Wie Pestizid-Exporte den Weg zurück in die Regale finden
Nach Tests von brasilianischen Limetten in acht EU-Ländern hat Greenpeace einen unappetitlichen Report vorgelegt. Die Umweltorganisation warnt vor Pestiziden, die in Europa nicht mehr erlaubt sind, aber weiterhin nach Übersee exportiert werden.
Einige Pestizide finden per Obstimport zurück ins Regal. Eine Supermarkt-Limette enthält in der Regel mehrere in Europa nicht erlaubte Pestizide, zeigen die Laboranalysen. Der beliebte Sommerdrink Caipirinha sei damit ein «veritabler Giftcocktail», so Greenpeace.
Für den Report hatte ein zertifiziertes Labor im Auftrag von Greenpeace Limetten aus Supermärkten in Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Österreich, Schweden und Spanien geprüft.
Weitere Ergebnisse:
- 51 von 52 Limetten-Proben enthielten Rückstände von Pestiziden.
- Unter den 27 gefundenen Wirkstoffen fanden sich ein Desinfektionsmittel, drei Unkrautvernichtungsmittel (Herbizide), zehn Mittel gegen Pilzkrankheiten (Fungizide) und 13 Insektizide.
- Sechs der gefundenen Wirkstoffe sind in der EU entweder nicht zugelassen oder verboten.
- Ein Drittel der Proben enthielt das Herbizid Glyphosat.
- Mehr als die Hälfte der gefundenen Pestizide gelten als hochgefährliche Stoffe (HHP, highly hazardous pesticides), die ein hohes Risiko für die menschliche Gesundheit, Tiere oder die Umwelt darstellen.
- In den Früchten fanden sich durchschnittlich drei verschiedene Wirkstoffe, in Limetten aus Stockholm fand das Analyselabor sieben Pestizide. Das klarste Bild zeigt sich in Deutschland, wo insgesamt 19 Limettenproben genommen wurden.
- Besonders Limetten in Deutschland und Italien enthielten in Europa verbotene Pestizide.
Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist kein Zufall: Das Mercosur-Abkommen steht kurz vor dem Abschluss. Greenpeace wehrt sich schon länger gegen das Freihandelsabkommen mit fünf südamerikanischen Staaten. Die Doppelmoral der EU-Länder ist einer der Kritikpunkte. Pestizide, die wegen ihrer Schädlichkeit in der EU verboten sind, dürfen exportiert werden und vergiften anderswo die Umwelt. Auch die Schweiz macht dabei mit, was Public Eye mehrmals ausführlich dokumentiert hat. Am meisten Pestizide nach Brasilien und in die Mercosur-Staaten exportiert laut Greenpeace Frankreich, gefolgt von Belgien und Deutschland.
Greenpeace schenkt «Merco Sour» ein
Einige davon fliessen anschliessend direkt zurück in die Alte Welt – und dann die Kehle hinunter. Ein Umstand, der sich ausgezeichnet für Wortspiele eignet: Am 20. April «eröffneten» Greenpeace-Aktivisten vor dem deutschen Wirtschaftsministerium eine Cocktail-Bar und servierten einen giftgrünen Cocktail namens «Merco Sour» (Limetten, Rohrzucker, Ginger Ale, Maracujanektar, 7 Pestizide).
Der «Spiegel» titelte: «Wird Caipirinha das neue Chlorhühnchen?» Das Chlorhühnchen war mit verantwortlich dafür, dass die Verhandlungen der EU mit den USA zum Freihandelsabkommen TTIP 2016 eingestellt wurden. Mit Chlordioxid desinfiziertes Geflügelfleisch wollten sich europäische Verbraucher dann doch nicht servieren lassen. Das Huhn stand dabei stellvertretend für eine ganze Reihe von Chemikalien aus Nicht-EU-Ländern.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Ob Pestizid-Caipirinha oder Chlorhühner ist doch völlig egal. Mittlerweile ist ein Großteil der Nahrungs- und Genussmittel mit Chemikalien aller Art durchsetzt. Gelegentlich aufflackernde «Lebensmittelskandale» markieren doch nur die Spitze des Eisberges. Der Konsument hat nicht die geringste Chance, sich gegen diese der Profitgier der Hersteller geschuldeten schleichende Vergiftung zu wehren. Ich bezweifle sehr, ob Bioerdbeeren, -gurken oder -tomaten aus Spanien und auch aus Deutschland wirklich frei von Giften sind. Wenn man in Spanien mit dem Fahrrad an den in Folie gehüllten Riesenfeldern vorbeifährt, dann sticht es in der Nase. So riechen weder Obst noch Gemüse aus natürlichem Anbau. Da der Verbraucher aber viel und billig und alles zu jeder Jahreszeit haben will, erfüllen die Produzenten ihm diesen Wunsch, was nicht ohne chemische Unterstützung gehen würde.Abgesehen davon können sich viele Kunden auch nicht ständig Bioprodukte leisten.