Sperberauge

Nur noch Schweizer Fische essen?

Billo Heinzpeter Studer © zvg

Billo Heinzpeter Studer /  Der Berufsfischer Sämi Weidmann ruft in «20Minuten» zum Kauf von Fischen aus der Schweiz auf. Doch seine Rechnung geht nicht auf.

Red. Der Autor setzt sich seit vielen Jahren für «fair-fish» ein.
«Wir konsumieren die falschen Fische», meint der Zürcher Berufsfischer Sämi Weidmann (Bild): «Wer Fisch essen möchte, ohne dem Klima zu schaden, sollte bei lokalen Berufsfischern einkaufen.»
Das Überfischen der Meere sei nicht das einzige Problem. Denn die Tranporte dieser Meerfisch würden «gehörig» CO2 produzieren.
Fischzuchten kommen bei Weidmann ebenfalls schlecht weg: «Ist Fischzucht eine Lösung bei uns? Bei uns unter den gegebenen Umständen nicht. Neben Flugware sind Zuchtfische momentan sogar am schädlichsten fürs Klima.»

Tatsächlich nur noch Fische von Schweizer Fischern essen?

Ganz unrecht hat er nicht, der Zürcher Berufsfischer Sämi Weidmann. Aber er erzählt die Geschichte nicht wirklich zu Ende. Natürlich ist es von der Transportdistanz her gesehen viel klüger, Fische aus einheimischen Seen zu essen. Nur: Wenn alle Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz das machen wollen, gäbe es pro Jahr und Kopf nur noch eine einzige Fischmahlzeit!

Mehr geben die relativ nährstoffarmen Schweizer Gewässer schlicht nicht her. Es sei denn, man würde sie düngen. Genau das fordern die Berufsfischer seit einigen Jahren. Sie hatten sich eine Generation lang daran gewöhnt, dass die Nährstofffracht aus Landwirtschaft und Waschmaschinen viel grösser war als die damalige Kapazität der Abwasserreinigungsanlagen. Das hat sich zum Glück geändert; darum entspricht die Zahl der Fische wieder etwa dem Zustand vor dem Zweiten Weltkrieg, und das ist ökologisch gut so. Warum sehen das ausgerechnet die Fischer anders? Sie gebärden sich doch sonst gern als die ersten Umweltschützer; tatsächlich waren ihre Väter und Grossväter damals unter den ersten, welche wegen der Gewässerverschmutzung Alarm geschlagen hatten…

Die halbe Geschichte auch bei der Fischzucht

Natürlich wäre es viel ökologischer, wenn die Schweizer Konsument/innen vor allem Fische essen würden, die nicht mit Fischmehl aus fernen Meeren gefüttert werden müssen. Also Friedfische wie Karpfen oder Tilapia statt Forellen oder Zander. Aber auch hier gilt: so viel Fisch können inländische Zuchten gar nicht liefern. Wenn viele neue Zuchtanlagen im Land entstünden, ergäbe das zwei, drei Fischmahlzeiten pro Kopf und Jahr.

Die Schweizer Bevölkerung isst aber viermal Fisch pro Kopf – und pro Monat! Also mindestens 17-mal so viel, wie die Schweiz im besten Fall selber produzieren kann!

Gegen den Import von Fisch ist grundsätzlich nichts Negatives zu sagen, genau so wenig wie gegen den Import von Orangen, Kaffee und anderen Nahrungs- und Genussmitteln, die in der Schweiz spärlich oder gar nicht wachsen. Schlecht ist der Import dann, wenn er auf Kosten anderer Menschen und ihrer Umwelt geht. Bei Fischen ist das der Fall, wenn wir mehr als eine Fischmahlzeit pro Monat verzehren – und wenn wir uns beim Einkauf nicht dafür einsetzen, dass die Fischer und die Züchter in fernen Ländern eine gesicherte Existenz haben.

Deshalb empfiehlt fair-fish, pro Monat höchstens einmal Fische zu essen.
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Hintergründe zum Fleisch- und Fischkonsum auf Infosperber

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Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Billo Heinzpeter Studer ist Gründer und Präsident von «fair-fish international».

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