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Für eine «Nachhaltige Landwirtschaft»: Die Monsanto-Werbung klingt gut. © -

Monsanto und die Terminator-Technologie

Kurt Marti /  Falls der Monsanto-Konzern einen laufenden Prozess vor der US-Justiz verliert, schlägt die Stunde der Terminator-Technologie.

Die Klage des Gentech-Riesen Monsanto gegen den 75-jährigen Sojafarmer Vernon Hugh Bowman aus Indiana könnte zu einem folgenschweren Urteil führen, wie die neuste Ausgabe des Wissenschafts-Magazins Nature berichtet (siehe Link unten). Bowman hatte acht Jahre lang herbizidresistente Gentech-Soja von Monsanto gekauft und die Keimlinge immer wieder für die nächste Aussaat verwendet, statt jedes Jahr frisches Saatgut von Monsanto zu kaufen. Laut Monsanto hat Bowman damit das Patentrecht verletzt. Deshalb reichte der Konzern im Jahr 2007 Klage gegen den Sojafarmer ein.

Profite der Gentech-Konzerne würden rapid sinken

Seither hat der Fall sämtliche Rechtsinstanzen bis zum Supreme Court – dem obersten Gerichtshof der USA – durchlaufen, vor dem der Patentrechtsstreit nun verhandelt wird. Die unteren Gerichtsinstanzen haben immer zugunsten von Monsanto entschieden. Deshalb sind viele Beobachter jetzt erstaunt, dass der Fall vor dem obersten Gerichtshof überhaupt Gehör gefunden hat.

Laut Nature ist der Fall zu «einer Herausforderung» für die bisherige Geschäftsidee der Gentech-Konzerne geworden. Tatsächlich würden die Profite der Gentech-Konzerne rapid sinken, wenn die Landwirte nicht mehr gezwungen wären, jedes Jahr neues Saatgut zu kaufen. Hans Sauer, ein Biotech-Lobbyist in Washington DC, drückte gegenüber Nature die Befürchtung der Gentech-Konzerne wie folgt aus: «Man würde die erste Saat verkaufen, dann wäre Schluss.»

Terminator-Technologie wird längst erforscht

Um dieser Gefahr vorzubeugen, arbeiten laut Nature die Biotech-Unternehmen längst an «Gene Use Restriction Technology» (GURT) – übersetzt «Gennutzung-Restriktionstechnolo-gien» – oder «Terminator-Technologien», wie sie von den Gentech-Kritikern genannt werden. Mit den Terminator-Technologien werden die Soja-Pflanzen genetisch so modifiziert, dass deren Samen nicht mehr keimfähig sind. Den Pflanzen wird dazu ein Programm eingebaut, das den Embryo im ausgereiften Korn abtötet oder stark schädigt. Das Saatgut bringt eine einzige Generation von Erntepflanzen hervor, die jedoch nicht mehr im Stande sind, Nachkommen zu bilden.

Die Terminator-Technologie befindet sich allerdings noch im Entwicklungsstadium. Das Terminator-Saatgut wurde bisher noch nicht zugelassen. Im Jahr 2000 haben die Vertragsstaaten der UN-Konvention über die biologische Vielfalt ein Moratorium für die kommerzielle Nutzung gentechnisch sterilisierter Pflanzen beschlossen.

Monsanto musste 1999 zurückkrebsen

«Wäre ich bei Monsanto angestellt und würde realisieren, dass Patente meine Sojaprodukte nicht mehr schützen, würde ich über eine Art technologischer Sicherung nachdenken», erklärt Christopher Holman, ein Schutzrechte-Experte an der Juristischen Fakultät der University of Missouri in Kansas City, gegenüber Nature. Der Monsanto-Konzern hingegen hält auf seiner Homepage fest, dass er bis jetzt «kein Produkt mit Samensterilität entwickelt oder auf den Markt gebracht» habe (siehe Link unten). Man habe sich 1999 verpflichtet, «die Samensterilität nicht bei Pflanzen einzuführen, die der Nahrungsmittelerzeugung dienen».

Was die Monsanto-Verlautbarung nicht erwähnt: Der Gentech-Konzern hat sich 1999 keineswegs freiwillig von der Terminator-Technologie distanziert. Als der Konzern damals ein Patent für eine transgene Pflanze mit sterilen Samen einreichen wollte, rollte eine Welle der Empörung über ihn hinweg. Darauf ist Monsanto zurückgekrebst. Falls aber Monsanto vor dem Supreme Court eine Niederlage gegen den Sojafarmer Bowman einfährt, wird die Terminator-Technologie zweifellos wieder in den Vordergrund rücken. Monsanto ist dafür bestens gerüstet. 2007 schluckte der Konzern die Firma Delta & Pine Land, welche unter anderem an der Terminator-Technologie forscht.

Umweltinstitut München: «Bauernfängerei»

Laut Nature beginnt die Terminator-Technologie auch das Interesse der Umweltschützer zu wecken, denn durch das Absterben der Samen könnten die gentechfreien Felder vor Verunreinigung geschützt werden. Das gentechkritische Umweltinstitut München hingegen bezeichnet eine solche Argumentation als «Bauernfängerei» (siehe Link unten). Damit diene ein «hausgemachtes Problem» der Gentechnik-Industrie als «Vorwand, Terminator-Saatgut als die Lösung eben dieses Problems zu bewerben.» Zudem biete das Terminator-Saatgut «keinen Schutz vor der Auskreuzung genmanipulierter Pflanzen», weil der genetische Mechanismus dieser Technologie «extrem störanfällig» sei.

Angriff auf das Menschenrecht auf Nahrung

Für das Umweltinstitut München wäre der Einsatz der Terminator-Technologie ein Angriff auf die Grundrechte der Bäuerinnen und Bauern, denen durch das Terminator-Saatgut die Möglichkeit genommen werde, einen Teil der Ernte im Folgejahr erneut als Saatgut zu verwenden. Der Angriff auf diese Bauernrechte setze die «Ernährungssicherheit der Menschen, deren Kultur sowie traditionelle Sorten aufs Spiel. Sterilisiertes Saatgut ist ein Angriff auf das Menschenrecht auf Nahrung und die Würde der Natur».


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

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