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Die landwirtschaftliche Beraterin Jacqueline Najjengo in einem Gemeinschaftsgarten im Bezirk Mpigi, Uganda. © cc-by Ribi Image Library

Uganda: Bio-Landwirtschaft stabilisiert die Versorgung

Daniela Gschweng /  Seit 2019 sind Öko-Anbaumethoden nationale Strategie in Uganda. Auch, um unabhängiger von Pestiziden und Importdünger zu werden.

Uganda ist noch immer auf dem Weg in die Demokratie. Seit 1986 regiert Dauerpräsident Yoweri Kaguta Museveni. Die Wahlen sind weder frei noch fair. Homosexualität ist strafbar.

Andererseits ist das zwischen der Demokratischen Republik Kongo, dem Südsudan, Ruanda, Tansania und Kenia gelegene Land ein Hort der Stabilität in der Region.

Trotz hohem Bevölkerungswachstums wächst das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf relativ stetig (Destatis). Die Inflation ist moderat. Uganda geht dazu sehr gastfreundlich mit Geflüchteten aus Nachbarstaaten um, obwohl das Land zu den ärmsten der Welt gehört.

Bis 2025 soll die Landwirtschaft zur Hälfte bio sein

Und Uganda hat viel vor: 2023 wurden 24 Prozent des BIP durch landwirtschaftliche Produkte erwirtschaftet. Bis 2025 soll die ökologische Landwirtschaft im Land die Hälfte davon ausmachen, hat die Regierung Ugandas 2019 beschlossen. Dazu muss die landwirtschaftliche Produktivität gegenüber 2019 deutlich steigen.

Ein ehrgeiziges und mutiges Vorhaben. Zwei Drittel der Bevölkerung Ugandas leben von Landwirtschaft und Fischerei. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) machte die Anbaufläche für den ökologischen Landbau 2021 rund 1,8 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche aus.

Das hat eine Übersichtsstudie der Universität Wageningen in den Niederlanden zusammengetragen, die sich mit dem Öko-Potenzial Ugandas beschäftigt hat. Da ist also noch einiges zu tun. Uganda könnte damit beweisen, dass eine stabile, nachhaltige Ernährung der Bevölkerung nicht nur mit industriell geprägter Landwirtschaft zu machen ist.

Die historischen und strukturellen Voraussetzungen sind günstig. Chemische Hilfsmittel aus dem Ausland wie Dünger und Pestizide waren aus politischen Gründen in Uganda lange nicht erwünscht. Das ist den Produzent:innen im Gedächtnis geblieben. In Uganda herrscht ein mildes Klima, die Böden sind fruchtbar, die Landwirtschaft kleinteilig. Die meisten Bauern und Bäuerinnen produzieren für den eigenen Bedarf.

Monsanto gab nach drei Jahren auf

Die Lebensmittelversorgung in Uganda ist nur teilweise gesichert. Im Norden des Landes droht ständig Nahrungsmittelknappheit. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Lage aber verbessert, trotz vieler Geflüchteter und hohem Bevölkerungswachstum. Die landwirtschaftliche Produktivität zu fördern, ist eines der wichtigsten politischen Ziele des Landes.

Ein Umschwung auf grossangelegte industrielle Landwirtschaft fand in Uganda zwar statt, kam aber nicht weit. Ugandas Präsident lehnte ein Gesetz zur Einführung von genetisch modifizierten Saaten 2021 zum zweiten Mal ab. Monsanto schloss in Folge sein 2018 eröffnetes Büro in der Hauptstadt Kampala, fasst die Zeitschrift «Welt-Sichten» zusammen.

In Uganda gebe es etwa 400’000 zertifizierte Bäuerinnen und Bauern. Mehr seien es nur in Indien, betonten das Landwirtschaftsministerium und die Nationale Bewegung für ökologische Landwirtschaft in Uganda (NOGAMU) im Januar bei einem Pressetermin. 2024 könnte die Produktion von Bio-Produkten um 40 Prozent steigen, prognostizierte NOGAMU an anderer Stelle.

Die wissenschaftliche Auswertung klingt weniger optimistisch: Zertifizierte ökologische Produkte stellten grösstenteils eine Nische für Ugandas Export dar, schliessen die Forschenden die Universität Wageningen. Im Land gebe es aber zunehmend Bio-Produkte zu kaufen.

Derzeit nehme der Einsatz von Pestiziden eher zu. Vor allem Tomaten seien damit belastet, fanden die Forschenden durch Tests heraus. Gleichzeitig werde nur wenig Dünger ausgebracht, was auf Dauer die Fruchtbarkeit des Bodens erschöpfe. Es fehle an Information für die Produzent:innen, an Regulierung und Kontrollen. Es gibt also noch einiges zu tun.

Bisher gut durch die Auswirkungen des Ukrainekriegs gekommen

Bisher sei Uganda mit seiner Öko-Direktive und ohne Chemie und Gentechnik gut gefahren, berichtet die Reporterin Simone Schlindwein. Einheimischer organischer Dünger aus Kompost, Mist und Fäkalien etwa habe sich als sehr viel günstiger erwiesen als Düngemittel aus Russland, die sich durch den Krieg in der Ukraine extrem verteuerten.

Die Weizenknappheit, die in ganz Afrika die Angst vor einer Hungerkatastrophe auslöste, überstand Uganda demnach glimpflich. «Esst Kassava [Maniok], statt Brot», riet der Präsident Yoveri Museveni seinem Volk. Es scheint geholfen zu haben. Die befürchtete Hungersnot blieb aus.

Von der Strafarbeit zum nationalen Bildungsprogramm

Dass Uganda die Umstellung auf eine pestizid- und gentechnik-freie Landwirtschaft fördert, ist vor allem der Verdienst von Edward Mukiibi, dem Präsidenten der internationalen Slow-Food-Bewegung. Mukiibi sorgt auch dafür, die Fortschritte des Landes im ökologischen Ackerbau international bekannt zu machen.

Angefangen habe sein Engagement als Schüler einer ugandischen Schule, das erzählt der Bauernsohn bei fast jedem Interview. Weil er häufig zu spät gekommen sei, sei er oft zur Gartenarbeit im Schulgarten verdonnert worden.

Aus der Strafarbeit von früher ist heute ein nationales Programm geworden, aus dem ehemaligen Schüler einer der bekanntesten Agronomen Afrikas. Schulen und Internate im ganzen Land fördern biologische Landwirtschaft durch Schulgärten. Schülerinnen und Schüler lernen dort, Dünger herzustellen und nachhaltig zu wirtschaften. Ihr Wissen tragen sie nach Hause. Das ist wichtig und effektiv – die Hälfte von Ugandas Einwohnern ist jünger als 16 Jahre.

Regionale Küche und internationales Vorbild

Slow-Food fördert nicht nur in Uganda traditionelle Anbaumethoden. Die Organisation hat in ganz Afrika eine Art Gartenbewegung initiiert, die Gemeinschafts- und Lerngärten fördert und unterhält. In Uganda werden dabei zum Beispiel mehrere Sorten Obst und Gemüse neben- und untereinander angebaut. Das hält Wasser im Boden, schont die Umwelt, unterstützt die Sortenvielfalt und macht die Wirtschaft widerstandsfähiger gegen den Klimawandel, berichtet die Journalistin, die einen «Food Garden» besucht hat.  

Slow Food bemüht sich nicht zuletzt, die lokale Küche zu unterstützen, die auf regionalen Lebensmitteln basiert und viel günstiger ist als Chicken Wings und Pasta. Die Bewegung kooperiert mit Schulkantinen, Restaurants und Köchen. Das ist nicht nur für die Wirtschaft gut. In Uganda nehmen auch Übergewicht und Diabetes zu, vor allem in der Oberschicht – wie fast überall, wo sich der «westliche» Lebensstil und seine Gerichte als vermeintlich besser durchsetzen.

Vorbild für andere Länder

Uganda ist nicht das erste und einzige Land, das die Agrarwende vorantreibt. Eine Bio-Direktive gibt es zum Beispiel seit 2016 im indischen Kleinstaat Sikkim (Infosperber berichtete). Wenn das afrikanische Land seine Vision verwirklichen kann, kann es ein Vorbild für andere sein, die nach einem Weg zu einer autonomeren, stabilen und umweltfreundlichen Landwirtschaft suchen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

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Zum Infosperber-Dossier:

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«Fair Trade» und «Bio»

Viele zahlen für fairen Handel und für echte Bio-Produkte gerne mehr. Das öffnet Türen für Missbrauch.

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3 Meinungen

  • am 19.09.2024 um 11:33 Uhr
    Permalink

    Das wird den USA /Agrar-Gift-Lobby nicht passen.
    Hoffentlich geschieht Uganda nichts.

  • am 20.09.2024 um 09:36 Uhr
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    Ein kleiner Hoffnungsschimmer in einer von Agrar- und Nahrungsmittel Multis dominierten Welt – Merci Infosperber.
    Allerdings, Zitat: «Zertifizierte ökologische Produkte stellten grösstenteils eine Nische für Ugandas Export dar». Die Zertifizierung so genannter Bioprodukte sehe ich eher kritisch. Sie macht hier vielleicht für den Export Sinn. Landesintern verursacht sie zusätzliche Kosten ohne einen signifikanten Nutzen für die Ernährung der Menschen. Den Aufwand sollte man sinnvoller in die Förderung der lokalen Landwirtschaft investieren.

  • am 20.09.2024 um 11:44 Uhr
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    Vielen Dank für den teilweise ermutigenden Artikel. Eigentlich müsste Biolandbau in Afrika besonders gut funktionieren, da im Gegensatz zu uns mehr junge Leute verfügbar sind, um den grösseren Anteil von Handarbeit zu verrichten, und vermutlich weniger Geld für teure Maschinen und chemische Produkte.

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