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US-Firmen soll es verboten werden, uigurische Zwangsarbeiter einzusetzen. Ein Problem für Apple. © pixabay

Apple lobbyiert gegen Gesetz zur Beendigung von Zwangsarbeit

Tobias Tscherrig /  US-Unternehmen sollen für den Einsatz uigurischer Zwangsarbeit bestraft werden. Konzerne wollen aber keine Verantwortung tragen.

Ein Gesetz soll US-Firmen künftig verbieten, Uiguren aus chinesischen Umerziehungslagern bei der Produktion ihrer Produkte einzusetzen. Für viele Grosskonzerne ist das ein Dilemma: Sie produzieren massenhaft in China und profitieren von den billigen Arbeitskräften. So gehören etwa Apple, Samsung und Sony zu den 83 globalen Marken, die in den Fabriken von ihren Zulieferern auf uigurische Zwangsarbeit setzen sollen (Infosperber berichtete).

Apple setze nun auf Lobbying, um wichtige Bestimmungen des geplanten Gesetzes abzuschwächen. Das berichtet «The Washington Post».

«Dilemma zwischen wirtschaftlichen und menschenrechtlichen Interessen»
Das betreffende Gesetz heisst «Uyghur Forced Prevention Act» und passierte das US-Abgeordnetenhaus mit einer klaren Mehrheit von 406 zu drei Stimmen. In erster Linie zielt es auf die Textilindustrie und weitere Branchen, in denen von den Arbeiterinnen und Arbeitern geringe Qualifikationen erwartet werden. So visiert der Gesetzesentwurf zum Beispiel auch die Produktion von Zucker und die Ernte von Tomaten an: Zucker aus Xinjiang soll bei «Coca-Cola» gelandet sein, Tomaten der Region bei «Kraft Heinz».

Laut dem Gesetzestext müssen amerikanische Unternehmen gewährleisten, dass an ihren Produktionsketten keine Zwangsarbeiter aus chinesischen Umerziehungslagern beteiligt sind. Eine Bestimmung des Entwurfs sieht vor, dass öffentliche Unternehmen der US-Börsenaufsichtsbehörde «Securities and Exchange Commission» bescheinigen müssen, dass ihre Produkte nicht mit Zwangsarbeit aus der Region Xinjiang hergestellt wurden. Sollten Verstösse festgestellt werden, würden die betroffenen Unternehmen strafrechtlich verfolgt werden.

Gegenüber «The Washington Post» berichten zwei US-Kongressmitarbeiter, die an den Gesprächen mit den US-Unternehmen zur Umsetzung des Gesetzes beteiligt sind, dass vor allem Apple in einem Dilemma zwischen wirtschaftlichen und menschenrechtlichen Interessen» stehe. Denn bei der Herstellung von Soft- und Hardware ist Apple abhängig von China. Und gemäss verschiedenen Berichten, sollen an der Produktion uigurische Zwangsarbeiter beteiligt sein.

So gehört zum Beispiel O-Film Technology Co Ltd zu den in einem Bericht des «Australian Strategic Policy Institute» (ASPI) erwähnten Unternehmen, das uigurische Zwangsarbeit einsetzen soll. O-Film Technology Co Ltd stellte Kameras für Apple her und soll laut lokalen chinesischen Medien im Jahr 2017 mehrere Hundert uigurische Arbeiterinnen und Arbeiter im Rahmen eines staatlich geförderten Programms erhalten haben. O-Film beliefert aber nicht nur Apple, sondern direkt oder indirekt auch andere US-Unternehmen wie etwa Dell, HP, Amazon und General Motors.

Apple betrieb Lobbying – der Inhalt ist nicht bestätigt
Wie die beiden Kongressmitarbeiter gegenüber «The Washington Post» sagten, sei Apple nur eines von vielen Unternehmen, die den Gesetzesentwurf ablehnen. Apple verteidigte sich indes gegen alle Vorwürfe. Das Unternehmen habe «sich dazu verschrieben, sicherzustellen dass jeder in unserer Produktionskette mit Würde und Respekt behandelt wird». Wie Apple-Sprecher Josh Rosenstock sagte, verabscheue man bei Apple Zwangsarbeit und unterstütze die Ziele des «Uyghur Forced Prevention Act». «Wir teilen das Ziel des Ausschusses, die Zwangsarbeit auszumerzen und das US-Gesetz zu stärken, und wir werden weiterhin mit ihnen zusammenarbeiten, um dies zu erreichen».

Zu den Apple-Produkten gehören Tausende von Komponenten, die von Zulieferern auf der ganzen Welt hergestellt werden. Das Unternehmen verfügt über einen Verhaltenskodex für Zulieferer und gibt an, im Jahr 2019 insgesamt 1’142 Zulieferer in 49 Ländern bewertet zu haben – um sicherzustellen, dass die Arbeitsbedingungen eingehalten werden. Apple veröffentlicht einen jährlichen Fortschrittsbericht, in dem die Ergebnisse dokumentiert werden. Allerdings werden dem Technologie-Konzern seit Jahren mehrere angebliche Arbeitsmissbräuche angelastet. So deckte etwa das «Tech Transparency Project» Versandaufzeichnungen auf, die zeigen, dass Apple Baumwoll-T-Shirts von einer Firma in Xinjiang importierte, gegen die der Kongress Sanktionen wegen des angeblichen Einsatzes von Zwangsarbeit verhängt hat. Apple sagte damals, dass es derzeit keine T-Shirts aus der Region importiere.

In einem Lobbying-Report, den «The Information» offen legte, wird ersichtlich, das die Lobbying-Firma von Apple in der Tat Lobbying-Anstrengungen betreffend des «Uyghur Forced Prevention Act» unternimmt. Aus dem Formular ging jedoch nicht hervor, ob Apple für oder gegen den Gesetzentwurf war oder ob es ihn in irgendeiner Weise ändern wollte. Für Lobbying-Offenlegungsformulare sind diese Informationen nicht erforderlich. Fierce verwies die Washington Post an die PR-Abteilung von Apple.

Gesetz soll abgeschwächt werden
Allerdings haben Apple – und viele weitere US-Konzerne – genug Gründe, in ihrem Interesse gegen das geplante Gesetz und damit gegen die Einhaltung von Menschenrechten zu lobbyieren. Ab dem Zeitpunkt, an dem das Gesetz in Kraft tritt, müssten die betroffenen Unternehmen sicherstellen, dass es bei der Produktion ihrer Produkte zu keinen Menschenrechtsverstössen kommt. Ansonsten könnten sie dafür verantwortlich gemacht werden. Damit geht das Gesetz deutlich weiter, als es die bisherigen Spielregeln in den USA erlauben: Die Einfuhr von Gütern in die USA, bei deren Produktion gegen Menschenrechte verstossen wird, ist nicht erlaubt. Allerdings wird das Gesetz nur selten durchgesetzt. Denn es ist schwierig nachzuweisen, dass US-Unternehmen über den Einsatz der Zwangsarbeit Bescheid wussten.

«Was Apple am liebsten machen würde, ist Herumsitzen und Besprechen, ohne dass es Konsequenzen gibt», sagt Cathy Feingold, Direktorin der grössten US-Arbeitergewerkschaft, in der «Washington Post». «Sie sind schockiert, weil sie zum ersten Mal dazu gezwungen werden könnten, etwas durchzusetzen.»

Es gibt aber natürlich noch weitere Unternehmen, die von dem Gesetz betroffen wären. So zum Beispiel «Coca-Cola», «Patagonia» und «Costco». Diese drei Konzerne wollen ihre Namen sogar komplett aus dem Gesetzesentwurf streichen lassen. Gegenüber «The Washington Post» wollten sie allerdings keine Stellung beziehen.

Nun läuft den Konzernen die Zeit davon. Nachdem das Gesetz bereits das Abgeordnetenhaus passiert hat, wollen sie die verbleibende Zeit nutzen, den Gesetzesentwurf in ihrem Sinne noch einmal abzuschwächen – bevor dann der US-Senat darüber entscheidet, ob das Gesetz gebilligt wird.

Weiterführende Infosperber-Artikel zur Thematik:
Globale Marken setzen auf Zwangsarbeit von Uiguren
Chinas Umgang mit den Uiguren nähert sich dem Genozid
Beschwerde gegen UBS: Beteiligung an Uiguren-Unterdrücker
Spätes Geständnis: China steckt Muslime in Umerziehungslager
Anti-Terror-Kampagne gegen Jihad in Xinjiang
Dossier: Chinas Innenpolitik


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2 Meinungen

  • am 28.11.2020 um 14:57 Uhr
    Permalink

    Ein grosser Anteil in den Bevölkerungen, die nur ein unterdurchschnittliches Arbeitseinkommen aus Arbeit haben, können ihre Wohlstandsansprüche doch nur noch durch noch schlechter bezahlte Arbeit unter schlechten Lebensbedingungen von anderen leisten. Dazu kommen die hohen u. steigenden Ansprüche der globalen Konzerne, die immer mehr arbeiten lassen.
    Bei der erfolgreichen geistigen Bindung auf Marken, in der Politik, bei Waren u. Dienstleistungen, einem immer smarteren Marketing und den dazugehörigen Konzernen, vulgo soziale Medien, brauchen die auch keine Verantwortung gegenüber Menschen übernehmen.
    Ein niedrigerer Preis schlägt die Menschenwürde von anderen in einem extrem entarteten Kapitalismus.

  • am 29.11.2020 um 22:02 Uhr
    Permalink

    Es sind immer dieselben Quellen, die die angeblichen Menschenrechtsverletzungen in Xinjang nachweisen: ASPI (wird hier direkt zitiert), Radio Free Asia (wird im hier zitierten SZ Artikel als Quelle verwendet) und Adrian Zenz (hauptsächliche Quelle hinter dem hier zitierten ASPI Report). An seriösen Journalismus sollte man den Anspruch stellen dürfen, diese Quellen zumindest einmal kurz eigenständig nacheschlagen zu haben und nicht einfach 1:1 die Thesen anderer Zeitungen (hier: WaPo und SZ) und amerikanischer Regierungsdokumente zu übernehmen.
    Es wäre dann weiter wünschenswert, wenn die völlig transparenten und direkten Verbindungen dieser Quellen zur US Waffenindustrie (man schaue sich nur einmal die Sponsors von ASPI auf der ASPI Website an!) und zum amerikanischen Kongress in einem Artikel wie diesem zumindest kritisch erwähnt werden würden.

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