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In der Schweiz gibt es wenige grosse und noch viele kleine Kassen. Bei Fusionen sollten Versicherte einen Wechsel zu einer anderen Kasse prüfen. © SKS

Vier Krankenkassen weniger – Betroffene schlecht informiert

Rico Kutscher /  Für betroffene Versicherte lohnt es sich, neben dem neuen fusionierten Angebot auch einen Kassenwechsel zu prüfen.

Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt haben sich einige Schweizer Krankenkassen davongeschlichen. Es handelt sich um Tochtergesellschaften der Helsana-Gruppe, der CSS-Gruppe sowie der Sanitas-Gruppe, welche alle die Grundversicherung abdecken. Dies geht aus Informationen des Bundesamtes für Gesundheit BAG hervor. Demnach sind im Vergleich mit früheren Angaben vier in der Schweiz zugelassene Krankenversicherer nicht mehr aufgelistet. Die aktuelle Liste der zugelassenen Krankenversicherer umfasst noch 45 Krankenkassen, welche die Grundversicherung anbieten. Im Jahr 1996 waren es noch rund 150 Anbieter.

Mehrere Fusionen

Die Helsana-Gruppe schaffte ihre Krankenkasse Progrès ab. Diese war erst per Januar 2017 mit dem Grundversicherer Sansan zusammengelegt worden, um den verfeinerten Risikoausgleich besser auszunutzen. 2011 hatten schon Progrès und die im Jahr 2006 übernommene Krankenkasse Aerosana fusioniert. Und nun gingen per Januar 2022 die beiden letzten verbliebenen Grundversicherer Progrès und Helsana zusammen, wobei die Helsana-Grundversicherung die Progrès übernahm, wie aus Informationen an die Kundschaft und dem neusten Geschäftsbericht hervorgeht.

Es sei eine gute Ausgangslage für eine Fusion gewesen, erklärte die Dachgesellschaft Helsana AG, weil die Prämien der beiden Grundversicherer im Jahr 2021 sehr eng beieinanderlagen. Die Transaktion erhöhe die Stabilität der Prämien und unterstütze die finanzielle Sicherheit, meinte die Versicherungsgruppe weiter. Der Übertritt erfolgte für die Versicherten automatisch, hiess es. Die Fusion sei der letzte konsequente Schritt hin zu einer konsistenten Einmarkenstrategie, schreibt die Helsana in ihrem gerade publizierten Geschäftsbericht 2021.

Zwei CSS-Töchter waren unterfinanziert

Auch die Luzerner CSS-Gruppe hat ihre beiden Töchtergesellschaften Intras und Sanagate per 1.1.2022 mit einer dritten, der Arcosana fusioniert. Die CSS reagiere damit auf Veränderungen im Gesundheitsmarkt, um Kundinnen und Kunden auch künftig attraktive Prämien anzubieten, hiess es diesbezüglich offiziell. Die Gruppe lässt allerdings die wichtigste Information unerwähnt:  Die beiden Tochtergesellschaften Arcosana und Sanagate haben im Jahr 2021 die gesetzlichen Vorgaben zur Solvabilität nicht erfüllt (genügend Eigenmittel bei einem ungünstigen Verlauf). Dieser Missstand wird nun erst mit der Fusion der drei Kassen behoben.

Pikant ist dabei, dass die Krankenkasse Intras eigentlich kein Problem mit der Solvenz hatte, sondern ihre gute Solvabilität von 230 Prozent im Jahr 2021 jetzt mit der Fusion der kriselnden CSS-Töchter Sanagate und Arcosana zur Verfügung stellt. Das ist gut für die Sanagate- und Arcosana-Versicherten, aber nachteilig für die Intras-Versicherten. Den Versicherten wurde dies nicht im Klartext mitgeteilt – wahrscheinlich hätten sich mit dieser Information etliche Versicherte entschieden, ihr Vertragsverhältnis ab Januar 2022 nicht automatisch in die Arcosana übergehen zu lassen, sondern sich ausserhalb der CSS umgesehen.

Merkwürdige Auszeichnung

Aktuelle Medienberichte, wie jener in der «NZZ» zu den jüngsten Entwicklungen bei den Krankenkassengruppen Helsana und CSS, lassen die Zusammenlegungen der Tochtergesellschaften unerwähnt. Erstaunlich reagierte die «Handelszeitung», welche die Chefin der CSS-Gruppe, Philomena Colatrella, sogar zur «Leaderin des Jahres» kürte. Dies sorgte mancherorts für Kopfschütteln, weil die beiden CSS-Töchter Arcosana und Sanagate ja gerade unter der Führung Colatrellas die gesetzlichen Anforderungen zur Solvenz nicht erfüllt hatten und dies eigentlich keine gute Leadership bedeutet. Unter Schweizer Krankenkassen gab es im Jahr 2021 keine Gesellschaft, die bezüglich Solvabilität schlechter dastand als die beiden CSS-Gruppenfirmen. Es waren also Schlusslichter.

Trotzdem würdigte die «Handelszeitung» die Auserkorene: «Philomena Colatrella unterstützt die Selbstverantwortung von Versicherten, gleichzeitig wünscht sie sich jedoch auch mehr Effizienz in der Gesundheitsbranche.»

Hintergründe im Dunkeln

Last, but not least gibt es nun auch die Krankenkasse Compact nicht mehr, die zur Sanitas-Gruppe gehörte. «Ab 1. Januar 2022 werden die Versicherten der Compact Grundversicherungen AG unter der Sanitas Grundversicherungen AG geführt», teilte die Gruppe mit. Bei Compact Basic bekämen Versicherte, welche die Grundversicherung mit freier Arztwahl abgeschlossen hätten, ein gleichwertiges Sanitas-Produkt, teilte die Krankenkasse zur Übernahme mit. Über die Gründe für den Zusammenschluss erhalten die Kundinnen und Kunden allerdings keine ausreichenden Angaben.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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2 Meinungen

  • Portrait_Josef_Hunkeler
    am 20.04.2022 um 11:46 Uhr
    Permalink

    Diese Kassen wurden zur Prämiendiversifikation gegründet. Der neue Risikoausgleich macht diese Option weitgehend uninteressant. Ergo, der administrative Mehraufwand zur Prämienoptimierung rentiert nicht mehr und wird abgeschaft.

    In der Mutuelle gab es immerhin einmal 16 unterschiedliche Kassen, bzw. noch mehr Prämienmodelle.Die grossen Deutschschweizer Kassen – mit demographisch stark alterslastigen Strukturen – wollten da mithalten und schufen ihre eigenen Tiefprämienkassen. So konnten sie die EDI-Vorschriften nach homogener Prämienstruktur weitgehend «umschiffen». Die «welsche» Ausnahme aus Martigny wurde relativiert.

  • am 20.04.2022 um 19:10 Uhr
    Permalink

    die gründung dieser tochterkassen war sowieso nur auf risikoselektion ausgelegt. die hätten gar nie bewilligt werden sollen.

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