Sperberauge
Pharma-Experten von McKinsey dienten zwei Herren
McKinsey verschwieg nicht nur einen offensichtlichen Interessenkonflikt in den USA, sondern verkaufte ihn sogar als Vorteil. Das wirft ein schlechtes Licht auf eines der weltweit bekanntesten Consulting-Unternehmen.
Dass ein grosses Consulting-Unternehmen gleichzeitig Kunden betreut, die geschäftlich miteinander zu tun haben, mag häufiger vorkommen. Dass dieselben Personen gleichzeitig für beide arbeiten, ist schon eher aussergewöhnlich. Speziell wird es dann, wenn einer der beiden Kunden eine Regierungsbehörde ist.
Gleichzeitig für Pharma und Genehmigungsbehörde aktiv
Konkret arbeitete Jeff Smith, Teilhaber bei McKinsey, im Dezember 2017 bereits an einer Umstrukturierung der US-Behörde FDA (Food and Drug Administration), als er einen Auftrag von Purdue Pharma übernahm, berichtet die «New York Times»..
Das mittlerweile insolvente US-Unternehmen Purdue Pharma, das massgeblich zur verheerenden Opioid-Krise im Land beigetragen hat, steckte in Schwierigkeiten. Der Pharmakonzern, der mit dem Schmerzmittel Oxycontin Hunderttausende abhängig gemacht hatte, wollte sein Geschäft umgestalten. Smith traf sich in Folge mehrmals mit Führungskräften des Unternehmens.
Das heisst, Smith und sein Team arbeiteten gleichzeitig mit einem angeschlagenen Pharmahersteller und der Behörde, die in den USA neue Medikamente genehmigt. Das geht aus Dokumenten hervor, die ein Ausschuss des US-Parlaments bei McKinsey angefordert hatte.
Auch andere Pharmaunternehmen betroffen
Seit 2010 arbeiteten demnach mindestens 22 Berater sowohl für Purdue als auch für die Regulierungsbehörde FDA. In einem E-Mail an Purdue 2014 warb ein Berater sogar damit, dass man auch mit der FDA zu tun habe. Mitarbeiter von McKinsey waren dabei auch an der Gestaltung von Dokumenten beteiligt, die für Regierungsbehörden bestimmt waren.
Solche Interessenkonflikte gab es auch bei Beratungs-Aufträgen für andere Pharmaunternehmen. Dieselben McKinsey-Leute, die für Pharmakonzerne tätig waren, arbeiteten wiederholt auch für die FDA.
Die «New York Times», die die Arbeit McKinseys mit Purdue schon vor zwei Jahren kritisiert hatte, hebt besonders die enge Zusammenarbeit von McKinsey mit dem damaligen Minister für Gesundheit und Humandienste, Alex M. Azar, hervor.
Hinweise auf die Vernichtung von Dokumenten
Besonders wohl scheint es den McKinsey-Beratern bei der Arbeit mit Purdue nicht gewesen zu sein. Es gibt Hinweise darauf, dass bei der Unternehmensberatung Dokumente vernichtet wurden, als sich der Konkurs von Purdue Pharma abzeichnete.
McKinsey betont, dass Berater vertrauliche Informationen eines Kunden generell nicht an andere mit konkurrierenden Interessen weitergeben dürfen. Da man die FDA nicht bei regulatorischen Entscheidungen oder speziellen Pharmaka beraten habe, sehe das Unternehmen keinen Interessenkonflikt, sagte ein Sprecher.
Eine parteiübergreifende Gruppe von US-Abgeordneten sieht das anders. McKinsey habe es versäumt, seine Arbeit mit Opioidherstellern gegenüber der Behörde offenzulegen, obwohl das Unternehmen die FDA «in Fragen im Zusammenhang mit Opioiden» beraten habe. Die FDA erfuhr davon erst 2021. Mehrere demokratische Senatoren forderten eine Untersuchung.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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