Dreier

Armin Meier (ex Kuoni, GD MGB, Atraxis), Ruth Metzler (Ex Bundesrätin), Marcel Rohner (ex CEO UBS) © srf

Wie Bastos von Schweizer Prominenten profitierte

Thomas Kesselring /  Seine Investitionen in Angola dienen kaum dem Land. Für ähnliche Geschäfte wurde Jean-Claude Bastos in der Schweiz verurteilt. (2)

Red. Ein erster Teil – «Das Firmenimperium des Jean-Claude Bastos» – deckte auf, dass der Schweizer-Angolaner im politischen und wirtschaftlichen Machtzentrum Angolas eng vernetzt ist. In diesem zweiten Teil zeigt Autor Thomas Kesselring weitere Verflechtungen und viele Ungereimtheiten auf. Kesselring war bis 2013 Professor an der Pädagogischen Hochschule Bern und bis 2015 Dozent an der Pädagogischen Universität von Mosambik. Kesselring ist auch Mitglied von Kontrapunkt und Actares.

100 Millionen an eine Firma ohne Angestellte

Der von Bastos und Freunden gegründete Banco Kwanza Invest BKI geriet im Frühjahr 2015 in die Schlagzeilen. Laut der Iniciativa de Estudos sobre Angola und der Angolan open Policy Initiative1 deckte das angolanische Enthüllungs-Forum Maca Angola auf, dass die Bank kurz zuvor eine Zahlung von 100 Millionen Dollar an eine rätselhafte Firma namens Kijinga veranlasst hatte – eine Firma ohne Angestellte und mit einer Adresse, die mit derjenigen des Banco Kwanza Invest identisch war: 150, Av. Comandante Gika.2 Kritiker vermuteten hinter Kijinga eine Phantomfirma, aber Präsidentensohn José Filimeno dos Santos, genannt «Zenu», widersprach. Er erklärte, es handle sich um einen Starthelfer für die Gründung von kleinen und mittleren Unternehmen sowie von sozialen Projekten.

Auf der Homepage des angolanischen Staatsfonds FSDEA findet sich unter der Rubrik «Carta Social» ebenfalls ein Hinweis auf eine solche Firma Kijinga.3 Doch wirkt es befremdlich, dass über ihre Aktivitäten nie etwas bekannt wurde und dass Kijinga auch nicht über eine Homepage verfügt. – Fragen zur Ausrichtung der Geschäfte dieser Firma und darüber, ob sie noch existiert, will Herr Bastos wie alle andern Fragen nicht beantworten, teilte sein Sprecher und Berater in der Schweiz Jürg Wildberger mit.
Lukrative Aufträge zugeschanzt

Die eine oder andere der Firmen, welche Bastos zusammen mit dem Präsidentensohn «Zenu» und mit Mirco de Jesus Martins, dem Stief- und Ziehsohn des letzten Vizepräsidenten der Ära von Eduard dos Santos, Manuel Vicente, im Jahr 2007 gegründet hatte, machte Jahre später von sich reden – nämlich sobald sie vom scheidenden Präsidenten Eduard dos Santos einen lukrativen Auftrag zugeschanzt bekam.

Die bis dahin ziemlich unbekannt gebliebene Firma Benfin beispielsweise erhielt im August 2017 durch eines der letzten Dekrete des abtretenden Präsidenten Eduard dos Santos den Auftrag, den Bau eines Industrie- und Unternehmens-Komplexes mit einer Grösse von über 2000 Fussballfeldern in der Exklave Cabinda fertigzustellen (Polo Industrial de Fútila). Das Projekt war nicht ausgeschrieben worden.4
Auch zu diesen Vorgängen wollte Herr Bastos nicht Stellung nehmen.

Den Auftrag, ebenfalls in Cabinda einen Tiefseehafen zu bauen, hatte eine Bastos-Firma, die 2012 gegründete Caio Porto (deren angolanische Adresse wiederum identisch ist mit der Adresse des Banco Kwanza Invest BKI), ebenfalls durch ein Dekret des Präsidenten erhalten.5 Für diesen Auftrag hätte es von Gesetzes wegen einmal mehr eines öffentlichen Wettbewerbs bedurft. Weil es nicht gelang, die gewünschte private Finanzierung aufzutreiben, bestimmte der Präsident – wiederum per Dekret –, dass der Staat 85 Prozent zu den Gesamtkosten von gut 800 Millionen Dollar beisteuert, wofür ein chinesischer Kredit von 600 Millionen Dollar aufgenommen werden musste. Die verbleibenden 15 Prozent, die Bastos‘ Firma Caioporto übernehmen sollte, wurden diesem vom angolanischen Staatsfonds (FSDEA) überwiesen. Die Überweisung betrug sogar mehr als diese 15 Prozent, nämlich 180 Millionen Dollar – mit einem Surplus von 56 Millionen Dollar, dessen Zweck unbekannt ist.6
Monika Ribar im Verwaltungsrat

Der fertiggestellte Hafen soll mehrheitlich Bastos‘ Firma Capoinvest gehören, in dessen Verwaltungsrat Monika Ribar als SBB-Aufsichtsrats-Vizepräsidentin von Mai 2015 bis zu ihrer Ernennung zur Präsidentin des Verwaltungsrats der SBB im Juni 2016 Einsitz hatte. – Laut Recherchen von Christian Brönnimann wird der Hafen von einer chinesischen Firma namens China Road and Brigde Corporation gebaut, die die Weltbank 2009 wegen «betrügerischer Praktiken» bei einem Grossprojekt auf den Philippinen bis 2017 für ihre Aufträgen gesperrt hatte. Diese Firma erhielt rund ein Jahr vor Ablauf der Sanktions-Frist von einer Capoinvest-Tochterfirma den Auftrag zum Hafenbau.7
Auch die vom Kleeblatt Bastos-«Zenu»-Mirco gegründete Firma Benguela Development S.A. profitierte vom Staatsfonds, nämlich für den Bau einer Angola Hotel Management Academy für 48,026 Millionen Dollar, wie der Fonds FSDEA ausdrücklich in einem Statement vom 16.03.17 festhält.8
Nutzniesserin eines präsidialen Dekrets wurde schliesslich noch eine weitere Firma, mit Namen «Vavita», bei der laut seiner Londoner Anwaltskanzlei Schillings Bastos selbst nicht Sozius ist, wohl aber eine Ex-Frau oder Geliebte von Bastos, eine Kusine und andere ihm nahe stehende Personen.9,10

Die Firma wurde im Sept. 2015 mit der Zwecksetzung «real estate property purchaises, sales and promotion” gegründet und erhielt im Februar 2017 von Präsident Dos Santos den Auftrag, für 200 Millionen Dollar ein thermoelektrisches 100 Megawatt- Kraftwerk in Malembo (Cabinda) zu bauen. Das Kraftwerk soll gemäss seiner Homepage11 den Tiefseehafen Caio Porto und den Industriekomplex Polo Industrial de Fútila mit Strom versorgen. Da man von einer gewöhnlichen Immobilienfirma nicht unbedingt erwartet, dass sie ein gigantisches Elektrizitätswerk konstruiert, wurde sie kurz vor Auftragseingang in Vavita Power S.A. umbenannt. Ihre angolanische Adresse fällt einmal mehr, wie zuvor bei Firma Kijinga, mit derjenigen des Banco Kwanza Invest zusammen: 150, Av. Comandante Gika.12

Fragen zu diesem Auftrag und zur Firma wollte Bastos nicht beantworten.

Schillernder Staatsfonds und schillernde Figuren

Die Existenz einer engen Dreiecksbeziehung zwischen der Bank BKI, der Quantum Global-Firma und dem angolanischen Staatsfonds lässt sich schon aus den Panama Papers erschliessen.
Es halten sich hartnäckige Gerüchte, der Staatsfonds diene in erheblichem Masse der Geldwäscherei.13 Nahrung finden diese Gerüchte, weil Mirco de Jesus Martins diverse Offshore-Firmen gegründet hat, die dem Staatsfonds (FSDEA) angeblich als Verschiebe-Bahnhöfe für grosse Teile der Gelder dienen. Bereits kurz nach seiner Schaffung im Oktober 2012 wurde der Staatsfonds im Volksmund daher als «Fundo soberano da familia do Presidente Eduardo dos Santos» bezeichnet.14 Sein «Setup» wird vom Netzwerk ANCIR wie folgt beschrieben: «Es gibt einen Finanzberater, eine Geldquelle, Privatbanken und unzählige unbekannte Empfänger.»16 Man kann hinzufügen: und Offshorefirmen, die für die erforderliche Verschleierung und Verdunkelung sorgen. – Wie im ersten Teil erwähnt (Anm. 11-13), ermitteln die portugiesischen Behörden gegen die an solchen Offshorefirmen Beteiligten.

Marcel Rohner, Ruth Metzler, Armin Meier und andere

Es passt, so gesehen, durchaus ins Bild, dass Jean-Claude Bastos auch mit europäischen Grössen zusammenarbeitet, die nicht über alle Zweifel erhaben sind.
Marcel Krüse, der 2011 vom Zuger Strafgericht zusammen mit Bastos wegen ungetreuer Geschäftsführung verurteilt wurde, ist CEO des Banco Kwanza Invest, und Ernst Welteke, der sein Amt als Präsident der deutschen Bundesbank (von 1999 bis 2004) wegen mehrfacher Vorteilsnahme niederlegen musste, ist Mitglied des Direktoriums (Board) sowohl von Banco Kwanza Invest17 als auch von Bastos‘ Firma Quantum Global.18

Im Vorstand der von Bastos gegründeten Zuger Firma Quantum Global sitzen ausserdem Marcel Rohner, früherer CEO der UBS, und André Schneider, Chef des Genfer Flughafens und lange Zeit operativer Leiter des World Economic Forum (WEF).19 Ex-Bundesrätin Ruth Metzler war bis zur Enthüllung der Paradise Papers Mitglied des Beirats (advisary board) der Firma Quantum Global, und der Ex-Kuoni-Chef Armin Meier ist Mitglied in Bastos‘ Family-Office.20
Über die deutschschweizerischen Chefs der Firma Global Quantum ist in einem Artikel Christian Brönnimanns vom 5.11.17 zu lesen: «Präsident der vier Schweizer Quantum-Global-Firmen ist der bekannte Zuger Wirtschaftsanwalt Thomas Ladner, Mitbegründer des exklusiven ‚Club zum Rennweg‘. Er schreibt, Quantum Global habe einen ethischen Verhaltenskodex und halte sich an alle behördlichen Regularien. Der zweite prominente Verwaltungsrat ist Anwalt Martin Neese. Er sitzt unter anderem in der Kontaktgruppe Geldwäscherei des Bundes und ist Präsident des Vereins zur Qualitätssicherung von Finanzdienstleistungen (VQF). Das ist ausgerechnet die Selbstregulierungs-Organisation, die Quantum Global in der Schweiz beaufsichtigt.»22

Hat Jean-Claude Bastos gegen angolanisches Gesetz verstossen?
Als «Zenu» 2013 vom Präsidenten (d.h. seinem Vater) den Auftrag erhielt, dem kurz zuvor geschaffenen Fundo Soberano de Angola (FSDEA) als Verwaltungsratspräsident vorzustehen23, hätte er daneben von Gesetzes (Lei da probidade pública24) wegen gar kein eigenes Privatgeschäft führen dürfen.25 Zwar zog er sich damals aus dem BKI zurück und verschob seine Anteile daran in die Schatulle seines Freundes Bastos, der damit zu 75 Prozent Eigentümer der Bank wurde. Im Übrigen führte «Zenu» sein privates Firmenkonglomerat aber weiter.

Dieser Gesetzesverstoss wurde von Kritikern immer wieder gerügt, blieb aber ohne strafrechtliche Folgen. Als Präsidentensohn «Zenus» Halbschwester, Isabel dos Santos, mit einem Vermögen von (mindestens) 3,5 Mrd Dollar Afrikas reichste Frau, von ihrem Vater im Juni 2016 auf den Chefsessel des Staatskonzerns Sonangol gesetzt wurde26, führte auch sie daneben ihre privaten Geschäfte weiter. Zwischen ihr und «Zenu» besteht noch eine weitere Gemeinsamkeit: Ähnlich wie Isabel in die verschiedensten Geschäftsbereiche investierte – von der Telekommunikation über Banken und Immobilien bis zur Supermarktkette –, tat dasselbe auch «Zenu». Und Mirco…
… Und nicht zuletzt auch Jean-Claude Bastos, ganz so, als ob er zur engsten Entourage der Familie dos Santos‘ gehörte. Die Frage stellt sich: Hat Bastos mit seiner Geschäftstätigkeit gegen angolanisches Gesetz verstossen – ja oder nein? In seinem SRF-Interview vom 09.11.17 sagte Walter Fust über sein Verhältnis zu Bastos: «Bei mir ist die Grenze bei der Legalität. Ist etwas gesetzlich, rechtlich noch in Ordnung oder nicht. Und wenn sich jemand nicht daran hält, dann bin ich dafür nicht zu haben.»28
In gleicher Weise äusserte sich auch Prof. Christoph Stückelberger, Gründer von Globethics.net, der seit 2011 (dem Jahr des Zuger Gerichtsurteils) mit J.-C.Bastos zusammenarbeitet, in einer privaten Aussprache.
Was also sagt das angolanische «öffentliche Redlichkeits-Gesetz» («Lei da Probidade pública»)? Dieses Gesetz lässt sich aus dem Internet herunterladen.29 In der African Law Library, die J.-C.Bastos in Genf aufgebaut hat, ist ausgerechnet dieses Gesetz unauffindbar.

Zentral sind v.a. Art.23-26. Zum Beispiel erwähnt Art. 24 (e) als «unredlich» das Vereiteln eines rechtmäßigen öffentlichen Wettbewerbs; Art. 25 verbietet die «unrechtmässige Bereicherung durch Vorteilsnahme aufgrund der Position, des Mandats, der Funktion, der Tätigkeit oder der Beschäftigung des Inhabers eines öffentlichen Amtes»; Art. 25 (b) nennt viele Möglichkeiten, wie dies geschehen kann, zum Beispiel die «Vergabe von Dienstleistungen durch ein öffentliches Amt zu einem Preis oberhalb des Marktpreises»; (g) «durch die Ausübung eines Mandats ermöglichter Erwerb – für sich oder eine andere Person – einer Position, einer Anstellung oder einer öffentlichen Funktion, oder Erwerb von Eigentum jeglicher Art, dessen Wert in keinem Verhältnis zur Entwicklung des öffentlichen Eigentums oder des Einkommens des Amtsinhabers steht»; (k) «Nutzung zum eigenen Vorteil von Gütern, Einkünften, Geldern oder Werten aus dem Bestand öffentlicher Einrichtungen»; (l) «die Verschaffung eines ökonomischen Vorteils durch Vermittlung eines Geschäfts, in dem öffentliche Mittel verwendet werden» («obter vantagem económica para intermediar a disponibilização ou a aplicação de verba publica de qualquer natureza»); Art. 26 (g): «Verletzung gesetzlicher Regeln über den Wettbewerb in Sachen öffentlicher Einstellungen»; (i) «Erlaubnis, dass öffentliche Dienstleistungen oder Güter (Autos, Maschinen, Ausrüstungen usw.) für private Zwecke verwendet werden»…

Der Umstand, dass Bastos bisher nicht ebenfalls entlassen und in Angola bislang kein Verfahren gegen ihn eingeleitet wurde, beweist nicht, dass seine Geschäfte nicht mit dem zitierten Gesetz kollidierten. Es bedeutet wohl eher, dass Angola kein funktionierender Rechtsstaat ist.
Ernst zu nehmen ist noch eine andere Hypothese: Der Schaden, der Angola entstünde, wenn der angolanische Staatsfonds FSDEA durch jemanden anderen als J.-C. Bastos als Manager geleitet würde – zum Beispiel durch jemanden aus der Entourage von Manuel Vicente – wäre vermutlich noch grösser.30

Aufbruch zu neuen Ufern?
Angolas neuer Präsident, João Lourenço, seit September 2017 im Amt, hat versprochen, die Korruption zu bekämpfen. Tatsächlich verbot er gleich als Erstes jegliche Verschiebung von Kapital an Offshore-Standorte.31 Zwei Monate nach Amtsantritt entliess er Isabel dos Santos als Sonangol-Chefin und zwei dos Santos-Söhne aus der Verwaltung eines staatlichen Fernsehsenders. Sie alle hatten u.a. gegen das Redlichkeits-Gesetz verstossen. Allerdings wurde gegen sie bislang kein Strafverfahren angestrengt.
Am 11. Januar 2018 war «Zenu», Sohn des vorherigen Präsidenten, an der Reihe: Er wurde als Präsident des angolanischen Staatsfonds abgesetzt, nachdem eine Consulting-Firma bei der Durchleuchtung des Staatsfonds schwere Mängel festgestellt hatte: fehlende Transparenz, zu hohe Risiken im Zusammenhang mit dem Auftrag, drei Milliarden des Staatsfonds durch Bastos‘ Quantum-Firma verwalten zu lassen, unklare Strategien und Planungen, mangelhaftes Reporting. Das angolanische Finanzministerium will den Staatsfonds restrukturieren und eine eigene Investmentstrategie entwickeln.32
Den Manager des Staatsfonds, J.-C.Bastos, hat der Präsident aber bislang nicht entlassen. Immerhin bestehen zwischen João Lourenço und Bastos gewisse Verbindungen über ein gemeinsames Prospektions- und Explorationsrecht von Goldvorkommen in der Provinz Huila. Kurz vor dem Regierungswechsel liess sich der neue Präsident von Bastos über das Baugelände des Tiefseehafens in Cabinda führen. Wie fest Bastos noch im Sattel sitzt, ist von aussen schwer zu beurteilen.

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ANHANG: Wacklige Erfolgsprognosen zum Tiefseehafen Caioporto
Der geplante Hafen liegt in der angolanischen Exklave Cabinda, nördlich von Angola. Zwischen Angola und Cabinda erstreckt sich ein schmaler kongolesischer Landstreifen mit dem Kongo-Fluss und seiner Mündung. Im Mündungsbereich existieren bereits nicht weniger als drei Häfen: Matadi (Kongo), Banana (DR Kongo) und Soyo (Angola). Da der Kongofluss zwischen dem Hafen Matadi und den Hauptstädten der beiden Kongos nicht schiffbar ist, erfolgt der Transport ins Landesinnere über Schienen und Strassen. Diese Häfen liegen allesamt näher an Angola als der im Bau befindliche Porto do Caio in Cabinda. Falls dieser überwiegend für Angola bestimmt sein sollte: Gibt es denn südlich der Kongomündung keinen geeigneten Standort für einen Hafen? Falls Caioporto auch für das kongolesische Hinterland bestimmt sein sollte, wer baut dann die Verkehrswege in die 400 Kilometer (Luftlinie) entfernten Hauptstädte Kinshasa und Brazzaville? Hat Angola mit diesen Ländern (oder dem weiter nördlich liegenden Gabun) entsprechende Verträge abgeschlossen? Oder soll der Hafen primär der Verschiffung von Erdöl aus Cabinda dienen – jetzt, wo viele Länder aus der Erdölabhängigkeit allmählich aussteigen wollen?
Zum Vergleich: Mosambik hat vor Kurzem im Nordosten des Landes den Bau eines Tiefseehafens (Porto de Nacala) abgeschlossen. Genauer: Ein bereits existierender Hafen wurde für 300 Millionen Dollar ausgebaut und zeitgleich mit einer Bahnlinie durch Malawi hindurch in die mosambikanische Provinz Tete – für Kohletransporte – verbunden (Kostenpunkt 4,1 Milliarden Dollar, ein gutes Drittel davon entfällt auf Malawi).
Die Verkehrswege in die Hauptstädte der beiden Kongos sind um die Hälfte kürzer und vermutlich weniger kostspielig. Laut Homepage der Firma Porto de Caio sollen mit dem Hafen selbst 1600 Arbeitsplätze und ein Potential für 30‘000 Beschäftigte im weiteren Umfeld geschaffen werden.39 Das setzt aber voraus, dass die Transport-Infrastruktur in die grösseren Städte der Umgebung gewährleistet ist. Hat sich J.-C. Bastos jemals öffentlich zu dieser Herausforderung geäussert? – Die Bitte um nähere Aufschlüsse in dieser Frage hat Herr Bastos zu beantworten abgelehnt.
Robert Kappel, bis 2004 Professor für Ökonomie und Politik am Institut für Afrikanistik der Universität Leipzig und bis 2011 Präsident des GIGA German Institute of Global and Area Studies in Hamburg, hält es ebenfalls für schleierhaft, wie der Tiefseehafen von Cabinda jemals rentabel betrieben werden soll: «Der Hafen macht wirtschaftlich betrachtet überhaupt keinen Sinn. Die Exklave Cabinda hat kaum grössere Industriebetriebe, sie ist völlig isoliert, und die komplizierten Grenzbeziehungen zu den Nachbarstaaten erschweren die ganze Logistik zusätzlich. Ich sehe in der Region kein Wachstumspotenzial, das den Hafen auch nur annähernd auslasten könnte.»41
Afrikanische Grossprojekte laufen oft Gefahr, in weisse Elefanten zu mutieren. Ein Beispiel ist der Flughafen von Nacala, den die Firma Odebrecht gebaut hat (für 144 Millionen Dollar) – ein Parallelprojekt zum Tiefseehafen von Nacala. In diesem Flughafen werden ganze vier Flüge pro Woche abgefertigt – alles Inlandflüge, zwei kommerzielle und zwei private.42
Ein weisser Elefant!
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  • Es folgt ein dritter Teil: «Fragwürdige Aktivitäten des Genfer Ethik-Netzwerks»

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FUSSNOTEN
1 Angola’s Soveign Fund pays 100 Million Dollar to a Shell Company (13.04.15): http://www.aopi.org/?st=news&id=238
2 Angola Open Policy Initiative (OAPI): Angola’s Sovereign Fund pays 100 million to a shell company (13.04.15): http://www.aopi.org/?st=news&id=238
3 http://www.fundosoberano.ao/carta-social/
4 Zum Polo Industrial de Fútila vgl. Artikel vom 09.07.17: http://jornaldeangola.sapo.ao/economia/investimentos/polo_industrial_de_futila_em_fase_de_conclusao
5 Maka Angola 27.4.17: https://www.makaangola.org/2017/04/the-power-behind-cabindas-power-stations/
6 Esquerda.net/Maka Angola: Rafael Marques de Morais: Angola: Corrida aos bens do estado saquear ate ao fim (18.08.2017) http://www.esquerda.net/artigo/angola-corrida-aos-bens-do-estado-saquear-ate-ao-fim/50247
7 Christian Brönnimann: SBB-Präsidentin gerät immer mehr in Erklärungsnot. Ist der von Monika Ribar begleitete Hafenbau in Angola ein Milliardengrab? Tagesanzeiger/Bund, 23.01.18: https://www.derbund.ch/wirtschaft/sbbpraesidentin-geraet-immer-mehr-in-erklaerungsnot/story/22725310
8 http://fsdea.ao/wp-content/uploads/2017/03/160317_Website-Statement_Maka-Angola_EN_.pdf
9 Maka Angola 27.4.17 : https://www.makaangola.org/2017/04/the-power-behind-cabindas-power-stations/; und: Maka Angola 17.8.17: https://www.makaangola.org/2017/08/a-corrida-aos-bens-do-estado-saquear-ate-ao-fim/
10 Ein Sozius, Gilberto de Jesus Cabral Pires, ist auch Sozius der oben erwähnten 2007 gegründeten Firma Cafira. Vgl. Fundo da familia presidencial, 6.9.2014: https://www.pressreader.com/angola/folha-8/20140906/281925951205708; und: Página global: Angola, Afinal, se não é do pai, é do filho, 30.07.14: http://paginaglobal.blogspot.ch/2014/07/angola-afinal-se-nao-e-do-pai-e-do.html
11 http://vavitapower.com/. Pikanterweise wirbt Vavita, die ein thermisches Kraftwerk baut, auf ihrer (insgesamt mageren) Homepage ausschliesslich für erneuerbare Energien.
12 Maka Angola 27.4.17 : https://www.makaangola.org/2017/04/the-power-behind-cabindas-power-stations/
13 papers-em-portugues-filho-do-presidente-de-angola-envolvido-no-escandalo/ (ohne Datum; bezieht sich auf Panama Papers)
14 Folha : Fundo da família presidencial atinge dotação de 5000 milhões de dólares (06.09.2014) : https://www.pressreader.com/angola/folha-8/20140906/281925951205708
16 Mussa Garcia : JES [= José Eduardo dos Santos] desviou bilhões de dólares para o estrangeiro através do seu filho (Voz de Angola, 20.10.17) : http://vozdeangola.com/index.php/politica/item/1228-jes-desviou-bilhoes-de-dolares-para-o-estrangeiro-atraves-do-seu-filho#
17 https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Welteke
18 Khadija Sharife (ANCIR): Leaks reveal extensive siphoning of 5bnDollar Angolan Souvereign Wealth Fund (ohne Datum, verfasst kurz nach Bekanntwerden der Panama Papers im Frühuahr 2016): https://panamapapers.investigativecenters.org/angola/
19 «Nicht bloss eigene Finanzprodukte verkaufen». Finews-Interview mit J.-C. Bastos, 14.12.17: https://www.finews.ch/news/finanzplatz/10335-quantum-global-group-jean-claude-bastos-de-morais-angola-marcel-rohner-ernst-welteke
20 Monika Ribars zweifelhaftes Engagement in Angola. Und: Die Schweiz-Beziehungen von Jean-Claude Bastos. Der Blick, 06.11.17/23.11.17 : https://www.blick.ch/news/wirtschaft/deshalb-taucht-die-sbb-vr-praesidentin-in-den-paradise-papers-auf-monika-ribars-zweifelhaftes-engagement-in-angola-id7559154.html. Laut den Paradise Papers kooperiert auch der Starwerber Frank Bodin mit einer Bastos-Firma.
22 Tagesanzeiger/Bund: Das fragwürdige Angola-Mandat der SBB-Präsidentin (05.11.17): https://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/paradise-papers/das-heikle-angolamandat-der-sbbpraesidentin/story/13540148
23 http://paginaglobal.blogspot.ch/2014/07/angola-afinal-se-nao-e-do-pai-e-do.html
24 http://lexangola.blogs.sapo.pt/492.html
25 Club K-net: Zénu suspeito de violar lei da probidade (23.07.2013) : http://club-k.net/index.php?option=com_content&view=article&id=15746:zenu-acusado-de-violar-lei-da-probidade&catid=9&lang=pt&Itemid=1078.
26 Der neue Präsident, João Lourenço, hat Mitte November Isabel dos Santos als Sonangol-Chefin entlassen. Jornal de negócios, 16.11.2017: https://www.pressreader.com/portugal/jornal-de-negócios/20171116/281513636445524
28 https://www.srf.ch/news/schweiz/paradise-papers-bastos-verhaelt-sich-in-der-stiftung-tadellos
29 http://www.parlamento.ao/documents/36058/0/08.LEI+DA+PROBIDADE+P%C3%9ABLICA. Eine zusammenfassende Erläuterung bringt http://lexangola.blogs.sapo.pt/492.html
30 Dies die Vermutung, die Walter Fust in einem Gespräch mit dem Autor am 08.01.18 ausgesprochen hat.
31 https://www.jn.pt/mundo/interior/angola-o-presidente-que-atingiu-a-familia-dos-santos-8921332.html
32 Ministério das Finanças de Angola aponta falta de transparência ao fundo soberano. DN Lusa, 12.01.18 https://www.dn.pt/lusa/interior/ministerio-das-financas-de-angola-aponta-falta-de-transparencia-ao-fundo-soberano-9042339.html und: Falta de transparência dita reestruturação do Fundo Soberano de Angola. AAgência ngola Press (Angop) 11.01.18 http://m.portalangop.co.ao/angola/pt_pt/noticias/economia/2018/0/2/Falta-transparencia-dita-reestruturacao-Fundo-Soberano-Angola,ddb53b7d-0b0d-49ec-8d19-6c2f69f5e23d.html
39 http://clicktestdeploy.com/portodecaio/v1/74-2/. Und: Quantum Global – Fortschritte in Afrika. Zeitungsannonce von quantum global, Tagesanzeiger 301.11.17, S.12.
41 Zitiert nach: Christian Brönnimann (vgl. Anm. 7).
42 Amanda Rossi: O aeroporto fantasma feito pela Odebrecht em Moçambique (27.11.17): http://www.bbc.com/portuguese/brasil-42074053


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Professor Kesselring ist auch Mitglied von Rat Kontrapunkt sowie von Actares.

Zum Infosperber-Dossier:

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Afrika: Ausbeutung und Hilfe

Die Industriestaaten profitieren von Hungerlöhnen und Kinderarbeit. An Korruption sind sie oft beteiligt.

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Die Geschäfte des Jean-Claude Bastos

«Paradise Papers» und neue Regierung in Angola brachten den Schweizer-Angolaner in Verruf.

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