und Seen. An vielen Orten sinkt der Grundwasserspiegel.
    Katastrophale Entwicklungen.

  • am 2.11.2024 um 14:22 Uhr
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    Ich bin froh lebe ich in der Schweiz. Da kann ich ab jedem Wasserhahn trinken und habe erst noch genügend um in Würde zu leben. Wenn wir was ändern sollten dann sollte der Import von Gütern aus Ländern in denen nicht genügend Trinkwasser vorhanden ist unterbinden. Ob die Fleischindustrie bei uns 16`000 oder bis zu 20`000 Liter Wasser benötigt für ein KG Fleisch ist irrelevant da wir hier genug haben. Aber wenn wir Rindfleisch aus Argentinien Importieren dann müssen wir das schon hinterfragen ob es gerechtfertigt ist wenn wir uns mit dem Wasser der dortigen Bevölkerung ernähren. Gleiches gilt auch beim Import von Flaschen-Wasser z.B. aus Italien. Das brauchen wir nicht. Die Italiener würden es besser in Italien behalten und z.B. Sardinien mit Wasser versorgen als uns.

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