Das Mekong-Delta ist als Nahrungsquelle bedroht
Red. Felix Abt ist Unternehmer und lebt in der Provinz Khanh Hoa im Süden Vietnams.
Das Mekong-Delta, Vietnams landwirtschaftliches Herz und eine der wichtigsten Nahrungsquellen weltweit, steht vor einer existenziellen Krise. Diese Region, oft «Reisschüssel Vietnams» genannt, liefert 95 Prozent der vietnamesischen Reisexporte, 60 Prozent der Fische und anderer Wassertiere sowie 70 Prozent der Obstproduktion des Landes.
Vietnam ist nach Indien und Thailand der drittgrösste Reisexporteur. Das Mekong-Delta sichert die Ernährung in Asien und darüber hinaus. Doch Umweltprobleme und menschliche Eingriffe bedrohen die Zukunft dieser Region und damit das Leben von Millionen Menschen.

Hauptbedrohungen für das Mekong-Delta
1. Klimawandel
Steigende Temperaturen, veränderte Niederschläge und langanhaltende Dürren beeinträchtigen die Wasserverfügbarkeit und stören die saisonalen Strömungen des Mekong, was Landwirtschaft und Fischerei belastet.
2. Staudämme flussaufwärts
Wasserkraftwerke in China und Laos stören den natürlichen Fluss des Mekong. Sie senken den Wasserstand und verhindern, dass nährstoffreiche Sedimente das Delta erreichen, die für fruchtbare Böden und landwirtschaftliche Produktivität unerlässlich sind. Auch die traditionellen Überschwemmungen, die den Boden regenerieren, bleiben aus.
3. Meeresspiegelanstieg und Landabsenkung
Der steigende Meeresspiegel und die durch übermässige Grundwasserentnahme verursachte Landabsenkung lassen Salzwasser ins Delta eindringen. Dies verschlechtert die Süsswasserqualität und macht viele landwirtschaftliche Flächen unbrauchbar.
4. Sandabbau
Unkontrollierter Sandabbau destabilisiert das Mekong-Ökosystem. Dies führt zu Erosion und verringert die Fähigkeit des Flusses, Sedimente zu transportieren, was die Bodenfruchtbarkeit im Delta gefährdet.
5. Wassermangel
Der geringere Wasserdurchfluss aufgrund von Dämmen und Klimawandel schwächt die Unterstützung von Landwirtschaft und Fischerei. Dies bedroht die Lebensgrundlage der lokalen Bevölkerung und die Ernährungssicherheit in vielen asiatischen Ländern.
Die Bedeutung des Mekong-Deltas
Das Mekong-Delta ist nicht nur für Vietnam zentral, sondern auch für viele asiatische Länder, die Reis importieren. 2024 erzielte Vietnam 5,3 Milliarden US-Dollar aus Reisausfuhren, vor allem nach Indonesien, den Philippinen und Malaysia. Da Reis ein Grundnahrungsmittel für Millionen ist, hätte eine Produktionsverringerung im Mekong-Delta gravierende Auswirkungen auf die globale Ernährungssicherheit. Zudem existiert im Delta eine der produktivsten Binnenfischereien und eine wichtige Proteinquelle für Millionen.
Lösungsansätze
Um das Mekong-Delta zu retten und nachhaltig zu bewirtschaften, sind dringend Massnahmen nötig:
1. Internationale Zusammenarbeit
Die Mekong-Anrainerstaaten müssen den Fluss nachhaltig bewirtschaften, indem sie wirtschaftliche Interessen (z. B. Wasserkraft) und den Schutz des Ökosystems ausbalancieren.
2. Nachhaltige Landwirtschaft
Der Anbau salzresistenter Reissorten und innovative Praktiken wie Mangrovenanbau könnten den Herausforderungen durch Versalzung und Klimawandel begegnen.

3. Regulierung von Sandabbau und Grundwasserentnahme
Strikte Kontrollen beim Sandabbau und Massnahmen zur Reduzierung der Grundwasserentnahme könnten Erosion und Landabsenkung verhindern.
4. Förderung erneuerbarer Energien
Um den Bau weiterer Staudämme zu verhindern, sollten Solar- und Windenergie stärker gefördert werden.
5. Schutz der biologischen Vielfalt
Die Erhaltung der einzigartigen Ökosysteme im Mekong-Delta ist entscheidend für stabile Fischbestände und den Schutz vor Naturkatastrophen wie Überschwemmungen.
Fazit
Das Mekong-Delta steht an einem kritischen Wendepunkt: Ohne entschlossenes Handeln drohen ökologische Zusammenbrüche mit weitreichenden wirtschaftlichen und sozialen Folgen – nicht nur für Vietnam, sondern auch für viele asiatische Länder. Die nachhaltige Bewirtschaftung des Flusses erfordert eine enge Zusammenarbeit der Anrainerstaaten und innovative Lösungen zur Anpassung an den Klimawandel. Nur so kann diese lebenswichtige Region ihre Rolle als globale Nahrungsquelle auch in Zukunft erfüllen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Zum 1. Lösungspunkt hätte man jetzt die Mekong River Commission MRC (seit 1995) und die Lancang-Mekong Cooperation (seit 2016) erwähnen können, welche genau diese Fragen regelmässig diskutieren, und zwar die betroffenen Staaten unter sich.
Zu 4. sollte man doch erwähnen, dass natürlich auch Wasserkraft eine erneuerbare Energie ist. Staudämme bringen auch nur wenig Wasser zum verschwinden (durch Verdunstung), und verhindern oft tödliche Fluten, die zwar gut für manche Böden sein mögen, aber oft auch tödlich für viele Einwohner, z.B. mindestens 33 Tode in 2024 nach Flut des Mekongs in Thailand.
Punkte 2,3 und 5 scheinen Vietnam-interne Themen zu sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Vietnam diese nicht erforscht.
Schön, wird mal über Südostasien berichtet, aber man sollte auch erwähnen, dass Menschen und Regierungen in Entwicklungsländern durchaus auch selber ihre Probleme aktiv angehen.
Besten Dank für den Artikel, auch ich schätze Artikel über den asiatischen Raum sehr.
Ich bin soeben aus einer Vietnam Reise zurück, während drei Tagen konnte ich mir ein genaueres Touristenbild in der Mekong Delta Region machen.
Das Gesamtbild des Flusses und seiner Staudämme, Sandabbau usw. konnte ich mir leider nicht machen.
Was jedoch sofort ersichtlich ist, ist die enorme Menge an unabbaubarem Abfall, die ungefiltert im Fluss landet. Es nimmt mich wunder wie schwer dieses Problem bewertet wird, gegenübergestellt zu den oben erwähnten.
Ebenfalls ist der Zusammenhang der mangelnden Überschwemmungen hier nennenswert, diese reinigen den Fluss von seinen Ablagerungen, und sollten (evtl. auf gesteuerte Weise) ermöglicht werden. Sie verschieben natürlich das Abfallproblem Fluss-abwärts, darum sollte es an der Wurzel gepackt werden.
Ich wünsche mir, dass dieses Problem so intensiv angegangen wird, wie andere Grossprojekte, die Vietnam durchaus sehr erfolgreich meistert (z.B. Vinfast).