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Die Entwicklung des Cybertrucks war wohl eine gewaltige Fehlinvestition. © felixtm/Depositphotos.de

Enorme Euphorie – aber Tesla wächst nicht mehr

Christof Leisinger /  Tesla hat 2024 nicht so viele Autos verkauft wie im Vorjahr. «Die Cybertruck-Verkäufe sind ein Desaster», schreiben Beobachter.

Tesla hat 2024 weniger Fahrzeuge ausgeliefert als im Vorjahr. Der bekannte amerikanische Elektro-Autokonzern wächst also im Moment nicht mehr, obwohl das Management im vierten Quartal noch vieles unternommen hatte, um die schwachen Verkaufszahlen der ersten Jahreshälfte wettzumachen. Die umfangreichsten Kaufanreize aller Zeiten wie direkte Rabatte auf Autos, intensivierte Empfehlungsprogramme sowie kostenloses Schnellladen und Gratis-Zugang zu Tesla’s so genanntem Autopilot-Angebot sorgten zwar für ein Rekord-Quartal.

Keine Rede mehr von den hohen Wachstumsraten der vergangenen Jahre

Aber es reicht nicht für ein Plus im Jahresvergleich. Von den hohen Wachstumsraten der vergangenen Jahre kann ohnehin keine Rede mehr sein. Das hat an der Börse für einen Kursrückschlag um sechs Prozent geführt. Dort ist der Tesla-Konzern unheimlich hoch bewertet, nachdem Elon Musk in den vergangenen Monaten für enorme Phantasie gesorgt hatte. Und zwar mit der Aussicht, bald Roboter-Autos in grossen Stückzahlen auf den Markt zu bringen und damit auch die Früchte enormer Investitionen in die künstliche Intelligenz zu ernten.

Die Tesla-Aficionados glauben ihm, weil der Tesla-Gründer und -chef sich mit persönlichem Einsatz und auch monetär stark für die Wiederwahl Donald Trumps zum amerikanischen Präsidenten eingesetzt hat. Nach dessen Wahl will er nun seinen Einfluss geltend machen, um die regulatorischen Rahmenbedingungen für den Betrieb autonomer Fahrzeuge zu seinen Gunsten zu ändern.

Tesla hat in 2024 etwas weniger Autos verkauft als im vergangenen Jahr
Tesla hat 2024 etwas weniger Autos verkauft als im vergangenen Jahr. Hier gibt es eine grössere Auflösung der Grafik.

Im Oktober hatte Musk den Prototypen eines zweisitzigen, vollständig autonomen Robotertaxis mit der Bezeichnung Cybercab vorgestellt. Es sollte weniger als 30´000 Dollar kosten und ab dem Jahr 2027 auch von normalen Kunden erworben werden können. Er enthüllte auch ein grösseres Fahrzeug für den Transport von bis zu 20 Personen oder Fracht, das den Namen Robovan erhalten soll. Ein Problem ist nur, dass Musk in der Vergangenheit öfter etwas ankündigte, was dann gar nicht auf den Markt kam – oder wenn, dann deutlich später, ohne die versprochenen Leistungsmerkmale und deutlich teurer.

Das andere Problem ist, dass Teslas Kern-Autogeschäft inzwischen an Schwung verloren hat. Manche Konsumenten fühlen sich von Elon Musks politischen Rechtsruck abgestossen und meiden zunehmend die Fahrzeuge. Veraltete und schon länger nicht mehr modernisierte Modelle sind für sie ohnehin nicht mehr sonderlich reizvoll. Der Cybertruck ist in diesen Tagen das einzige moderne Modell – und das verkauft sich offensichtlich sehr schlecht.

Der Cybertruck – eine gewaltige Fehlinvestition?

«Die Cybertruck-Verkäufe sind ein Desaster», schreibt zum Beispiel Fred Lambert von der auf Elektromobilität und nachhaltige Energie spezialisierten Website Electrek. Lambert zählt üblicherweise eher zu den Teslafans. Umso bemerkenswerter ist seine kritische Betrachtung dieses Fahrzeugs. «Wir haben das Cybertruck-Programm genau verfolgt und mehrfach über Beispiele von Nachfrageproblemen berichtet, aber ich wusste nicht, dass es so schlimm ist», formuliert er seine Enttäuschung deutlich.

In seinen Augen waren die enormen Investitionen in die Entwicklung dieses Trucks und in den Aufbau von Produktionskapazitäten ein strategischer Fehler, der nun das Wachstum und die Profitabilität von Tesla bremst und belastet. Musk hätte sich stattdessen auf den Entwurf günstigerer, massentauglicher Fahrzeuge konzentrieren sollen, so Lambert.

Normalerweise wäre es an der Zeit, die Führungsebene umzustrukturieren. Aber Musk habe die volle Kontrolle über den Vorstand und eine starke Basis extrem loyaler Aktionäre, die die Aktie nicht aufgrund der besorgniserregenden Fundamentaldaten in die Höhe getrieben hätten, sondern aufgrund der Erwartung von Absprachen auf Bundesebene, nachdem Musk die Präsidentschaft gekauft habe. Das seien spannende Zeiten für einen Tesla-Reporter, ergänzt er.

Tesla verliert Marktanteile

Generell ist die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen in den USA deutlich zurückgegangen, nachdem die Verkäufe während der Pandemie stark angestiegen waren. Tesla ist zwar immer noch der grösste Verkäufer von Elektrofahrzeugen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, aber sein Marktanteil ist in den vergangenen Jahren gesunken. 43 Prozent aller in den USA verkauften Elektrofahrzeuge entfielen im November auf das Unternehmen, verglichen mit 51 Prozent im Vorjahr, zitiert das Wall Street Journal die Daten des Forschungsunternehmens Motor Intelligence.

In den Social Media tauchen beinahe schon regelmässig Berichte über versteckte Halden kaum oder derzeit nicht verkäuflicher Cybertrucks auf. Bei den anderen Modellen muss Tesla offensichtlich mit Preisnachlässen und weiteren aggressiven Verkaufsanreizen nachhelfen, um den Absatz aufrechtzuerhalten und die riesigen Fabriken einigermassen auszulasten. Skeptiker fürchten um die Profitabilität des Unternehmens.

Und das in einer Zeit, in der andere Autohersteller wie BYD in China, General Motors, Kia-Hyundai, Volkswagen und BMW an Teslas Dominanz zehren. Oft mit Modellen, die ein moderneres Design und tiefere Preise haben. BYD verkaufte im Jahr 2024 mindestens so viele Elektrofahrzeuge wie Tesla, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Im Gegensatz zu Tesla verkauft BYD auch Plug-in-Hybride, die mit Benzin und Strom betrieben werden und welche in China populär geworden sind.

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Tesla ist an der Börse immer wieder für Überraschungen gut. Hier gibt es eine grössere Auflösung der Grafik.

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5 Meinungen

  • am 5.01.2025 um 10:56 Uhr
    Permalink

    Gibt es irgendeine interne Weisung, dass sich jetzt praktisch alle IS Journis an Musk/Trump abarbeiten? Es gäbe so viel was in der Welt passiert, wo es sich lohnen würde darüber zu berichten. Kongo, Sudan, Südkorea, Ampelaus, Österreich etc.
    Hier ist unterdessen jeder 2. Artikel über Trum&Musk,klar könnte dies problematisch werden, aber die Verbissenheit erstaunt doch etwas, denn dadurch gehen viele wichtige Themen unter und ich denke es wird auch ein wenig am Publikum vorbeigeschrieben. Dass sich der Mainstream auf dieses Duo sich eingeschossen hat,geschenkt, aber hier erstaunt es mich dennoch.
    Wie schon andere geschrieben haben,man könnte auch einen Artikel mal schreiben, der sich G.Sorros annimmt und seine Einmischung, über das WEF das schon bald wieder stattfindet oder über B.Gates.So viele Reiche,die sich in die Politik der Welt einmischen,die Fixierung auf Musk ist recht einseitig. Henu,macht wie ihr wollt,wollte nur meine anhaltende Verwunderung ausdrücken.

    • am 5.01.2025 um 23:56 Uhr
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      Ich pflichte meinem vorkomentar bei…seit der wiederwahl trumps wird auf diesen und seinen gehilfen(u.a.musk) herumgetrampelt…nichts wurde/wird über kamala harris und deren gehilfen/tech-freunde(u.a. Bill gates) berichtet…für einmal sehr einseitig der infosperber

  • am 5.01.2025 um 16:38 Uhr
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    Das mit Tesla war die logische Fortsetzung der Evolution der Elektromobilität. Zur Erinnerung: Das Auto begann seinen Lebenszyklus als elektrisch angetriebenes Gefährt. Dies vergessen Viele. Erst die Einführung des elektrischen Anlassers (der das mühsame Ankurbeln überflüssig machte) verhalf den Benzinautos zum Erfolg.
    Der Erfolg von Tesla beruht darauf, dass eine neue Technologie nicht kostengünstiger sein kann als etwas, das seit langem optimiert in sehr grossen Stückzahlen produziert wird. Also etabliert man die neue Technologie im Luxus-Segment für eine zahlungskräftige Kundschaft, die etwas Exklusives sucht. Diese Rechnung ist ja voll aufgegangen. Damit kam die neue Technologie im Alltag an. Jetzt geht es darum, geeignete Produkte für jedermann zu konkurrenzfähigen Preisen anbieten zu können. Der Wettbewerb zwischen den Anbietern ist jetzt schon gross und verstärkt sich laufend. Gut für uns Kunden und die Umwelt (Dekarbonisierung).

  • am 5.01.2025 um 22:53 Uhr
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    Die Räder des Cybertrucks sind eindeutig zu rund für diesen Style. Als Kettenfahrzeug hingegen wäre er vielleicht erfolgreicher.

  • am 6.01.2025 um 05:50 Uhr
    Permalink

    Tesla würde ich nicht mal geschenkt kaufen.
    heise online (4.1.2025) Zitat: Nachdem in Las Vegas ein Cybertruck explodiert ist, hat Tesla-Chef Elon Musk deutlich gemacht, wie weitgehend sein Konzern die Fahrzeuge unter Kontrolle hat.
    (…) hat der dortige Sheriff Tesla-Chef Elon Musk für die Bereitstellung von Videoaufnahmen des Fahrzeugs an Ladestationen und das Öffnen des SUV aus der Ferne gedankt. Das berichtet NBC News. Der Vorgang macht einmal mehr deutlich, welch weitgehende Kontrollmöglichkeiten der Elektroautokonzern auch über verkaufte Fahrzeuge behält.

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