Wasser, Boden, Klima: Wie Fleischkonsum die Umwelt frisst
Bisher gab es nur Rechenmodelle, jetzt wird’s konkret: Forschende der Universität Oxford haben die Ernährungsgewohnheiten von 55’000 Menschen in Grossbritannien auf ihre Umweltverträglichkeit analysiert. Statt um Durchschnittsernährung ging es um den tatsächlichen Speiseplan. Das, was Britinnen und Briten täglich essen.
Die Teilnehmenden waren im Durchschnitt zwischen 40 und 50 Jahre alt, Vegetarier und Veganer etwas jünger. An der Umfrage nahmen sowohl Personen teil, die alle tierischen Lebensmittel konsumieren (Omnivoren), Personen, die nur Fisch essen sowie Vegetarier und Veganer. Die Analyse zeigt deutlich, wie viel umweltschonender die britische Ernährung wird, wenn jemand auf Fleisch verzichtet. Oder am besten ganz auf tierbasierte Lebensmittel.
Vegane Ernährung verursacht deutlich weniger klimaschädliche Gase, Wasser- und Landverbrauch, zeigen die Forschenden der Universität in der Studie auf, die im Magazin «Nature Food» veröffentlicht wurde.
Im Vergleich zu einer Person, die mehr als 100 Gramm Fleisch pro Tag ass, verursachte jemand, der sich vegan ernährte, nur
- ein Viertel der Klimagase
- ein Viertel des Landverbrauchs
- ein gutes Viertel (27 Prozent) Gewässerverschmutzung durch Düngemittel-Stickstoff und andere Mineralien wie Phosphor, im Fachausdruck «Eutrophierung»
- etwas weniger als die Hälfte (46 Prozent) des Wasserverbrauchs
- und 34 Prozent des Biodiversitätsverlusts der Fleischkonsumierenden.
«Eine vegane Ernährung führt zu 75 Prozent weniger Klimaemissionen, Wasserverschmutzung und Landverbrauch als eine Ernährung, bei der täglich mehr als 100 Gramm Fleisch verzehrt werden. Vegane Ernährung reduziert den Biodiversitätsverlust um 66 Prozent und den Wasserverbrauch um 54 Prozent», fasste der «Guardian» zusammen.
Die Bandbreite ist dabei relativ gross. Im Vergleich zu den Fleischessenden verursachten Veganer:innen beispielsweise 21 bis 81 Prozent des Wasserverbrauchs.
Bei Menschen, die weniger als 100 Gramm Fleisch am Tag essen, sind die ökologischen Auswirkungen geringer. Wer weniger als 50 Gramm Fleisch und Fleischprodukte pro Tag isst, schädigt die Umwelt nur wenig mehr als jemand, der vegetarisch isst. Zum Vergleich: Eine Pouletbrust wiegt etwa 150 Gramm.
Jedes Stück Fleisch zählt
Je höher der Anteil tierbasierter Lebensmittel ist, desto höher ist aber die Umweltbelastung – das gilt für alle untersuchten Bereiche. Sehr deutlich sieht man das in der grafischen Darstellung. Die Autoren der Studie teilten Fleischessende nach der Menge ihres Fleischkonsums in drei Gruppen ein: solche, die mehr als 100 Gramm Fleischprodukte am Tag verzehrten (high Meat Eaters), jene, die weniger als 50 Gramm täglich assen (low Meat Eaters) und die Gruppe dazwischen (medium Meat Eaters mit 50 bis 100 Gramm Fleisch pro Tag).
Das gilt auch trotz den sehr unterschiedlichen Umständen, unter denen Lebensmittel produziert werden. Was Britinnen und Briten essen, hat demnach grösseren Einfluss auf die Umwelt, als wo und wie es produziert wird. Zur Berechnung verwendeten die Forschenden Daten von mehr als 38’000 Lebensmittelproduzenten in 119 Ländern.
Der «Guardian» zeigt anhand bestehender Forschung auf, dass sogar Bio-Schweinefleisch einen achtmal grösseren ökologischen Fussabdruck hat als Ölsaaten wie Raps. Ölsaaten sind das vegane Lebensmittel mit der grössten Umweltbelastung. Den negativsten Einfluss auf das Klima hat nach den Berechnungen aus Oxford wiederrum der Methanausstoss von Rindvieh.
Der Hebel, um den es geht, hat grosse Auswirkungen. Die Herstellung von Lebensmitteln belegt zwei Fünftel der eisfreien Flächen der Erde und verursacht mehr als ein Drittel der globalen Klimabelastung. Sie verschlingt 70 Prozent der globalen Süsswasserressourcen und ist die hauptsächliche Ursache von Wasserverschmutzung.
«Verbrauch tierischer Lebensmitteln in reichen Länder radikal reduzieren»
Zu ähnlichen Schlüssen wie die Untersuchung aus Oxford kam im vergangenen Jahr auch eine Studie, die sich eher auf neuartige Lebensmittel, sogenannte «Novel Foods», konzentrierte (Infosperber berichtete). Die Planetary Health Diet, die 2019 im Fachmagazin «The Lancet» publiziert wurde, empfiehlt pro Tag 43 Gramm Fleisch oder weniger (Infosperber berichtete).
«Eine Ernährungsumstellung weg von tierischen Lebensmitteln kann einen wesentlichen Beitrag zur Verringerung des britischen ökologischen Fussabdrucks leisten», schliessen die Autoren. Die Ernährungsweise für eine weltweit nachhaltigere Nahrungsmittelproduktion erfordere es, den Verbrauch von tierischen Lebensmitteln in den meisten reichen Ländern radikal zu reduzieren. Andere Massnahmen wie technologische Verbesserungen oder die Eindämmung von Lebensmittelverschwendung (Foodwaste) seien nicht ausreichend.
Mehrere vom «Guardian» befragte Wissenschaftler sind ähnlicher Meinung. «Wenn man Fleischesser dazu ermutigt, ihren Fleischkonsum zu reduzieren, und Vegetarier dazu ermutigt, Veganer zu werden, sollte dies zu geringeren Emissionen führen», sagte zum Beispiel der Agrarökonom Richard Tiffin von der Universität Reading.
Werbung regulieren, Fleisch besteuern, Lebensmittel kennzeichnen
Nur, wie kommt man dahin? Vorschläge, wie Konsument:innen ermutigt werden können, weniger umweltschädlich zu essen, gibt es einige – nicht nur in Grossbritannien. Grundsätzlich sind sie ähnlich. Die britische Gesundheitsallianz für den Klimawandel empfahl beispielsweise vor drei Jahren, Lebensmittel zu kennzeichnen, um eine umweltfreundlichere Wahl am Kühlregal zu fördern. Dazu schlug sie vor, die Werbung zu regulieren und Lebensmitteln mit grossem ökologischen Fussabdruck zu besteuern.
Ein deutsches Forschenden-Team schlug vor drei Jahren in «Nature Communications» vor, umweltschädigende Lebensmittel mit einer Klimasteuer zu belegen. Der Ab-Hof-Preis für Rindfleisch läge dann um 6 Euro pro Kilogramm Fleisch höher, der von Poulet um 3 Euro.
Penny macht Umweltkosten anschaulich
Anschauungsmaterial gibt es gerade auch bei der deutschen Supermarktkette Penny. Diese bietet neun Produkte eine Woche lang zum «wahren» Preis an. Soll heissen: Die Konsument:innen zahlen die von Forschenden zweier deutscher Universitäten berechneten Umweltkosten mit.
Das Penny-Experiment wurde stellenweise auch kritisiert, aber es gibt einen Eindruck. Wiener Würstchen bei Penny sind beispielsweise eine Woche lang knapp doppelt so teuer, Mozzarella kostet 74 Prozent mehr, der Joghurt hat immerhin 31 Prozent Umweltaufschlag.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Wie steht es mit dem Methanausstoss deieser neuen Pflanzenverzehrer ?
https://www.infosperber.ch/wp-content/uploads/2023/08/Scarborough-et-al-Vegan-vs-Meat-CH4-CO2-N2O-2023.png
«Verbrauch tierischer Lebensmitteln in reichen Länder radikal reduzieren»
Wie soll das gehen? Alles was angeboten bzw. produziert wird, wird gekauft, konsumiert, benutzt.
Das Angebot löst die Nachfrage aus. Das gilt für fast alle Güter, vom Fleisch bis zum SUV! Grundbedürfnisse des Menschen sind nur Wasser, Esswaren, Kleidung und eine «warme Höhle».
Machen wir uns doch nichts vor. Fleisch wird immer gegessen, solange es angeboten wird. Warum soll sich der Konsument ändern? Warum nicht die Produzenten?
Dass Fleisch immer gegessen wird, ist eine Ansicht wie dass es Gewalt und Krieg immer geben wird. Klar, diese Meinung kann man vertreten; nur was vertritt man denn damit?
Der Mensch ist das einzige Säugetier, das sich gegenseitig bewusst Schaden zufügt und einander umbringt. Ja, war auch schon immer so, aber mit diesem evolutiven «Fortschritt» gegenüber den anderen Säugetieren gilt es sich genau und detailliert damit zu befassen – natürlich nur, wenn man Gewalt gegen Mensch und Tier schlicht nicht mehr erträgt und zB durch Verstehen wollen unserer automatisierten (Gewalt-) Reaktionen diese eliminieren will.
Klima bedingte Katastrophen nehmen unablässig zu, alle Welt bedauert es, besonders die Betroffenen. Aber das Verhalten, das dazu führt, wird nicht wesentlich geändert, auch nicht von den direkt Betroffenen, nicht von den Bevölkerungen aber auch nicht von den Regierenden. Alle Mahnungen werden ignoriert. Politiker und Manager fliegen mit «gutem Beispiel» als Vorbild für die Bevölkerung ständig durch die Welt.
Vermutlich ist der Kipp-Punkt schon überschritten und alle möglichen Maßnahmen werden hoffentlich noch die schlimmsten Folgen abmildern können.
Dabei sind bei einiger Vernunft viele «Klimasünden» (Essen, Reisen…) ohne wesentliche Einschränkung der Lebensqualität zu verändern oder entbehrlich.
«Den negativsten Einfluss auf das Klima hat nach den Berechnungen aus Oxford wiederum der Methanausstoss von Rindvieh.» Diese Aussage könnte sich stark zu Gunsten des Rindviehs ändern, sobald die Rechnungsmodelle dem momentanen Stand des Wissens angepasst werden. Methan, das sich, im Gegensatz etwa zu CO2 in der Atmosphäre wieder abbaut, wird nämlich in seiner langfristigen Wirkung als Klimagas deutlich überschätzt.
https://scnat.ch/de/uuid/i/a5035a46-1de5-52b6-bccd-5d1686d04e9e-Klimawirkung_und_CO2-%C3%84quivalent-Emissionen_von_kurzlebigen_Substanzen.
Auch tröstet mich die Aussage, dass stark gemässigter Konsum tierischer Produkte nicht viel schlechter abschneidet, als Vegetarismus. Eine Frage ist auch die Übertragbarkeit der Studienergebnisse auf schweizerische, oder wenigstens berg- /alplandwirschaftliche Bedingungen. Mitunter trägt die Beweidung von Flächen sowohl zur Bindung von Co2, wie auch zur Biodiversität bei.
Spitzenreiter im Wasserkonsum ist Kakao mit 27’000 l, Platz zwei Kaffee mit 21’000 l, dann kommt Rindfleisch mit 15’000 l, laut warenvergleich.de. Dann müsste es auch heissen, weniger Schokolade und weniger Kaffee.
Diese Berechnungen sind doch nicht ganz durchgedacht, wenn man alle Faktoren, das grosse Ganze, die es zur Produktion von einem Kilo Kakao (übrigens 2 Millionen Kindersklaven) oder Fleisch benötigt, zusammenzählen würde, käme man wohl auf noch mehr Wasserverbrauch. Was VeganerInnen und VegetarierInnen meist nicht beachten, ist, die enormen Umweltzerstörung durch Monokultur, Pestizide, Herbizide und Fungizide. Schlussendlich muss man unsere korrupte Agrarpolitik betrachten. «Follow the money“. Hinzu kommt, laut WWF Studie verbraucht Vegane Ernährung am meisten Wasser, nachhaltigleben.ch. Studien müssten allerdings wissenschaftlich fundiert sein, sind sie das heute noch?
Ausserdem:»Eine Zivilisation kann daran beurteilen, wie sie mit ihren Tieren umgehen.“
Sowohl die Studie, als auch die Interpretation erscheinen mir sehr tendenziös und gewagt. Wenn ich Bergkäse und -butter von der Alp esse, das (Hack-)Fleisch von den ausgemusterten Bio-Milchkühen, Fisch aus der Bio-Fischzucht im Bergbach, Fleisch vom regional geschossenen Wildtier, wo ist da eine Umweltbelastung die grösser ist, als das CO2, die Pestizide, Herbizide, etc. im Gemüseanbau? Das kann doch alles nicht so verallgemeinert werden. Umweltfreundliche Ernährung ist vor allem regional und saisonal. Die Bevölkerung auf der Insel Harris soll Fisch essen, der Alpbewirtschafter oder irische Schafzüchter sein Fleisch, etc.
Die NZZ hat sich aktuell auch mit dem «Regional»-Aspekt beschäftigt. Sie zitiert eine andere Studie, die zu dem Fazit kommt, dass er oft ein Trugschluss ist:
https://www.nzz.ch/wirtschaft/regional-einkaufen-hilft-der-umwelt-denken-die-schweizer-aber-das-ist-ein-trugschluss-ld.1746838
Auch dem ist nichts hinzuzufügen, da eindeutig, unmissverständlich, nicht zu leugnen, alles gesagt!
«Biohimbeeren aus Serbien sind ökologischer als Thurgauer Himbeeren aus konventionellem Anbau» schreibt die NZZ. Wenn der Infosperber beginnt, die NZZ in Umweltthemen als Quelle zu nennen, dann ist wohl – unabhängig von Herkunft und Anbaumethode – Hopfen und Malz verloren .
1. Kann nicht ernsthaft Ausland-Bio mit Inland-Konventionell verglichen werden
2. Hat Serbien andere klimatische Bedingungen als die Schweiz und kann Himbeeren anders produzieren.
Himbeeren (z.B.) sind in der Schweiz nur in einer sehr kurzen Saison «regional UND saisonal» zu haben – beide Wörter sind entscheidend. Die Zucchini oder Erdbeere im Schweizer Winter ist sowieso nie ökologisch, egal von welcher Herkunft. Aber im Winter sind z.B. die meisten Kohlarten fast immer bei lokaler Herkunft «ökologischer», als aus dem Ausland. Solche Gemüseabos gibt es sogar hier im Berner Oberland – ausgeliefert mit dem Velo oder durch Selbstabholung. Man sieht: auch die beste Studie entbindet nicht vor der eigenen Denkleistung.
Ca. 40 % der weltweit gefangenen Fische, ca. 50 % der weltweiten Getreideernte und 90 – 98 % der weltweiten Sojaernte wird an „Nutztiere“ verfüttert. Soja = GVO, Stichwort: gigantsche Mengen Glyphosat (ausschließlich[!] das was als Futtermittel dient -> GVO-Soja). Ebenso Pestizide, Herbizide, Fungizide, Neonikotinoide . Erzeugung und Konsum von Tier (qual)erzeugnissen ist eine ethische, moralische, ökologische, ökonomische, soziale und gesundheitliche Katastrophe!