pixabay ralph cow-2643886_1920

Kühe sind Grasfresser. Wie viele andere Nutztiere bekommen sie aber zusätzlich Kraftfutter. © pixabay

Dänische «Kuhsteuer» ist beschlossene Sache

Daniela Gschweng /  Dänemark führt als erstes Land eine Steuer auf Emissionen von Nutztieren ein – mit breiter Unterstützung von Bauern und Parteien.

Dänemark macht Ernst: Das dänische Parlament verabschiedete am 18. November endgültig die weltweit erste Klimasteuer auf Emissionen von Nutztieren. Nach intensiven Verhandlungen einigte sich das Parlament auf die im Juni ausgearbeitete Klimaabgabe. Landwirte müssen sie ab 2030 bezahlen.

Die «Kuhsteuer» ist Teil eines grösseren Pakets, das die Emissionen Dänemarks reduzieren soll. Sie betrifft Emissionen aus der Haltung und dem Dung von Nutztieren – und könnte Vorbild für andere Länder sein (Infosperber berichtete).

Tierhalter müssen ab 2030 einen Einstiegssatz von 300 Kronen (37 Franken) pro Tonne CO₂-Äquivalent abgeben. Bis 2035 soll dieser auf 750 Kronen erhöht werden. Abgefedert wird die Abgabe durch Steuererleichterungen, die 60 Prozent der Abgabe ausmachen.

Umbau der Landwirtschaft

Das breit abgestützte Klimapaket, das noch andere Punkte enthält, koste rund 43 Milliarden Kronen (5,3 Milliarden Franken), erklärte der dänische Minister für grüne Transformation, Jeppe Bruus der deutschen «Tagesschau». Mit dem Gesamtpaket will Dänemark 1,8 Millionen Tonnen an CO2-Äquivalenten einsparen.

Die Steuer solle Verhaltensänderungen bewirken, sagte Bruus gegenüber der «New York Times». In Dänemark leben rund fünfmal so viele Rinder und Schweine wie Einwohner. Die Landwirtschaft ist die grösste Treibhausgasquelle des Landes.

Weltweit machen direkte Emissionen aus der Landwirtschaft etwa 10 bis 12 Prozent der Klimagase aus. Rechnet man indirekte Emissionen, beispielsweise aus Entwaldung, dazu, ist es mehr als doppelt so viel.

Selbst kritische Stimmen unterstützen den Kompromiss

Die jetzt beschlossene Regelung wurde jahrelang vorbereitet und ist breit abgestützt. Daran mitverhandelt hatten sowohl Umweltorganisationen wie auch Gewerkschaften und Bauernverbände.

Für die Steuer waren laut der «Tagesschau» am Ende auch die Sozialistische Volkspartei, die Konservativen, die Liberale Allianz und die Sozialliberalen. Die Mitte-Rechts-Partei Venstre unterstützte die Abgabe. Kritik gab es dennoch aus dem rechtspopulistischen Lager, einzelnen Umweltorganisationen und Bauernverbänden.

Sogar die weltweit siebtgrösste Grossmolkerei Arla Foods befürwortete das Vorhaben. Nicht, weil man gerne Steuer zahle, sondern, weil der Kompromiss etwas sei, mit dem die Milchbauern leben könnten, erklärte Peder Tuborgh, der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens gegenüber der «New York Times»: «Sie [die Bäuer:innen] wissen, dass sie damit ihren Ruf schützen. Es ermöglicht ihnen, weiter zu produzieren».

Innovation und Akzeptanz

Einige Landwirte gehen noch weiter: Der Biobauer Svend Brodersen hat Teile seines Ackerlands in Obstgärten umgewandelt, um CO₂ zu binden. Seinen Kühen kann er Futterzusätze geben, die ihren Methanausstoss senken.

Auch der konventionell wirtschaftender Milchbauer Jens Christian Sørensen investiert in Technologien zur Emissionsreduktion. Er trackt das Wohlergehen seiner Kühe und Kälber mit Sensoren, die ihm zum Beispiel genau angeben, wie viel sie fressen. Auch er rechnet damit, Futteradditive einzusetzen. «Die Milchindustrie muss sich dieser Herausforderung stellen», sagt er. «Das ist nicht das Ende».

Bauern sehen Klimagesetz positiv

Sørensen ist zuversichtlich, was die Zukunft betrifft, da die globale Nachfrage nach dänischen Milchprodukten stabil hoch ist. Zwei Drittel der dänischen Butter und die Hälfte des Milchpulvers werden exportiert, Tendenz: eher steigend. Seine Kinder ässen aber viel weniger Fleisch als er es in ihrem Alter getan habe, sagt er. Vor allem weniger Rind.

Die Diskussion geht über die Steuer hinaus: Wie viel Fläche soll in Dänemark weiterhin für Tierhaltung genutzt werden? Der Biobauer Brodersen, der inzwischen mehr Obst und Gemüse anbaut, sieht den Umbau als Chance: «Ohne Steuer würden alle weitermachen wie bisher», findet er. «Man braucht Kühe in der Natur. Aber man muss ein Gleichgewicht zwischen Milch und Gemüse finden.»

Dänemark hat erneut Pioniergeist bewiesen

Dänemark ist mit der Nutztiersteuer einmal mehr Vorreiter im Klimaschutz. Das erhöht den Druck auf Länder wie Deutschland, die USA und auch die Schweiz, wirksame Klimamassnahmen im Landwirtschaftssektor durchzusetzen und Landwirtschaft nachhaltiger zu gestalten.

Das dänische Klimapaket sieht ausserdem Massnahmen gegen den Stickstoffausstoss vor, der die Gewässer belastet. Geplant ist zudem, zehn Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in den kommenden 20 Jahren in natürliche Lebensräume zu verwandeln.

Dänemarks Landwirtschaft werde sich dadurch verändern wie seit 100 Jahren nicht, sagte Minister Bruus zur «Tagesschau». Die dänische Natur werde sich auf eine Weise umgestalten, die man seit der Trockenlegung der Feuchtgebiete 1864 nicht gesehen habe.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
_____________________
➔ Solche Artikel sind nur dank Ihren SPENDEN möglich. Spenden an unsere Stiftung können Sie bei den Steuern abziehen.
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

3719017725_8c14405266

Die Klimapolitik kritisch hinterfragt

Die Menschen beschleunigen die Erwärmung der Erde. Doch kurzfristige Interessen verhindern griffige Massnahmen.

Kuh

Landwirtschaft

Massentierhaltung? Bio? Gentechnisch? Zu teuer? Verarbeitende Industrie? Verbände? Lobbys?

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

8 Meinungen

  • am 7.12.2024 um 13:10 Uhr
    Permalink

    Kein Schaden es kommt bald genug Fleisch aus Südamerika, die EU hat den Vertrag mit einigen Staaten abgeschlossen!!!

    • Favorit Daumen X
      am 7.12.2024 um 13:24 Uhr
      Permalink

      Dieser Mercosur-Vertrag ist noch längst nicht abgeschlossen. Die EU-Staaten müssen ihn einstimmig ratifizieren. Widerstand gibt es namentlich in Frankreich und Österreich, aber auch in Südamerika.
      Mit einem Verfahrenskniff will Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Vetomöglichkeit für kritische Länder wie Frankreich und Österreich aushebeln. Ob das rechtlich möglich ist, ist derzeit offen. Von der Leyen will denjeningen Teil des Vertrags separat zur Abstimmung bringen, der nur eine qualifizierte Mehrheit im EU-Ministerrat braucht.

  • am 7.12.2024 um 15:11 Uhr
    Permalink

    Super – geht wohl nicht mehr lange, und wir müssen jeden unserer Fürze versteuern!
    Ich wundere mich nicht mehr, weshalb die Ausserirdischen keinen Kontakt mit uns aufnehmen wollen . . . 🙂

  • am 7.12.2024 um 15:37 Uhr
    Permalink

    Warum nicht! Ein solches Gesetz dürfte es in der Schweiz allerdings schwer haben. Dänemark besitzt ungefähr 100% ackerbauliche Fläche, wo tatsächlich keine Kühe, Schweine oder Hühner gehalten werden müssen, weil man eben Ackerbau betreiben kann mit Kulturen zur direkten menschlichen Ernährung. In der Schweiz ist schätzungsweise die Hälfte der Landwirtschaftlichen Nutzfläche (ohne Sömmerungsgebiete) nicht wirklich für den Ackerbau geeignet. Mit einem solchen Gesetz wäre die Hügel- und Berglandwirtschaft stark in Frage gestellt. Aber, es gäbe natürlich auch Ausgestaltungen, die diesem Umstand Rechnung tragen würden. Da wird wohl noch viel passieren.

  • am 7.12.2024 um 16:56 Uhr
    Permalink

    Mich irritiert das Gendern im Infosperber. Sie sprechen von den Bäuer:innen. Ich nehme an, da sind die Bäuern und Bäuerinnen gemeint, nicht wahr?

    • am 8.12.2024 um 11:26 Uhr
      Permalink

      Genau – und die «Bäuern» machen noch ein Bäuerchen.
      Wenn ich als Schriftsetzerstift damals solchen Unsinn verfasst hätte, hätte mir der Lehrmeister eins hinter meine ungewaschenen Löffel gehauen . . .

      • am 9.12.2024 um 14:24 Uhr
        Permalink

        Wir leben in kreativen Zeiten, mit wunder- und sonderbaren Wortschöpfungen jeden Tag auf ein Neues 🤣🙈. Ich habe allerdings den Eindruck, dass diese Kreativität nicht sonderlich produktiv und effektiv ist.

  • am 8.12.2024 um 10:12 Uhr
    Permalink

    Die ganze Fixierung auf CO2 halte ich für gefährlich. Mir persönlich wäre wichtiger, dass das (Trink)Wasser sauber ist und der Boden, wo unsere Nahrung wächst,nicht zu fest belastet ist. Ob in der Atemluft die CO2 Konzentration 0.04 oder 0.05 beträgt, eher unwichtig. Denke die CO2 Steuer ist vonseiten der Regierung ein beliebtes Mittel, denn es ermöglicht zig neue Arten der besteuerung. Essen, Arbeit, Freizeit ja selbst das atmen wird somit zum möglichen Sündenfall, den es zu besteuern gilt. Tragische Entwicklung und noch viel tragischer, Artikel die dies befürworten, da passt das gendern perfekt dazu.

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...