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Aus einer Ölraffinierie wie dieser in Texas können riesige Mengen Methan entweichen. © Depositphotos

Methan, das Gas, das kaum jemand sucht

D. Gschweng /  Methan ist als Klimagas etwa 30-mal so wirksam wie CO2. Der weltweite Methanausstoss liesse sich aber bremsen.

Das Klimagas Methan ist 20- bis 30-mal klimawirksamer als Kohlendioxid, aber relativ kurzlebig. Nach 20 Jahren ist es weitgehend verschwunden. Methanemissionen zu reduzieren wäre ein gutes Mittel, um die Erderwärmung schnell zu bremsen.

Dafür spricht die Tatsache, dass ein grosser Teil der in den letzten Jahren steigenden globalen Methanemissionen nicht wie gedacht natürlichen, sondern menschengemachten Ursprungs ist. Aus Permafrostböden und geologischen Quellen entweicht viel weniger Methan als bisher angenommen, haben Forscher der Universität Rochester unlängst nachgewiesen. Dazu analysierten sie winzige Luftblasen in Eisbohrkernen mittels Isotopenanalyse.

Gegen Lecks in der Öl- und Gasverarbeitung liesse sich vieles tun

Warum die grosse Methan-Apokalypse aus dem Permafrost oder dem Meeresboden sehr wahrscheinlich ausbleibt, legt der Blogger und Journalist Lars Fischer ausführlich dar. Dafür, dass grosse Mengen Methan auf einmal in die Atmosphäre gelangen, sind die zugrundeliegenden Tauprozesse zu langsam.

Menschengemachte Methanemissionen stammen aus der Land- und Viehwirtschaft und aus Mülldeponien. Bei der Förderung und Verarbeitung von Kohle, Gas und Öl wird ebenfalls viel Methan frei. Die grössten Methanemissionen verursachen Länder, in denen Kohle, Öl und Gas gefördert und verarbeitet werden, darunter China, die USA, Indien, Russland oder auch der Iran.

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Ein Viertel aller menschengemachten Methanemissionen stammt aus der Öl- und Gasindustrie.

Gegen das Abfackeln von Gas bei der Ölförderung, gegen Lecks in Pipelines, gegen undichte Anlagen und gegen Entlüftungsvorgänge, bei denen Methanwolken frei werden, liesse sich schnell vieles tun.

Wenn man es denn täte. Dass das nicht geschieht, hat im Wesentlichen zwei Gründe. Methan ist unsichtbar und geruchlos. Wenn es nicht in Kombination mit Wasserdampf auftritt, bleibt es ungesehen, selbst wenn es sich um grosse Lecks handelt. Um Lecks zu beseitigen, müssen die Betreiber von Minen, Raffinerien und Pipelines aktiv danach suchen. Das geschieht weltweit aber viel zu selten.

2018 fand ein Forscherteam mit Hilfe von Satellitendaten eines der grössten Methanlecks, das jemals in den USA verzeichnet wurde. Der Unfall am Bohrloch einer Fracking-Installation in Ohio blieb weitgehend unbeachtet. Es dauerte 20 Tage, bis das Bohrloch verschlossen war. Bis dahin hatte das Leck pro Stunde 120 Tonnen Methan abgegeben. Es wurde so viel Methan frei, wie die ganze Öl- und Gasindustrie Norwegens in einem ganzen Jahr verliert.

Das Gas, das niemand sieht und keiner sucht

Methanlecks lassen sich also durchaus finden, vermessen und lokalisieren. Die Petrochemie der USA ist nach einer Schätzung der NASA die Quelle für ein Drittel des Anstiegs von Methan in der Erdatmosphäre. Einer der Gründe ist nach Einschätzung von Fachleuten der Fracking-Boom der letzten Jahre. Russland verliert nach einer Schätzung jedes Jahr so viel Gas, wie Frankreich oder Spanien im Jahr verbrauchen.

Bei einer Analyse von Methanquellen im US-Bundesstaat Kalifornien stellte die NASA fest, dass ein Drittel der per Flugzeug lokalisierten Methanquellen «Super-Emitter» und die Ursache für einen Grossteil des Methan-Ausstosses sind. Diese 50 vermessenen Einzelquellen sind grösstenteils Mülldeponien, gefolgt von Viehställen und Einrichtungen der Öl- und Gasindustrie.

Mit Infrarot sichtbar gemacht

Mit Hilfe von Infrarot-Technik lässt sich Methan sogar im Video sichtbar machen. Die «New York Times» (NYT) hat im Dezember 2019 mit einer Infrarotkamera in kurzen Videos Methanlecks in einem Ölfeld in Texas visualisiert. Der Artikel «It’s a Vast, Invisible Climate Menace. We Made It Visible.» zeigt anschaulich, wie unauffällig Methan-Lecks in technischen Anlagen sind und wie wenig sie beachtet werden.

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Mit einer Spezialkamera machten Journalisten der NYT Methanwolken in Texas sichtbar. Im Bild dasselbe Gebäude mit und ohne Infrarotkamera

In einem Fall bedankten sich die Betreiber der lecken Anlagen bei den Journalisten und sicherten Reparaturen zu. Das Leck meldeten sie nicht. In einem anderen Fall waren die Betreiber nicht erreichbar, das Unternehmen hatte eben Konkurs angemeldet.

Im texanischen «Permian Basin» (Permisches Becken), wo die «New York Times» recherchiert hat, produzieren die USA einen grossen Teil der Öl- und Gasausbeute des Landes. Dutzende Firmen bohren dort nach Öl. Hinter ihnen stehen die grossen globalen Ölunternehmen – eine einflussreiche Lobbygruppe, die sich seit Jahren bemüht, die Regulierungen betreffend Lecks möglichst klein zu halten. Unternehmen, die Lecks haben und auch melden, müssen keine Bestrafung fürchten.

Trump plant Lockerung der Gesetze

Im «Permian Basin» wimmele es von Lecks, berichtete auch die «WOZ» in einer Reportage. Würden diese von Einwohnern gemeldet, geschehe meist nichts. Wie auch in anderen Ländern wird Erdgas, das bei Ölbohrungen entweicht, auch dort einfach abgefackelt, statt dass es aufgefangen und in seine Bestandteile getrennt wird, um das Methan darin auffangen zu können. Für Natur und Einwohner der umliegenden Gebiete hat das teilweise einschneidende Folgen (siehe auch Infosperber «Ecuador: Wo sich der Tod fauchend in die Körper frisst»).

In diesem Jahr könnten Gesetze, die vorsehen, dass US-Unternehmen ihre Anlagen monitoren und Lecks beseitigen müssen, sogar gelockert werden. In öffentlichen Statements stellen sich Chevron, Exxon und Shell jedoch hinter strengere Regulierungen. BP hat angekündigt, bei neuen Projekten Sensoren und Drohnen einzusetzen, um Lecks zu lokalisieren.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.


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Zum Infosperber-Dossier:

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8 Meinungen

  • am 7.04.2020 um 11:36 Uhr
    Permalink

    Es gibt keine «Klimagase». Dieser Begriff wurde von den Klima-Alarmisten erfunden und existiert in der Naturwissenschaft nicht. Auf jeden Fall ist er selbst unter den Fachleuten sehr umstritten.

  • Portrait_Josef_Hunkeler
    am 7.04.2020 um 16:13 Uhr
    Permalink

    Ich glaubte, die Energiegewinnung in Giseniye basiere auf dem natürlichen Methanvorkommen im Kivu-See. wir wollten damals die Auswertung dieser Resourcen nicht auf den kommerziellen Transport ausweiten, weil Methanexplosionen doch zu sehr unschönen Resultaten geführt haben.

    Immerhin hat das Gas während Jahren für Strom in Ruanda gesorgt und auch die [lebenswichtige] Brauerei mit Energie vesorgt.

  • am 7.04.2020 um 18:51 Uhr
    Permalink

    Methan, das Gas, das viele Stuben wärmt!
    Methan (CH4), «Das farb- und geruchlose, brennbare Gas kommt in der Natur vor und ist der Hauptbestandteil von Erdgas. Es dient als Heizgas und …» (Zitat aus de.wikipedia.org/wiki/Methan). Jede Erdgasleitung, jede Gasheizung und jede Gas-Industrieanlage, die ein wenig leckt, müsste also dicht gemacht werden. Es fragt sich bloss, ob bei kleinen Lecks die Erdgas-Versorger in der Schweiz oder anderswo überhaupt gewillt sind diese undichten Stellen zu finden und zu schliessen.

  • cropped-CHRISTOPH_MG_9177-bearb.png
    am 8.04.2020 um 23:47 Uhr
    Permalink

    Wenn Methan etwa 30-mal klimaschädlicher ist als CO2 würde mich – um das Ganze auch einordnen zu können – noch interessieren, in welchem Verhältnis der menschgemachte Methanausstoss zum menschgemachten CO2-Ausstoss steht. Könnten Sie uns hierzu noch Zahlen nachliefern, Frau Gschweng?

  • DSCF8389
    am 9.04.2020 um 08:15 Uhr
    Permalink

    Gerne.

    Nach Messungen der NOAA betrug der Anteil von CO2 in der Atmosphäre im Januar 2020 412,3 ppm (parts per million, das heisst, von einer Million Luftmolekülen ohne Wasserdampf waren 412,3 CO2). Ein Jahr zuvor waren es 409,67 ppm.

    Der Anteil an Methan lag im Dezember 2019 bei 1,87 ppm (2018: 1,86 ppm), besser ausgedrückt 2019: 1875 ppb (parts per billion) und 2018: 1866 ppb. Das sieht wenig aus, ist aber ein bemerkenswerter Anstieg.

    Im Zeitverlauf ergibt das zwar einen Monat Versatz, aber es kommt hin.
    https://www.esrl.noaa.gov/gmd/ccgg/trends_ch4/

    Der menschengemachte Anteil von CO2 wird auf vier Prozent, der von Methan auf auf 50 bis 65 Prozent geschätzt.

  • am 9.04.2020 um 10:42 Uhr
    Permalink

    Ergänzung: «Methan ist ein geruch- und farbloses, hochentzündliches Gas. Die durchschnittliche Lebenszeit in der Atmosphäre beträgt um die 12,4 Jahre, wesentlich kürzer als die von CO2. Trotzdem macht es einen substanziellen Teil des menschgemachten Treibhauseffektes aus, denn das Gas ist 25-mal so wirksam wie Kohlendioxid.06.06.2019"

  • DSCF8389
    am 9.04.2020 um 11:23 Uhr
    Permalink

    Guten Tag Herr Lütold, stimmt. Die Schätzungen der Schädlichkeit gingen im vergangenen Jahr nach oben. Das liegt daran, dass die Berechnung der Schädlichkeit komplexer ist, als man annehmen könnte. Sie hängt unter anderem davon ab, welche Effekte berücksichtigt werden und für welchen Zeitraum. Nachzulesen z.B. hier:
    https://www.sueddeutsche.de/wissen/erdgas-heizung-methan-1.4655930

  • am 30.07.2021 um 14:22 Uhr
    Permalink

    Die Qualität einer Wertung hängt unter anderem davon ab,
    was einerseits MITGETEILT wurde-
    was andererseits VERSCHWIEGEN wurde.

    Zu beanstanden habe ich zu DIESER «Information, dass «sichere Werte» mitgeteilt werden, die «daneben liegen», wie:

    die von Frau Gschweng behaupetet «Über-Lebenszeit» von Methan in der Atmosphäre von GENAU 12,4 Jahren — ich fand dagegen mehrfach NUR den Wert von ETWA 5 Jahren—
    also Fehl-Information
    UND Voräuschung eines exakt ermittelten Wertes

    auch behauptet Frau Gschweng , dass Methan GENAU 25 mal wirksamer als Kohlendioxid sei. Tatsächlich existieren aber Schätzwerte zwischen 20 und 30-facher Wirksamkeit.
    also Vortäuschung eines exakt besimmbaren Werts

    zur «Über-Lebensdauer von Methan» gibt Frau Gschweng GENAU 12,4 Jahre an.
    Wer sucht, findet aber fast überall GESCHÄTZTE 5 Jahre
    Also zum 3. mal Vortäuschung eines exakt ermittelten Werts.

    Wer DREI MAL TÄUSCHT,
    sehr geehrte Frau Gschweng,
    dem glaube ich künftig fast NICHTS mehr !

    Wolf Gerlach, Ingenieur

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