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Peter Morici, Wirtschafts-Professor an der Universität von Maryland © fox

USA werden wie Russland ein Staat der Oligarchen

Prof. Peter Morici, The Globalist /  Die Korruption zwischen Konzernbesitzern und US-Regierung grassiert und fördert riesige Ungleichheit von Vermögen und Einkommen.

US-Politiker geben vor, die Armen und den Mittelstand zu unterstützen. Tatsächlich aber hängen sie am Tropf der Superreichen.
Das wirtschaftliche Ungleichgewicht innerhalb der USA erweist sich als zentrale politische Herausforderung des 21. Jahrhunderts.
Senator Bernie Sanders (Independent-Vermont) stellte kürzlich der Präsidentin der Federal Reserve, Janet Yellen, eine pointierte Frage: «Sind wir noch eine kapitalistische Demokratie – oder sind wir bereits zu einer oligarchischen Gesellschaftsform übergegangen, in der unglaubliche wirtschaftliche und politische Macht in den Händen der Klasse der Milliardäre liegt?» Yellen wich aus und sagte, sie wolle keine Etiketten anhängen, aber Sanders hatte einen wunden Punkt getroffen.
Die russische Oligarchie hat zwei hervorstechende Eigenschaften. Die Regierung benutzt deren Macht um den Markt zu regulieren und den Reichtum in der Hand von wenigen Einflussreichen zu konzentrieren, während die Mehrheit seiner Bürger verglichen mit westlichen Standards arm ist.
Von der US-Regierung gebilligte Monopole
Doch in den vergangenen Jahrzehnten hat auch die US Regierung die Monopolisierung verschiedener Industriezweige ermöglicht, so unter anderen von Konzernen des Kabelfernsehens und des high-speed Internets, von Konzernen im Banken- und im Gesundheitswesen. Wie kam das? Ganz einfach, indem sie ihre kartellrechtlichen und regulatorischen Machtbefugnisse nicht zur Eindämmung missbräuchlicher Praktiken eingesetzt hat.
Ein Beispiel: Comcast hat ein Monopol für den Zugang zu den IT Diensten der meisten Haushalte in den USA. Jedes Jahr erhöht sie die Gebühren für Kabelfernsehen kombiniert mit high-speed Internet stärker als die Teuerungsrate steigt. Weshalb kann Comcast dies tun? Weil die Bundesregierung es lokalen Behörden nicht erlaubt, die Gebühren für Breitband- und Kabelanschlüsse auf gleiche Weise festzulegen wie jene für Wasser und Elektrizität.
So zieht Comcast das Land über den Tisch
Die Gebührenordnung von Comcast macht es für die Abonnenten schwierig, nur den high-speed Internetanschluss zu kaufen und Unterhaltungssendungen via Internet davon unabhängig zu beziehen.
Um dieses bereits massiv manipulierte Geschäftsmodell noch zu erweitern, will Comcast nun «Time Warner Cable» für 45 Milliarden Dollar übernehmen. Ihr Ziel ist die Errichtung eines virtuellen nationalen Monopols, das ihr einen enormen Vorteil in den Verhandlungen mit den Providern von Inhalten geben würde, zum Beispiel ESPN, Turner und Fox, und dies obwohl NBC bereits im Besitz von Comcast ist.
Kurz und gut, Comcast verwandelt eine Dienstleistung des Service public in einen internationalen Mediengiganten auf dem Buckel von Abonnenten, die zu viel bezahlen. Trotzdem werden die amerikanischen Kartellbehörden wahrscheinlich die Übernahme bewilligen, denn Comcast hat ‹enge Verbindungen› zum Weissen Haus von Obama.
Mit anderen Worten, wir haben hier in den Vereinigten Staaten eigentlich unsere eigenen groben Gesetzesverstösse à la Putin. Wo die bevorzugten Wenigen mit Beziehungen zum ‹Thron› besser behandelt werden als wir übrigen. Und dies ist im Fall der USA – traurigerweise – ein Sport beider Parteien. Keine Partei besteht heute auf dem Nachweis einer sauberen Haushaltführung.
Insiderhandel für die Wohlhabenden
In ähnlicher Weise verursachen die Dodd-Frank Finanzreformen dermassen hohe Regulierungskosten, dass kleine Banken an grössere verkauft werden müssen. In der Folge solcher ‹Schnäppchen› sind Kredite für KMU und Hypotheken schwieriger zu bekommen und das Grosi bekommt keinen anständigen Zins auf seinem Sparkonto.
Gleichzeitig genehmigen sich die Kader der Grossbanken enorme Boni. Was aber noch wichtiger ist, sie leisten auch grosszügige Spenden an politische Kandidaten. Sie wissen wie man die richtigen Räder schmiert.
Des Weiteren hat Obamacare viele lokale Märkte für Krankenversicherung und Spitalpflege praktisch monopolisiert. Dies untergräbt nicht nur den freien Markt sondern gibt den Pharmafirmen eine noch stärkere Position um höhere Medikamentenpreise zu verlangen als in praktisch allen Ländern Europas.
Um die grosse Masse einzuseifen, haben die Politiker in Washington fast 50 Prozent der Wähler von Einkommenssteuern befreit und bieten subventionierte Gesundheitsdienste, Lebensmittelgutscheine und Steuererleichterungen für Amerikaner mit tiefem Einkommen.
Das Kaninchen aus dem Hut
Dies sind alles Machenschaften zum Stimmenkauf, die mit den Steuern der besser verdienenden Amerikaner bezahlt werden. Aber diese Politiker wären nicht Politiker wenn sie nicht noch ein echtes Kaninchen aus ihrem Hut zaubern könnten.
Als Wiedergutmachung befreien sie geschickt jene an der Spitze des einen Prozents – die Oligarchen in den Kommunikations-, Finanz- und anderen Industrien – von den hohen Steuern. Diese werden oft in Optionen auf Aktien bezahlt, welche dank einer eigenartigen Form des Einverständnisses beider Parteien weiterhin mit viel tieferen Kapitalgewinnsteuern belastet werden.
Kein Wunder dass eine kürzlichen Umfrage der WallStreet ergab, dass die Mehrheit der US-Amerikaner glauben, das wirtschaftliche und politische System funktioniere zu ihrem Nachteil.
Die Korruption in Washington – schändlicherweise nach dem Muster von Vladimir Putin – fördert die Ungleichheit in den USA und senkt das Familieneinkommen.
Politiker geben vor, grosszügig zu sein – indem sie den einfachen Wählern Steuerfreiheit, subventionierte medizinische Versorgung und andere Vergünstigungen gewähren. In Tat und Wahrheit greifen sie ihnen jedoch in die Tasche und übergeben das Land an die Oligarchen.

Übersetzung aus dem Englischen von Barbara Stiner. Original-Artikel im «The Globalist» vom 13.5.2014.

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Peter Morici ist Professor für International Business an der University of Maryland in College Park. Er hat 18 Bücher und Monographien geschrieben, u. a. "Reconciling Trade and the Environment in the World Trade Organization (Vereinbarkeit von Handel und Umwelt in der WTO) "Labor Standards in the Global Trading System" (Arbeitsrichtlinien im Welthandelssystem) und "Antitrust in the Global Trading System: Reconciling U.S., Japanese and EU Approaches." (Kartellrecht im Welthandelssystem: Vereinbarkeit der Ansätze der USA, Japans und der EU).

Zum Infosperber-Dossier:

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7 Meinungen

  • am 19.05.2014 um 12:39 Uhr
    Permalink

    Noch viel, viel, viel Arbeit, um gegen die unverschämten Reichen anzukämpfen.

  • am 19.05.2014 um 16:41 Uhr
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    auf Empfehlung habe ich einen Vortrag um ca. 1914 von Rud. Steiner gelesen (leider nicht kopiert). Er schrieb, dass um die Jahrtausendwende etwas von den USA nach Europa kommen werde, mit einem freundlichen Antlitz aber es sei B�ses. Aus den USA kamen die exorbitanten Boni, die Gaunerei mit sog. verbrieften Hypotheken, die Rettung von Banken mit Steuergeldern, der Missbrauch des US-$ als Reservew�hrung zur Finanzierung von US-Kriegen und zur Anh�ufung von Schulden welche nie mehr zur�ckbezahlt werden. Mir muss keiner erz�hlen, dass die L�hne (Sal�r Boni) wie sie bei den Grossbanken heute immer noch �blich sind ordentlich verdientes Geld sind. Sie sind Gift f�r den sozialen Zusammenhalt auf den unser Land angewiesen ist.
    PS: ich war 40 Jahre Unternehmer.

  • am 19.05.2014 um 21:38 Uhr
    Permalink

    Guter Artikel, aber falscher Titel! Die USA werden nicht wie Russland ein Staat der Oligarchen, die USA sind längst ein Staat der Oligarchen, die Oligarchen sind aber nicht nur in der Wirtschaft und Hochfinanz zu finden, sondern überall in den USA, «everywhere", auch im Parlament und im Justizdepartement. Flüchte sich wer kann!

  • am 20.05.2014 um 01:39 Uhr
    Permalink

    Genau, Eisenhower warnte vor über 50 Jahren… Ist diese Tatsache mal akzeptiert und die Diskussion dreht sich nicht mehr um Demokratie vs Verschwörung, stellt sich die Frage, welche der Oligarchen arrangiert sich besser mit dem Volk. Das Irrwitzigste wäre, wenn die Oligarchen beider Parteien am selben Strang ziehen.

  • am 20.05.2014 um 12:29 Uhr
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    Was enorm Sorgen macht: Immer mehr «kleinere» Konfliktherde drohen sich zu einem ganz Grossen Konfliktherd zu vereinigen:

    http://www.spiegel.de/politik/ausland/flugzeugabsturz-in-laos-verteidigungsminister-verunglueckt-a-969942.html

    http://www.spiegel.de/politik/ausland/kriegsrecht-in-thailand-armee-bezieht-position-in-bangkok-a-970375.html

    http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/geostrategie/tyler-durden/-ein-konflikt-zwischen-china-und-vietnam-steht-unmittelbar-bevor-china-zieht-soldaten-panzer-und.html;jsessionid=3C5B7546C735CED8CEA6085AED28FE42

  • am 20.05.2014 um 12:53 Uhr
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    Der ganze Gürtel zwischen der Ukraine bis Vietnam brodelt:
    – was in der Ukraine läuft wissen wir
    – In der Türkei fehlt auch nicht mehr viel
    – der Irak ist seit Jahren ein Kolfliktherd
    – Saudia Arabien kommt eine spezielle Rolle zu
    – Afghanistan …
    – Pakistan: Drohnenkriege..
    – Indien: Wie geht es weiter mit den Hindu-Nationalisten
    – Thailand: jetzt Kriegsrecht
    – Vietnam: China zieht an der Grenze Soldaten, Panzer zusammen…

    – auf dem afrikanischen Kontinent könnte man die Konfliktherde fortsetzen.

    Wie endet das? Und soll doch keiner sagen, das seien Bewegungen aus dem Volk, die sich derart radikalisieren und mit dem Umfeld eskalieren. Um zum Thema zurückzukommen: Welche Entwicklung kommt welchen Oligarchen zu Gute?

  • am 20.05.2014 um 13:36 Uhr
    Permalink

    Man könnte vermuten, dass sich Russland und China bald hinter der gleichen Kofliktlinie wähnen könnten und wir auf der anderen Seite derselben sind, hinter einer anderen Konfliktlinie, die sich langsam aber sicher auf dem afrikanischen Kontinent formiert.

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