Kommentar

CS zahlt jedes Jahr eine halbe Milliarde an Katar

Lukas Hässig © zvg

Lukas Hässig /  Das jetzt boykottierte Katar ist ein Grossaktionär der Credit Suisse. Das Ölland besitzt zudem hoch verzinste CS-Wandelanleihen.

Das superreiche Katar soll Terroristen finanzieren und wird jetzt von Saudi-Arabien und anderen umliegenden sunnitischen Öl-Monarchien brutal boykottiert. Für die Credit Suisse ist das ziemlich unangenehm. Denn die Nummer 2 der Schweiz hat Katar als wichtigsten Geldgeber. Mit fünf Prozent der CS-Aktien ist Katar zusammen mit einem US-Investoren und dem norwegischen Staatsfonds der grösste Aktionär, gefolgt von Olayan, ausgerechnet einer Saudi-Familie.

Katars Einfluss bei der Credit Suisse ist aber noch grösser: Ausser den fünf Prozent Aktien hält das schwerreiche und forsche Scheichtum Wandelanleihen, also «Erwerbsrechte» für weitere 13 Prozent des CS-Aktienkapitals. Die Wandelanleihen würden in CS-Aktien umgewandelt, wenn es der CS ganz schlecht gehen würde. Dann hätten die Kataris 18 Prozent der CS-Aktien. An ihnen würde kein Weg mehr vorbeiführen.
Helfer aus der Finanzkrise
Katar wurde auf dem Höhepunkt der Finanzkrise CS-Grossaktionär. Seither hat sich der Aktienkurs von über 50 Franken auf unter 15 Franken verschlechtert. Trotzdem geht die Rechnung für die Scheichs auf. Das Zürcher CS-Hauptquartier überweist dem kleinen Ölstaat Jahr für Jahr fast 500 Millionen Franken.

  • Auf ihre fünf Prozent Aktien erhalten die Kataris 50 bis 75 Millionen Franken Dividenden pro Jahr. Ein schöner, wenn auch überschaubarer Betrag.

Doch es handelt sich nur um das Sahnehäubchen des Investments. Viel lukrativer sind spezielle Wandelanleihen:

  • Die Scheichs halten 2,5 Milliarden Franken an einer Anleihe, die mit 9 Prozent verzinst wird. Macht 225 Millionen Franken Zins pro Jahr.
  • Zudem besitzen sie 1,72 Milliarden Dollar einer zweiten Wandelanleihe. Diese ist mit 9,5 Prozent verzinst. Zinseinnahme: 163 Millionen Dollar pro Jahr.

Aus Sicht der CS sieht die Rechnung umgekehrt so aus. Die Bank muss für die Wandelanleihen jedes Jahr fast 400 Millionen Franken an Zinsen an den Ministaat mit den Hochhäusern am arabischen Golf zahlen. Und obendrauf kommen noch die Aktien-Dividenden von 50-75 Millionen jährlich. Das ergibt fast eine halbe Milliarde an Katar, pro Jahr. Der stolze Betrag kontrastiert mit den CS-Verlusten der zwei letzten Jahre. Diese türmen sich auf 5,6 Milliarden Franken auf.
Profiteure sind Hauptaktionäre und das Management
Die jährlichen Zins- und Dividendenzahlungen an Katar zementieren das Bild einer CS, bei der vor allem zwei Gruppen profitieren: das oberste Management und die Hauptaktionäre. Die Boni für die Spitze stiegen zuletzt, trotz Verlusten. Und die Dividenden flossen in jedem Jahr, egal ob das Ergebnis schwarz oder tiefrot war.
Die Macht der Kataris bei der CS gibt zu reden. Bei ihren Mitarbeitern kennt die CS keinen Pardon, wenn es um Geldwäscherei und Steuerhinterziehung geht. Die Angestellten an der Basis müssen ständig Computertests bestehen. Zentrale Fragen drehen sich um verbotene Terrorfinanzierungen.
Umgekehrt sieht sich Katar, der mit Abstand wichtigste Geldgeber der Schweizer Grossbank, nun dem Vorwurf eines Terror-Finanzierers ausgesetzt. Das mag damit zusammenhängen, dass Saudi-Arabien seine Vorreiterrolle am Golf und im globalen Ölgeschäft durch die eigenständigen und aggressiv agierenden Kataris gefährdet sieht. Saudi-Arabien führt die Phalanx der vier arabischen Staaten bei ihrem Vorstoss gegen Katar an. Doch ob Katar zu recht oder zu unrecht am Pranger steht: Klar ist, dass die CS und weitere von den Kataris finanzierte Banken wie die Deutsche Bank und Barclays in den Golf-Strudel hineingeraten.
Das ist die Folge einer Rettungsaktion vom Herbst 2008, die höchst eigenartig verlaufen war. Die Kataris gaben der Credit Suisse nämlich Eigenkapital, ohne das Geld selbst flüssig zu machen. Sie erhielten dafür einen Kredit der Schweizer. Also zog sich die CS quasi am eigenen Schopf aus dem Subprime-Sumpf, in den sie wie die UBS geraten war – einfach ein bisschen weniger tief.
Die Bankenkommission EBK, die heutige Finma, kritisierte die CS-Führung für das Manöver. Die Bankenleitung musste innerhalb von wenigen Monaten sicherstellen, dass die Kataris echtes Kapital in die Bank einschiessen.
Das taten sie dann auch. Und profitieren seither von bis zu einer halben Milliarde Zinszahlungen pro Jahr; was auf 10 Jahre, seit Katar an Bord ist, rund 5 Milliarden ausmacht.

Eine hübsche Summe, die am Paradeplatz fehlt.
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Dieser Bericht erschien am 5. Juni 2017 zuerst auf «Inside Paradeplatz».


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Der Wirtschaftsjournalist Lukas Hässig betreibt die Webseite «Inside Paradeplatz».

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2 Meinungen

  • Portrait_Christoph_Pfluger_18
    am 6.06.2017 um 16:58 Uhr
    Permalink

    Die Geschichte ist ein Musterbeispiel für die absurden Exzesse, zu denen die private Geldschöpfung durch die Banken führt. Die Praxis der Banken, einem Kapitalgeber das Geld per Kredit aus dem Nichts vorzuschiessen, ist seither verboten. Immer noch erlaubt ist der Erwerb von Vermögenswerten durch die Bank mit einem Kredit an sich selber. Die Banken verfügen durch dieses Privileg über praktisch unliniierte Mittel, mit denen sie praktisch jeden Mitbewerber im Immobilienmarkt aus dem Feld schlagen können. Dieser Irrsinn muss entweder per Gesetz oder mit der Vollgeld-Initiative gestoppt werden.

  • am 7.06.2017 um 13:08 Uhr
    Permalink

    Der Begriff der sogenannte Geldschöpfung „aus dem Nichts“ ist irreführend. Die Bank benötigt einen Schuldner mit Sicherheiten, der diese der Bank für den Kredit verpfändet. Ganz grundsätzlich ist aber der Vorgang der Buchgeldschöpfung nur eine Verbriefung der haftenden Sicherheiten des Kreditnehmers, resultierend in umlauffähigem Geld. Banken können auch direkt zum Beispiel Gold oder Wertpapiere ankaufen und dem Verkäufer den Kaufbetrag auf sein Konto gutschreiben. Auch hier handelt es sich um eine Geldschöpfung, es entsteht Buchgeld. Vielmehr zeigt dieses Beispiel der CS einmalmehr, dass Geld nicht arbeitet. Beim Swissair-Debakel haben Schweizer Pensionskassen an die 5 Milliarden Franken verloren!. Man geht nicht zu weit, wenn man das Kernstück unseres Modell der Altersvorsorge, die zweite Säule, als teuer, unsicher, nicht nachhaltig und wirtschaftsfeindlich bezeichnet. Ich würde mir wünschen, so wie es für die Vollgeld-Initiative geschenen ist, auch über der 2. Säule und deren Abschaffung zu Gunsten einer AHV-Volkspension, letzlich das Schweizer Volk darüber entscheiden könnte.

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