HuehnerFRONT

Tierfreundliche Hühnerzucht: Hähne liefern Fleisch, Hennen produzieren Eier © Dudda

Eier und Fleisch vom Kombihuhn

Eveline Dudda /  Ein ethisch korrekt produziertes Ei müsste eigentlich einen Franken kosten. Sind Konsumenten bereit, das zu zahlen? Coop testet es.

Die modernen Legehennen sind auf Hochleistung getrimmt. Bis zum Ersten Weltkrieg schätzte man sich glücklich, wenn ein Huhn mehr als 120 Eier im Jahr legte. Heute gilt eine Legeleistung von 300 Eiern als normal, 330 Eier als machbar. Die Hühnerhalter wurden davon nicht reicher, sondern die Eier in Relation immer billiger. Ein Arbeiter kann heute mit einem einzigen Monatslohn bis zu 10’000 Eier kaufen, vor 50 Jahren hätte er nur 2’000 Eier bezahlen können. Doch der Zuchterfolg hat eine Schattenseite: Männliche Küken sind für die Eierindustrie nutzlos. Auch für die Pouletmast sind sie nicht geeignet, weil sie zu wenig Fleisch ansetzen. Deshalb werden sie gleich nach dem Schlüpfen aussortiert und vergast. In der Schweiz landen so jedes Jahr zwei Millionen männliche Küken im Abfall. Zu Recht prangern Tierschützer dieses Vorgehen immer wieder als unethisch an.
Auf der Suche nach dem Kombihuhn
Das Dilemma ist genetisch bedingt: So wie ein Top-Sprinter nicht zugleich ein super Gewichtheber sein kann, kann man eine Hühnerrasse entweder auf hohe Fleisch- oder auf hohe Legeleistung trimmen. Gefragt wäre jedoch ein «Zweinutzungshuhn», also eine Rasse, bei der die Hennen viele Eier legen und die Hähne trotzdem ordentlich Fleisch ansetzen. Bereits vor einigen Jahren haben KAG Freiland, das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) und die Stiftung zur Förderung der schweizerischen Geflügelproduktion und -haltung Aviforum nach einer solchen Rasse gesucht. Sie fanden sie zwar – wurden damit aber nicht wirklich glücklich. Denn das Kombihuhn rentierte einfach nicht.
Bei der Eierproduktion wird um Zehntelrappen gefeilscht. Wenn eine Henne im Jahr 10 Eier weniger legt, kann ein Geflügelhalter mit 2000 Hennen 20’000 Eier pro Jahr weniger verkaufen. Und das bei gleichen Arbeits-, Futter- und Stallkosten. Die Testhühner legten aber nicht nur 10, sondern gleich 40 bis 50 Eier weniger, und zu allem Übel frassen sie auch mehr. Um den Minderertrag und die Mehrkosten auszugleichen, müssten die Eier vom weniger legefreudigen Zweinutzungshuhn schätzungsweise einen Franken kosten.
Pilotversuch mit neuer Hühnerrasse
Sind Konsumentinnen und Konsumenten bereit, diesen Mehrpreis für ein ethisch produziertes Ei zu zahlen? Coop wagt den Versuch und bietet neu in grösseren Filialen Bio-Eier vom Zweinutzungshuhn an. Das Sechserpack kostet 5.95 Franken. Herr und Frau Schweizer konsumieren jedes Jahr rund 190 Eier, 90 davon wurden in der Schweiz gelegt. Bei einem Aufpreis von 30 Rappen pro Ei kostet uns das gute Gewissen 27 Franken im Jahr, das ist etwa so viel wie drei Schachteln Zigaretten oder 15 Liter Benzin.
Doch das ist nur der Anfang: Die Brüder der Legehennen, die Hähne, müssen ebenfalls verwertet werden. Diese Junghähne wurden gemästet, obwohl sie weniger Fleisch auf den Knochen haben und durchwegs schwach auf der Brust sind. Das ist ein Nachteil, weil das Brustfleisch im Verkauf am meisten gefragt ist. Und: Der Junghahn frisst ebenfalls mehr als ein extensives Mastpoulet, was sein Fleisch zusätzlich verteuert. Die 2500 Junghähne aus dem Coop-Pilotprojekt wurden letzten März geschlachtet. Sie fanden offenbar problemlos Absatz. Unter den 50 Millionen anderen Schweizer Poulets, die jährlich konsumiert werden, fielen sie nicht gross ins Gewicht.

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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Eveline Dudda ist Agrarjournalistin und Chefredaktorin von «Freude am Garten», www.dudda.ch

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2 Meinungen

  • am 7.07.2014 um 19:30 Uhr
    Permalink

    Man müsste sachlich und gut informieren und vor allem die
    Grossverteiler dazu bringen, NICHT die Produzenten zu dücken und auf deren Buckel Preiskampf betreiben.
    Dies gilt für die ganze Ernähungskette.

  • am 11.07.2014 um 18:25 Uhr
    Permalink

    Ethik würde vielleicht auch eine angemessene Gewinnspanne der Grossverteiler bedingen. Wenn der Eierzwischenhändler dem Produzenten ganze 22 Rappen für ein Ei bezahlt, fragt sich, wieso ein solches Ei dann im Laden der Coop oder Migros mindestens 60 Rappen kostet.

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