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Nach vier Jahren gab der Turmix-Stabmixer den Geist auf. Warum gibt es keine Ersatzteile? © lamm

Stabmixer: Meine Erlebnisse mit dem Wegwerfprodukt

Samuel Schumacher /  Herstellerin Turmix fällt mit leeren Versprechen auf, während sich der Bamix-CEO mit sexistischen Aussagen disqualifiziert.

Samuel Schumacher ist freier Journalist und arbeitet für das Portal LAMM, das über ökologische, soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit informiert.

Unser Stabmixer ist kaputt. Doch Grund zur Sorge bereitet uns ein Thurgauer CEO
Ach zum Teufel mit den guten Vorsätzen! Da wollen wir uns zum Wochenstart eine feine Suppe mit saisonalem Gemüse (das uns unser stylisher Calendarium Culinarium vorschlägt) kochen, und dann gibt der Stabmixer schon beim zweiten Schweizer Bio-Rüebli den Geist auf. Zack – und draussen ist die einstmals tifig drehende Mixer-Klinge (Details hier). Nach vier treuen Jahren ist sie schlicht durchgedreht und aus dem ausgeleierten Plastikgehäuse rausgesprungen.
Der kaputte Stabmixer aber lässt uns keine Ruhe. Hergestellt hat ihn die Schweizer Firma Turmix. Weil wir den schönen Mixer nicht einfach so als Elektroschrott wegwerfen wollen, gehen wir ins Elektro-Fachgeschäft unten an der Ecke und fragen den Fachmann, was hier noch zu machen sei.
Nicht viel, erklärt er offen und ehrlich. Für Turmix-Mixer gäbe es keine Ersatzteile. Stattdessen verkauft uns der charmante Herr einen neuen Mixer («super Qualität, grad Aktion») der Schweizer Firma Bamix.

Prima, Problem gelöst. Doch ganz glauben wollen wir unserem Fachmann das mit den fehlenden Ersatzteilen nicht. Der wollte uns doch bloss einen neuen Stabmixer verkaufen (hat er ja geschafft) und war nicht ehrlich (klären wir gleich mal ab)!

Turmix braucht einen neuen Slogan, Bamix einen neuen CEO
Zu Hause klicken wir uns durch die Homepage von Turmix, der Herstellerfirma unseres alten Stabmixers. Dort verspricht Turmix in fetten Lettern, dass seine Geräte «nicht alt, sondern klassisch» werden. Naja, vier Jahre sind nicht grad alt für einen Stabmixer. Und das einfache Plastikgewinde ist auch nicht grad ein Klassiker. Da muss es doch Ersatzteile geben!

Wir schicken Turmix ein paar detaillierte Fotos unseres Mixers und fragen, wie es um mögliche Ersatzteile stehe. Turmix antwortet postwendend. Ersatzteile gäbe es für diesen Mixer leider nicht, Pech gehabt. Wir haken nach, wie es denn um das Turmix-Motto stehe, wegen Qualität und alt und Klassiker und so. Turmix meint, das käme doch alles viel zu teuer mit dem Reparieren und den Ersatzteillagern. Ein neues Gerät zu kaufen, sei für den Kunden viel günstiger. Schon, antworten wir, aber immer neue Geräte zu kaufen sei nicht so ökologisch. Darauf schreibt uns Turmix diese sprachlich nicht eben «klassischen» Zeilen:

Geht gar nicht, diese Ausrede, finden wir, und schreiben gleich mal Bamix, der Herstellerfirma unseres neuen Stabmixers. Die Thurgauer Bude mit 50 Mitarbeitern produziert seit 60 Jahren nichts anderes als Stabmixer. Jedes Jahr macht sie mit ihren Top-Geräten Gewinn und exportiert ihren scharfen Klassiker in die ganze Welt (Fun-Fact: zweitgrösster Markt nach der Schweiz ist Japan).


Das Bamix-Sortiment: Ein Gerät, viele Farben, 150 bis 450 Franken.
Für 150 bis 450 Franken kann man sich den thurgauischen Zauberstab in diversen Farben frei Haus liefern lassen. In unserem Mail an Bamix schildern wir die enttäuschende Erfahrung mit der gar nicht nachhaltigen Konkurrenz und fragen, ob denn sowas bei Bamix auch vorkommen könnte.

Bamix antwortet simpel und einfach:

Das nennen wir Service! Zur Feier unseres neuen nachhaltigen Stabmixers schauen wir uns gleich noch diesen SRF-Beitrag über die Thurgauer Mixer-Meister an, und … Jesses! Vor lauter Graus bleibt uns glatt der frischgemixte Smoothie im Hals stecken! Im SRF-Beitrag erfahren wir ab Minute 4:30 Schreckliches. Die mechanischen Qualitäten unseres Mixers sind zwar absolut ausser Zweifel. Doch der menschliche Background unseres neuen Küchengeräts schockiert.
Denn die Ansichten des Thurgauer Bamix-CEO Erich Eigenmann sind mehr als nur eigen. Selbstbewusst hockt der Mixer-König in seinem Büro und erklärt den hohen Frauenanteil in seiner Werkabteilung: Dass Frauen die Mixer herstellen, erzählt Eigenmann, ergäbe sich «eigentlich aus der Arbeit alleine». Zu erledigen seien mehrheitlich Hilfsarbeiten von ungelerntem Personal. Da dränge es sich einfach auf, dass das Frauen machen, weil das «eigentlich Arbeiten sind, die für einen Mann nicht geeignet sind.»

Wir würgen die feingemixten Smoothies herunter und schlucken leer. Was für ein *ixer! Da kommt uns gleich die Lust auf ein Glas Most – aus gründlich durch die Presse gewürgten Thurgauer Äpfeln! Da ist uns dann die Saison so was von schnuppe! Prost Elektroschrott!


Dieser Beitrag erschien als «Montagsmail» auf dem LAMM-Blog.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Samuel Schumacher ist Redaktor von LAMM. Er schreibt zudem als freier Journalist für verschiedene Zeitungen.

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5 Meinungen

  • am 2.11.2015 um 12:53 Uhr
    Permalink

    Folgende Empfehlung an Samuel Schumacher: Man nehme die Antworten von Turmix und Bamix, stecke sie zusammen in einen Mixbehälter und mixe sie mit einem guten Stabmixer mindestens eine Minute. Und man findet als Endprodukt ungefähr folgende Antwort: Es ist seit mindestens zwei Jahrzehnten für Marken-Unternehmen von tragbaren Haushaltgeräten in der Schweiz nicht mehr möglich, eine nachhaltige EIGEN-Produktion in der Schweiz zu unterhalten.

  • am 3.11.2015 um 19:50 Uhr
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    Mein Stabmixer Marke Moulinex gehörte schon meiner Mutter und ist wohl gegen 40 Jahre alt. Mir graut vor dem Tag an dem er aussteigt. Ich werde wohl alles weichkochen und mit dem Härdöpfelschtünggel pürieren müssen.

  • am 6.11.2015 um 13:22 Uhr
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    Meinen knapp 25 jährigen BAMIX wollte/konnte der Kundendienst nicht reparieren. Es gibt die Ersatzteile nicht mehr.

  • am 9.11.2015 um 19:53 Uhr
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    Das leidige an der sexistischen Äusserung des Bamix-CEO ist, dass er mit seiner Meinung nicht wirklich falsch liegt. Die Frage ist einfach, ob er das überhaupt weiss oder einfach ein Sexist ist. Dem Hören-Sagen nach – und auch nach meiner eigenen Erfahrung in entspr. Produktionsbetrieben – sind Frauen «monotonie-resistenter». Soll heissen, sie produzieren auch das hundertste Gerät am Tag noch mit der selben Sorgfalt wie das zweite, während ein Mann nach dem zwanzigsten unzuverlässig wird. Wenn man das nun noch den Frauen sagen würde, könnten sie dafür sorgen, dass gute Eigenschaften auch gut entlöhnt würden…
    Und natürlich wäre eine gescheite Grundlage für meine Annahme auch kein Fehler – ich lasse mich gerne belehren, wenn eine Quellenangabe dabei ist.

  • am 17.11.2015 um 18:40 Uhr
    Permalink

    Bitte schreiben Sie weiter, Herr Schumacher. Sie können das wirklich!

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