Undercover-Recherche enthüllt Missstände bei Burger King
Die Fast-Food-Kette Burger King hat mal wieder Probleme. Zweimal schon schleuste sich das «Wallraff-Team» in Burger-King-Filialen in Deutschland ein und wurde fündig. Nach einer Recherche 2014 gingen die Reporter:innen 2022 nochmals auf Tour. Die Undercover-Recherche führte zur Schliessung aller fünf Restaurants, in denen das Wallraff-Team recherchierte, und zum Verlust des Vegan-Labels für Burger-King-Produkte. In der Schweiz gab es dazu keine Reaktionen, obwohl die Journalist:innen gravierende Missstände fanden.
Von Maden und Mäusen
Die Reportage, die am 29. September 2022 bei RTL ausgestrahlt wurde, zeigt, wie Haltbarkeits-Labels systematisch ausgetauscht wurden und Gammelfleisch im Brötchen landete. In einem Video krabbeln Maden aus den Mülltonnen draussen über den Boden in den Hintereingang.
«Hier hat sich wohl nichts wesentlich verändert», sagt ein Journalist, der schon bei der ersten Burger-King-Recherche 2014 dabei war. «Mäuse gehören quasi zum Inventar», titelte beispielsweise T-Online in Folge über ein Restaurant in Köln.
Die Trennung von Burgerpattys mit und ohne Fleisch klappe auch nicht, stellte Reporterin Lea in einer Münchener Burger-King-Filiale fest. Die Undercover-Angestellten filmten mit versteckter Kamera, wie Vegetarier und Veganer in den überprüften Burger-King-Filialen falsch gelabelte Fleischprodukte bekamen.
Nicht nur, dass Angestellte vegane und nicht-vegane Produkte oft in der gleichen Fritteuse zubereiteten. Sie verkauften auch nicht-vegane Mayonnaise und Pouletfleisch als vegan. Mittlerweile gibt es bei Burger King Deutschland nur noch vegane Mayonnaise.
Wenn’s schmeckt wie Fleisch, ist womöglich auch welches drin
Der Betrug passiere offenbar systematisch. Burger-Pattys für den «Long-Chicken-Burger», den es mit Poulet oder mit einem veganen Patty («plant-based») gibt, wurden offensichtlich öfter ausgetauscht. «Wenn man keine Long-Chicken-Pattys hat als plant-based, dann nimmt man die normalen und wickelt die in Plant-based-Papier», sagt ein Informant. Dasselbe sagt ein anderer über Chicken Nuggets.
Die Organisation ProVeg entzog Burger King umgehend das Vegan-Label, das sie erst im Oktober 2021 an fünf Produkte vergeben hatte. Erwähnungen des V-Labels wie auch das Emblem seien «zeitnah aus der Werbung zu entfernen».
Das V-Label, das 1996 in der Schweiz ins Leben gerufen wurde, soll Veganerinnen und Veganern die Sicherheit geben, dass Lebensmittel wirklich vegan sind. Swissveg legt auch die weltweiten Lizenzbedingungen fest. Zu diesen gehört, dass vegane Lebensmittel bei der Produktion nicht mit fleischhaltigen Produkten in Kontakt kommen und Verwechslungen ausgeschlossen sind.
Burger King schloss alle fünf Restaurants, in denen Team Wallraff recherchiert hatte, und gelobte Besserung. Drei davon wurden kurz darauf wieder geöffnet. Man wolle die «Zubereitungsprozesse optimieren und Mitarbeiterschulungen rund um das vegane und vegetarische Angebot intensivieren», kündigte die Kette an.
Peta droht mit Entzug von Auszeichnung
Die Tierrechtsorganisation Peta drohte damit, die Auszeichnung Vegan Food Award zurückzuziehen, mit der sie Burger King erst im Juni 2022 ausgezeichnet hatte. Burger King ist die erste Kette der Systemgastronomie, die den Award bekam – für den Burgerbrater ein Meilenstein.
Der Konzern bemüht sich weltweit um ein umwelt- und naturfreundliches Auftreten. Team Wallraff sowie einige Youtuber und Blogger berichten allerdings von zahlreichen Hinweisen und Beschwerden aus Burger-King-Restaurants. Sei es zum veganen und vegetarischen Angebot oder zu Hygiene, Arbeitsumständen und Lebensmittelsicherheit. Die Vorgaben seien da, versicherte ein Burger-King-Mitarbeiter einem Youtuber. Sie würden von den Franchisenehmern nur oft nicht umgesetzt.
Skandal im Nachbarland lässt die Schweiz kalt
In der Schweiz erzeugte der Burger-Skandal im Nachbarland kaum Resonanz. Noch im Juni fuhr Burger King eine Fleischfrei-Offensive in zwei Schweizer Filialen. In Basel und Genf gab es für zehn Tage nur noch vegetarische Produkte. Einige Kunden verliessen den Laden dabei aus Protest, andere kamen gerade deshalb. Die PR-Aktion schaffte es bis in die «Berliner Morgenpost».
Die Organisation Swissveg, die das V-Label in der Schweiz vergibt, erwähnt den Entzug des Labels in Deutschland auf seiner Homepage, verortet den Skandal aber hauptsächlich dort. Das V-Label in Deutschland werde von Proveg e.V. vergeben, daher gelte der Entzug nur für ein Land, erklärt Swissveg-Geschäftsführer Renato Pichler.
In der Schweiz darf Burger King das V-Label nicht führen. Der Konzern bezeichnet seine Plant-based-Optionen hierzulande als «veggie», also vegetarisch. Die Burger-Pattys, die laut Burger King aus «Sojaprotein, Weizen, Pflanzenölen und einer Gewürzmischung» bestehen, sind nach Wissen von Swissveg vegan.
Die Pattys werden aber teilweise auf demselben Grill zubereitet wie diejenigen mit Fleisch. Einigen Veganer:innen wäre das vermutlich egal, aber die Verwechslungsgefahr steigt. Auch Saucen und Mayonnaise sind zum Teil nicht vegan.
Schweizer Konsument:innen machen sich wenig Sorgen
Swissveg nennt noch einen anderen Grund: Die Zertifizierung scheitere schon daran, dass die Struktur von Burger King Schweiz eine seriöse Kontrolle aller Filialen noch schwieriger mache als bei Burger King Deutschland, sagt Pichler.
In Deutschland, zeigen die Wallraff-Recherchen, haben weder Audit noch Eigenverantwortung funktioniert. Schweizer Burger-King-Kunden scheinen den Fast-Food-Gaststätten weiter zuzutrauen, vegetarische von Fleischpattys unterscheiden zu können und die Hygienevorschriften einzuhalten. Fragen von Schweizer Konsumenten habe es nach den RTL-Recherchen keine gegeben, sagt Swissveg. Die Vegane Gesellschaft Schweiz antwortete auf Nachfrage von Infosperber nicht.
Nebenbei: Mäuse gibt es auch in Schweizer Filialen, berichtete «Der Bund» 2015. Na dann.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
«Der Mann, der Hans Esser war» – wie habe ich damals Walraff verschlungen… Was im Artikel fehlt, ist die Reaktion der Behörden auf die Enthüllungen; passierte das einem x-beliebigem Restaurant oder Würstlstand, wären Strafzahlungen auf dem Tisch und erst einmal die Lizenz weg. Bei Maden und Mäusen wäre die Behörde sogar verpflichtet, die Bude sofort dichtzumachen. Sowohl die hygienischen Mißstände als auch die Irreführung der Kunden haben rechtliche Relevanz und sollten doch zu Anzeigen bzw. juristischen Nachspielen geführt haben.