Kommentar
Dreiste Politik der Stromlobby
120 Millionen Franken Subventionen pro Jahr bewilligte kürzlich das Parlament, um die angeblich unrentable Wasserkraft zu stützen. Dieses Geld wird mehrheitlich in die Kassen der Stromkonzerne Axpo, Alpiq, BKW sowie der Stadtwerke im Mittelland rollen, die den Grossteil der Schweizer Wasserkraftwerke besitzen und betreiben. Das freut Michael Frank, Direktor des Stromverbandes VSE, aber, so sagt er: «Das ist nur ein Tropfen auf den heissen Stein.» Darum fordert der VSE zusätzlich eine Senkung der Wasserzinsen.
Recht hat Frank. Gemessen an den zehn Milliarden «Wertberichtigungen», welche die VSE-Mitglieder Axpo, Alpiq, BKW, Repower und Co. seit 2010 auf ihren Kraftwerken tätigten, sind die 120 Millionen ein Klacks. Nur: Der Grossteil dieser Wertverluste betrifft nicht Wasserkraftwerke, für die jetzt die Subventionen fliessen. Denn am meisten Geld haben die Stromkonzerne mit ihren Investitionen in Atom-, Gas- und neue Pumpspeicher-Kraftwerke in den Sand gesetzt.
Kommt dazu: Die Schweizer Stromwirtschaft kann die temporären Verluste aus ihren Kraftwerk-Überkapazitäten auch ohne Subventionen verkraften. Denn sie scheffelte allein in den letzten Jahren eine Gewinnsumme von 21 Milliarden Franken. Das steht in der nationalen Elektrizitätsstatistik. Doch die subventionsfreundlichen Mitglieder des Parlaments lesen offenbar lieber Lobbypapiere als Statistiken.
Der Einwand, die Wasserkraft-Subventionen kämen nicht den gleichen Unternehmen zu Gute, welche die grossen Gewinne verbuchten sticht nicht. Selbst bei Axpo und Alpiq überwogen seit 2005 die Gewinne gegenüber den Verlusten. Zudem sind die Stromunternehmen eng miteinander verfilzt. Die Axpo etwa gehört zu 18 Prozent dem florierenden Zürcher Kantonswerk EKZ, das soeben 90 Millionen in die Bünder Repower gesteckt hat. Die übrigen Axpo-Aktien besitzen Nordostschweizer Kantonen, die mit Axpo-Dividenden schon Milliarden kassierten – und jetzt indirekt ebenfalls von den Wasserkraft-Subventionen profitieren.
Wenn die Stromwirtschaft jetzt auch noch auf die Wasserzinsen drückt, so setzt sie die alte Umverteilungspolitik dreist fort: Das Geld soll dem Wasser nachfliessen – vom Berggebiet ins Unterland.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine.