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Schlagzeile der «Los Angeles Times»: Kunden ausgesperrt © Los Angeles Times

Chaos und Panik: US-Grossbank wieder «Too big to fail»

Red. /  Die US-Notenbank FED rettet Bankkunden entgegen den Marktregeln vor Verlusten.

Red. Dieser Artikel erschien heute auf Inside-Paradeplatz. Der Name des Autors ist der genannten Redaktion bekannt.

Die Silicon Valley Bank zwingt Federal Reserve in die Knie. Das Bail-out über das Wochenende durch Washington bedeutet eine dramatische Kehrtwende in Kampf gegen die hochschiessende Inflation.

Das Statement der Federal Reserve zusammen mit der Einlagensicherung FDIC in der Nacht von Sonntag auf Montag könnte deutlicher nicht sein:

«After receiving a recommendation from the boards of the FDIC and the Federal Reserve, and consulting with the President, Secretary Yellen approved actions enabling the FDIC to complete its resolution of Silicon Valley Bank, Santa Clara, California, in a manner that fully protects all depositors.»

Auf Deutsch: «Nach einer Empfehlung der Vorstände der FDIC und der Federal Reserve und nach Rücksprache mit dem Präsidenten genehmigte Finanzministerin Janet Yellen Massnahmen, die es der FDIC ermöglichen, die Abwicklung der Silicon Valley Bank in Santa Clara, Kalifornien, in einer Weise abzuschliessen, die alle Einleger vollständig schützt.»

FDIC hat also zusammen mit der Federal Reserve eine Wochenend-Rettung ausgearbeitet und die Secretary of Treasury, Ex-Fed-Chair Janet Yellen, hat es genehmigt. Alles im Laufe des Sonntags.

Alle bekommen alles Geld zurück. Für Bankkunden gibt es keine Verluste. Und zwar nicht nur bei der Silicon Valley Bank, sondern auch bei der Signature Bank in New York.

Auch die Signature Bank ist seit diesem Wochenende nämlich Geschichte. Die zweite Bankrettung über das Wochenende quasi noch im Windschatten dabei.

«We are also announcing a similar systemic risk exception for Signature Bank, New York, New York, which was closed today by its state chartering authority. All depositors of this institution will be made whole.».

Auf Deutsch: «Eine ähnliche Ausnahmeregelung für systemische Risiken kündigen wir auch für die Signature Bank in New York an, die heute von ihrer staatlichen Zulassungsbehörde geschlossen wurde. Alle Einleger dieses Instituts werden entschädigt.»

Weiter ist in dem Statement erwähnt, dass die Steuerzahler keine dieser Verluste dieser Bankabwicklung zu tragen hätten («No losses associated with the resolution of Silicon Valley Bank will be borne by the taxpayer»).

Wenn nicht die Steuerzahler, wer dann? Woher kommt das Geld? Das Geld wird erschaffen und die Geldmenge dadurch ausgeweitet. Die ursprüngliche Definition von Inflation.

Und die Folgen der Inflation tragen die Amerikanerinnen und Amerikaner. Also letztlich auch «die Steuerzahler».

Die Geschwindigkeit dieser Rettung ist erstaunlich, die Folgen davon werden weitreichend sein. Es scheint wirklich Panik geherrscht zu haben.

Noch am 7. März, vor nicht einmal einer Woche, gab Fed-Chef Jerome Powell in seinem Testimony vor dem US-Kongress Folgendes zu Protokoll (übersetzt):

«Meine Kollegen und ich sind uns der Tatsache bewusst, dass die hohe Inflation erhebliches Leiden verursacht, und wir sind fest entschlossen, die Inflation auf unser Ziel von 2 Prozent zurückzuführen […] Im vergangenen Jahr haben wir energische Massnahmen ergriffen, um den geldpolitischen Kurs zu straffen […] Ohne Preisstabilität funktioniert die Wirtschaft nicht für alle […] Die Wiederherstellung der Preisstabilität wird wahrscheinlich erfordern, dass wir für einige Zeit einen restriktiven Kurs in der Geldpolitik beibehalten […] Die historische Entwicklung warnt eindringlich vor einer verfrühten Lockerung der Politik. Wir werden den Kurs beibehalten, bis die Aufgabe erledigt ist.»

Also markige Worte, die einen sehr harten Kurs rechtfertigen sollen. Seit Sonntagnacht Geschichte. Jetzt sind wir in der Welt der Bankenrettung angekommen.

Und auch die obersten Analysten der weltgrössten Investmentbanken wurden alle überrascht. Jan Hatzius von Goldman Sachs geht jetzt davon aus, dass keine Zinserhöhungen mehr kommen und dass die weitere Strategie sehr unsicher sei:

«In light of recent stress in the banking system, we no longer expect the FOMC to deliver a rate hike at its Mar. 22 meeting with considerable uncertainty about the path beyond March.»

Bis anhin ging Goldman «wegen stärkerem Wachstum» sogar von einer Zinserhöhung um 0.75 Prozent beim nächsten Meeting aus.

Erstaunlich, wie falsch alle lagen. Nicht nur die Rettung «ohne Limits» ist eine 180-Grad-Wende, auch wird die ursprüngliche Idee hinter der Einlagensicherung, die durch die FDIC aufgesetzt und gemanagt wurde, ad absurdum geführt.

Einlagen «einfacher» Bankkunden sollten abgesichert werden. Bis 250’000 Dollar sind sie gesetzlich geschützt im Falle von Bankpleiten.

In Europa und der Schweiz ist die Grenze mit 100’000 CHF deutlich niedriger angesetzt.

Diejenigen, die mehr Cash haben, sollten genügend Know how haben, bei der Bankwahl auch Risiken abschätzen zu können. So die Theorie der Marktwirtschaft.

Und jetzt? Alle bekommen alles zurück. Niemand soll je wieder Verluste erleiden bei Bankenpleiten.

Wie das funktionieren soll, bleibt vorerst noch offen, aber es kann von einer neuen Welt gesprochen werden.

Bailouts für alle. Keiner muss mehr Due Diligence machen, Vater Staat wird immer retten.

Zerohedge nennt diese Kehrtwende auf Twitter das grösste Desaster in der jüngeren Fed-Geschichte und verlangt, dass Powell gefeuert wird.

Soweit wird es nicht kommen, aber die Ereignisse vom Wochenende lassen einen schon erstaunt zurück.

Wie stabil ist unser Finanzsystem wirklich? Wie wahrscheinlich ist es, dass die Inflation wirklich bekämpft wird und der Kampf auch gewonnen werden kann?


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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6 Meinungen

  • am 13.03.2023 um 11:02 Uhr
    Permalink

    Ähnliches kann man über die Signature Bank schreiben, welche gestern Abend (Ostküstenzeit) von den New Yorker Behörden geschlossen wurde. Die First Republic Bank ist an der Börse, respektive außerbörslich, auch ins Straucheln geraten: Zeitweise minus 50%. Und die CS heute morgen an der Schweizer Börse: Bis zu minus 10%.
    Alles in Ordnung, Zentralbanken und Finanzministerien bezahlen alles!? Wir werden sehen

  • Portrait_Josef_Hunkeler
    am 13.03.2023 um 12:03 Uhr
    Permalink

    Man kann eben in der Wirtschaft einen Fehler (exzessives «monetary easing») nicht durch einen neuen Fehler (restriktive Geldpolitik mit künstlicher Zinserhöhung) korrigieren.

    Die Wirtschaft ist wie ein grosses Schiff. Kurzfristige Steuermanöver wirken erst, wenn es zu spät ist.

  • am 13.03.2023 um 15:02 Uhr
    Permalink

    Es nicht die Frage, ob das extrem Libertäre Finanz- u. Wirtschafts-System kollabiert,
    sondern wann. Das sogenannte «Buchgeld schreiben» müsste viel professioneller Reguliert werden.
    Die FED, EZB, u. SNB sind mit ihrem ‹Latein› am Ende. Die Buchgeldmengen steigen viel schneller, als die allermeisten wichtigen Wirtschaftsindikatoren. Aus der Zwickmühle zwischen -«Inflation zu Netto-Wirtschaftswachstum»- haben die Nationalbanken kein Rezept mehr.

  • am 13.03.2023 um 19:07 Uhr
    Permalink

    Die Antwort auf die Frage «Wie wahrscheinlich ist es, dass die Inflation wirklich bekämpft wird?» ist klar. Es ist total unwahrscheinlich. Die Notenbank lässt das Problem, das sie mit der jahrelangen und wilden Gelddruckerei selbst zu verantworten hat, durch die Inflation «lösen». Das ist die asozialste und undemokratischste Lösung überhaupt.

    • am 14.03.2023 um 23:35 Uhr
      Permalink

      «Notenbank … sie mit der jahrelangen und wilden Gelddruckerei»
      Die alte falsche Lehrmeinung, wonach Notenbanken das meiste Geld erzeugen ist wohl nicht tot zu kriegen. Die Notenbanken drucken lediglich das Bargeld und erzeugen das Giralgeld, welches ausschliesslich zwischen den Geschäftsbanken zum Zahlungsausgleich hin- und her verkehrt. Bankkunden der Geschäftsbanken kommen damit nicht in Berührung. Könnte sich lediglich bei Einführung von digitalem Zentralbankengeld (CBDC) ändern.
      Viele Probleme kommen wegen dem fehlenden Trennbankensystem. Geldschöpfende Privatbanken sollten weder am Kapitalmarkt teilnehmen können noch die Form der AG besitzen können. Derzeit landen etwa 3/4 des neu erzeugten Geldes im Kapitalmarkt, wo es lediglich die Preise erhöht ohne neue Werte zu erzeugen. Das letzte bisschen Trennung wurde in den USA durch Regierung Clinton beseitigt, indem der zweite Glass-Steagall Act abgeschafft wurde.
      https://de.wikipedia.org/wiki/Glass-Steagall_Act

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