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Regierungsrat Markus Kägi. Als Axpo-Verwaltungsrat im Dienste von Atomkraftwerk-Betreibern © zvg

Leuthard ernennt Beirat voller Strom-Lobbyisten

Thomas Angeli /  Der Beirat soll «grundlegende Fragen» für eine «Energiestrategie 2050» erörtern. Es lohnt sich, die Mitglieder näher anzusehen.

In der Kategorie Wirtschaft listet das Generalsekretariat des UVEK als erstes Rolf Soiron als Vertreter von Economiesuisse auf. Mit seinen Mandaten als Verwaltungsratspräsident der Holcim Holding und der Lonza Group repräsentiert er die Strom-Grossverbraucher. Das Interesse an – teurerem – Strom aus erneuerbaren Quellen hält sich in diesen Kreisen bekanntlich in engen Grenzen.
Gewerbeverband und Nuklearforum
Das gilt auch für den Schweizerischen Gewerbeverband, vertreten durch Henrique Schneider, der dort das Ressort Wirtschaftspolitik, Energie und Umwelt leitet. Der Gewerbeverband setzte sich bis zur Atomkatastrophe in Fukushima für den Bau von neuen AKWs ein. Schneider ist zudem Vorstandsmitglied bei der Lobbyorganisation Nuklearforum.
Alpiq, Axpo, BKW, CKW, EGL, EWZ und Repower
Peter Grüschow sitzt für Swissgrid, die nationale Netzgesellschaft, im Beirat und vertritt damit die Interessen von Alpiq, Axpo, BKW, CKW, EGL, EWZ und Repower, die 100 Prozent des Swissgrid-Aktienkapitals halten.
Claude-Alain Margelisch ist Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung. Deren Position in Energiefragen ist weitgehend unbekannt.
Zwei kritische Wissenschaftler
Interessant sind die Wissenschaftler im Beirat. ETH-Professor Konstantinos Boulouchos etwa arbeitet seit Jahren an der Entwicklung von «zero emission»-Systemen, insbesondere im Bereich Mobilität. Laut ETH-Steckbrief gehört auch die «Entwicklung bestmöglicher Strategien für ein von Nachhaltigkeit geprägtes globales und nationales Energiesystem» zu seinen Arbeitsschwerpunkten.
Professor Rolf Wüstenhagen leitet den GoodEnergies-Lehrstuhl für Management Erneuerbarer Energien an der Universität St. Gallen. Er plädierte schon vor Fukushima für den Atomausstieg.
Paul-Scherrer-Institut PSI
Alexander Wokaun leitet den Bereich Energieforschung am Paul-Scherrer-Institut (PSI). Neben Energieeffizienz und umweltfreundlicher Mobilität hält er die Forschung für Kernenergie für «unverändert wichtig».
WWF und Landschaftsschutz
Bei den Verbänden fallen auf der UVEK-Liste zwei Lager auf. Auf der «grünen» Seite: Hans-Peter Fricker, Geschäftsführer des WWF Schweiz, hat die Umweltorganisation auf eine pragmatische Linie gebracht und ist Kooperationen mit der Wirtschaft nicht abgeneigt. Raimund Rodewald, Geschäftsleiter der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, trägt zwar den Atomausstieg mit, kämpft aber vehement gegen zu viele Windkraftanlagen.
Nochmals Alpiq, Axpo, CKW, EGL und BKW
Auf der Seite der Wirtschaftsseite vertritt Beat Moser die Interessen von Swisselectric – womit Alpiq, Axpo, CKW, EGL und BKW (und damit der drei AKW-Betreiber) schon doppelt gemoppelt vertreten sind. Michael Frank wiederum ist Direktor des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE). Dieser findet die vom Bundesrat anvisierte Energiestrategie mit Atomausstieg «ambitiös».
Noch ein Axpo-Verwaltungsrat
Bei den Kantonsvertretern, den drei Regierungsräten Jean-Michel Cina (VS), Markus Kägi (ZH) und Beat Vonlanthen (FR) fällt vor allem der Zürcher Kägi auf: Er ist von Amtes wegen Verwaltungsrat der Axpo (Zwischenstand: 3 Mandate für den Nordwestschweizer Stromriesen) und machte sich im Dezember 2010 stark für neue AKWs und gegen ein Endlager im Kanton Zürich.
Ex-Preisüberwacher und SKS
Interessant ist auch die Kategorie «Weitere» in der UVEK-Mitteilung: Der ehemalige SP-Nationalrat Rudolf Strahm ist zwar für die Förderung von erneuerbaren Energien, warnt aber vor den Kosten des Atomausstiegs. Diese würden «meist unterschätzt», sagt er. Sara Stalder, Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz, setzt sich für eine klare Stromdeklaration und für ein Tarifmodell ein, das Stromsparen belohnt statt bestraft.
Mit Paola Ghillani ist im 18-köpfigen Gremium bloss noch eine weitere Frau vertreten. Die Vision der Strategieberaterin und ehemaligen Geschäftsführerin der Max-Havelaar-Stiftung lautet gemäss Eigendeklaration «Nachhaltiges Wirtschaften für eine bessere Welt».
Noch ein Verwaltungsrat des AKW Gösgen
Bleibt noch einer: Philipp Stähelin macht die Jassrunde der AKW-Betreiber-Vertreter komplett: Der eben abgetretene CVP-Ständerat sitzt im Verwaltungsrat des AKWs Gösgen.

Dieser Beitrag erschien zuerst im Blog des Journalisten Thomas Angeli


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Die Sicherheit Schweizer AKWs

Nach einer Katastrophe drohen Krankheiten oder Tod. Und Gebäude- und Hausratversicherungen zahlen keinen Rappen.

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