Sperberauge
SBB bestrafen Zweitklass-Gäste anstatt ihr Angebot anzupassen
Die SBB wollen den Preis des Generalabonnements der zweiten Klasse um 4,8 Prozent um 220 Franken erhöhen, dasjenige der ersten Klasse aber nur um 1,9 Prozent. Offizielle Begründung: Die Wagen der ersten Klasse seien weniger besetzt als diejenigen der zweiten Klasse. Es wäre deshalb zu begrüssen, wenn mehr Leute ein Abonnement der ersten Klasse beziehen.
Die Bahnfahrenden sollen sich also dem Wagenangebot der SBB anpassen und nicht etwa umgekehrt. Andere Unternehmen müssen ihre Angebote den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden anpassen. Das würde im Fall der SBB heissen: weniger Wagen der ersten Klasse und mehr Wagen der zweiten Klasse anbieten. Dann wären die Wagen der ersten Klasse wieder wie gewünscht besser besetzt und in den Wagen der zweiten Klasse hätte es wieder etwas mehr Platz.
Entsprechend kritisch reagiert die Stiftung für Konsumentenschutz SKS: Sie verlangt, dass die Preise der zweiten Klasse nicht stärker erhöht werden als diejenigen der ersten Klasse.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Der Autor fährt mit einem Generalabonnement der zweiten Klasse.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Nach vielen Jahrzehnten des SBB-commutings, bin ich schon seit Jahren nicht mehr SBB gefahren, da die Grenzkosten/km nun beim Auto tiefer sind. Das Auto brauchen wir auf jeden Fall, wegen unserer Lage und für grössere Transporte, also ist es korrekt, nur die Grenzkosten zu berücksichtigen.
Nun werden also die 2.-Klasspassagiere in die 1. Klasse oder direkt auf’s Auto umgelagert und die 1. Klasspassagiere verlieren an Raum und haben meist auch ein Auto zum Ausweichen.
Die SBB wollen keine neuen Angebote machen, da die Einzelfahrten stark zugenommen haben. Ich bin dafür dass wir den Regionalverkehr wie in Deutschland mit einem Monatsabo für zB. CHF 59 schweizweit nutzen könnten. Sozial und gerecht. Wäre sicher such ein günstiger Beittrag zur CO2-Reduktion.
Und wer bezahlt’s? Einfach alle Kosten ’sozialisieren› und verstecken sollte auch in eine sozialen Marktwirtschaft keine Lösung sein. Mobilität soll durchaus kosten – und zwar mehr als die berühmt-berüchtigten 9 EUR Abos.
Ich denke, Sie sprechen mit Ihrer Aussage genau den wunden Punkt an. Einst waren die Bundesbetriebe wie SBB und auch die PTT staatliche Betriebe mit dem Ziel, im Dienste der Bevölkerung zu operieren. Solche Ziele wurden nun offensichtlich durch das Bestreben nach grenzenloser Profitabilität ersetzt. Abbau des Service Public wenn immer es geht und Managerlöhne in Millionenhöhe, Speisewagen mit 1-st Class Preisen und 3-rd Class Service, etc.
Politiker unterstützen dies oder schauen weg…warum eigentlich?
Sehr wichtig ist, dass das Ticket-System möglichst einfach bleibt. Eine Angebotsvielfalt schreckt von der Benützung des öV ab.
Sie schreiben: «Die Bahnfahrenden sollen sich also dem Wagenangebot der SBB anpassen und nicht etwa umgekehrt. Andere Unternehmen müssen ihre Angebote den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden anpassen.»
Wer’s glaubt. Leider ist «der Markt» oft eine Fatamorgana. Beispiel Wohnenlärm (indoor und outdoor): Zitat Beobachter (9.10.2000): An einer schweren Herzkrankheit leidet der Rentner Hans G. Immer wieder reissen ihn Gespräche, Gelächter oder knallende Autotüren aus dem Schlaf. Für die Ärzte ist klar: Ausgelöst wurde die Krankheit durch die «lärmbedingten dauernden Schlafstörungen».
Ich recherchiere seit Jahren dazu; meines Wissens gibt es in der ganzen Schweiz keine einzige Mietwohnung mit Stille-Garantie (primär Indoor-Lärm), OBWOHL das gemäss meiner Forschung sehr leicht verwirklichbar wäre und OBWOHL der Beobachter 9.10.2000 schrieb: Für eine ruhigere Wohnung würden 54 Prozent der Befragten einen höheren Mietzins bezahlen – in der Regel zwischen 200 und 500 Franken mehr pro Monat.
Jahrelang – etwa von 1970 bis mindestens 1985 – kostete bei den SBB die 1. Klasse durchgehend 50% mehr als die 2. Klasse, also das 1,5-fache. Klassenwechsel kostete genau die Preisdifferenz. Irgendwann wurde dies geändert in einer Art und Weise, die ich nicht durchschaue, und aus Gründen, die ich ebenso wenig durchschaue. Die 1. Klasse kostet z.Zt. ca. 67% mehr als die 2. Klasse, nicht immer und überall gleichviel, alles ziemlich intransparent. Mich erstaunt nicht, dass auch die BWL- und Marketing-Erbsenzähler bei der SBB jetzt merken, dass das nicht gut funktioniert. Dieser Schritt war überfällig. Ich hoffe sehr, dass dies nicht nur die GA betrifft, sondern auch die Billetpreise. Ich hoffe auch, dass diesem Schritt weitere Schritte folgen werden um die alte Klarheit wieder herzustellen. Die ungleiche Auslastung der Klassen ist das Ergebnis eines jahrelang falschen Preis-Verhältnisses, das jetzt zu Recht etwas zurechtgerückt wird.
Erhellendes Beispiel zu SBB-Kunden(un)freundlichkeit/»Klassenkampf»:
Interpellation «SBB. Ruhewagen auch in der zweiten Klasse» von EVP-Nationalrat Ruedi Aeschbacher, und Antwort Bundesrat/SBB:
https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20094326
Meines Wissens war den SBB der Schutz Ruhesuchender (obwohl nur ein Abteil im ganzen Zug) es nicht wert, versus Randalierer, weil sie mit Bahnpolizei hätten «aufräumen» müssen. Setzt SBB es in der 1. Klasse durch? In der 2. Klasse kann man Extremlärm erleben, oft ohne Zugspersonal, und wenn doch, hilft es? Züge und Wohnblöcke als Spiegel der Gesellschaft. Mir tun bloss die Unschuldigen/Vulnerablen leid. Ausweglosigkeit als Kennzeichen unserer Zeit? Ich finde es eine «Glosse des Grauens»: https://www.tagesanzeiger.ch/zugfahrt-des-grauens-160198541059
Gegenkommentar von Manuel H.: Ruheabteile sind oft die bestbesetzten in der 1. Klasse! (…) Ich reise OFT im Ruhewagen: ein Segen, wenn sich alle daran halten!