Für günstige Ernährung gibt es einen simplen Ratschlag
Wer kein Fleisch isst, lebt günstiger. Zu diesem Schluss kommt ein deutsches Forschendenteam. Die Ernährungswissenschaftler:innen mehrerer deutscher Universitäten wollten in erster Linie wissen, ob Hartz-IV-Beziehende sich mit ihrem Budget gesund ernähren können. Welche Ernährungsweise dazu am ehesten geeignet ist, ist sozusagen ein Nebenergebnis.
Sie untersuchten dafür 390 Drei-Tage-Essensprotokolle von Kindern zwischen 6 und 18 Jahren. Mit dem Fazit, dass der Hartz-IV-Satz für eine gesunde Ernährung von Kindern nicht einmal ausreicht, wenn diese kostenlose Mittagsverpflegung in Schulen und Kitas bekommen.
Haushalte mit kleinem Budget befürchten, dass fleischfrei teurer ist
Was die Studie ebenfalls zeigte: Von den drei erfassten Ernährungstypen Allesesser (omnivor), vegetarisch und vegan ist die vegetarische Ernährung am günstigsten. Zwischen omnivorer und veganer Ernährung fanden die Forschenden kaum Unterschiede.
Einer Umfrage von 2020 zufolge befürchten gerade Haushalte mit knappem Budget, dass pflanzenbasierte Ernährung teurer sein könnte. Selbst wenn man davon absieht, dass Fleisch in Deutschland günstiger ist als in der Schweiz, ist diese Annahme nicht ganz abwegig. Viele vegetarische und vegane Lebensmittel haben Bioqualität, was in der Regel mehr kostet. Hersteller argumentieren auch immer wieder mit der kleineren Stückzahl, die den Preis nach oben treibt.
Vergleiche gibt es viele – mit unterschiedlichem Versuchsaufbau
Andere Untersuchungen sind zu anderen Ergebnissen gekommen, was die Kostendifferenz zwischen omivorer und veganer Ernährung betrifft. Das liegt zu grossen Teilen am Versuchsaufbau.
Während die oben genannte Studie die gesamte Ernährung von mehreren Hundert Kindern über drei Tage auswertete, machte das Forschungsinstitut für pflanzenbasierte Ernährung (IFPE) eine Berechnung von 20 beliebten Gerichten mit Kostenvergleich.
Die Forschenden des IFPE verglichen in ihrem Ansatz eine klassische und eine veganisierte Version alltäglicher Gerichte wie Chili con Carne/Chili sin Carne, Pizza und Fischstäbchen mit Spinat. Sie berechneten dabei nur den Preis der Zutaten – ein Vergleich, der relativ häufig gemacht wird, weil er übersichtlich und einfach zu berechnen ist.
Vegan und bio schlägt Fleischgerichte
Die Berechnung ergab, dass die vegane Variante im Durchschnitt mindestens 7 Prozent günstiger ist. Bei Menüs mit Bio-Zutaten war die Ersparnis noch grösser. Billiger werde es auch, wenn man möglichst viel selbst mache und Fertigprodukte wie veganes Fertighack durch Sojagranulat oder Tofu ersetze, fanden Katrin Hammer und Markus Keller vom IFPE.
Im Durchschnitt, analysierten sie, enthielten die veganen Gerichte weniger Kalorien und etwas weniger Protein, was die Forschenden aber nicht als nachteilig ansehen. Vegane Varianten enthielten ausserdem weniger Fett und weniger ungesunde ungesättigte Fettsäuren, dafür mehr Salz, vor allem bei veganen Fertiggerichten. Hammer und Keller weisen darauf hin, dass es beim Vergleich nicht um die optimale Nährstoffversorgung gegangen sei.
Vergleich im Selbstversuch: Fleisch ist ein Kostentreiber
Einen dritten Vergleich machte eine Journalistin, die sich im Selbstversuch jeweils eine Woche lang omnivor und vegan ernährte. Isabell Kilian ersetzte dabei tierbasierte Teile ihrer gewohnten Ernährung durch vegane Produkte. Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Salat und Haferflocken, die sie in beiden Wochen ass, erfasste sie nicht und zählte nur solche, die sich unterschieden.
Mit ihrem Fazit lag die Journalistin den Ergebnissen der ersten Studie näher, die zwischen omnivorer und veganer Ernährung kaum Kostenunterschiede fand.
«Die Woche mit der veganen Ernährung hat mich gerade einmal 4,23 Euro mehr gekostet», schreibt sie. «Würde ich aber auch nur ein Stück hochwertiges Bio-Fleisch kaufen, wäre man schon gleich auf.» Oft sei die vegane Variante gar nicht teurer, unterschiedliche Packungsgrössen und Angaben wie «Abtropfgewicht» täuschten das nur vor, hat sie auch bemerkt.
Fleischprodukte sind Preistreiber, geht daraus hervor, obwohl Obst und Gemüse teurer geworden sind. Bei weitem klimaschonender ist eine fleischarme Ernährung natürlich auch.
Freiburg i. B. führt aus Kostengründen vegetarisches Schulessen ein
In einem Fall haben solche Vergleiche bereits praktische Auswirkungen: Die städtischen Schulen und Kitas in Freiburg im Breisgau wollen als erste in Deutschland vom kommenden Schuljahr an nur noch vegetarisches Essen anbieten. Dafür führen sie unter anderem Kostengründe an. Die Ankündigung sorgte deutschlandweit für emotionale Diskussionen, sogar von «Fleisch-Fehde» war die Rede. Es wehrte sich unter anderem das Landwirtschaftsministerium des Landes Baden-Württemberg.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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«Hammer und Keller weisen darauf hin, dass es beim Vergleich nicht um die optimale Nährstoffversorgung gegangen sei.» – mein Morgenlacher, vielen Dank dafür. Worum sollte es, gerade bei der Ernährung von Kindern, denn sonst gehen? Tofu und unfermentierte Sojaprodukte sind bei weitem kein Ersatz für tierisches Eiweiß. Eine vollwertige vegetarische oder gar vegane Ernährung, die ohne industriell stark verarbeitete, inhaltsarme und daher fragwürdige Ersatzprodukte auskommt, braucht einen sorgfältig balancierten Ernährungsplan, der bei Veganern auch durch Blutanalysen überprüft werden muss und ist mit Sicherheit teuer: hochwertige pflanzliche Öle, Nüsse, Saaten, Eier, Käse gibt es nicht zum Preis von Industrietofu und Haferflocken Großblatt. In Kinderkantinen vegetarische voll- und hochwertige Kost anzubieten und den Eiweiß-, Mineral- und Vitaminanteil der bisherigen tierischen Produkte adäquat zu ersetzen, wird mit Sicherheit nicht günstiger werden.
Sehr geehrter Herr Schön, Hammer und Keller weisen deshalb darauf hin, weil der Zweck ihrer Berechnung nicht war, einen optimalen Ernährungsplan zu erstellen. Er diente, wie im Artikel beschrieben, dem Vergleich von gängigen Gerichten. Ein Modell für die Ernährung der Zukunft erstellt hat aber die EAT-Kommission in Zusammenarbeit mit dem Fachmagazin The Lancet 2019 – es führt tierische Produkte als «optional», dafür enthält es hauptsächlich Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, Vollkorn und Nüsse. Im Infosperber zu finden unter https://www.infosperber.ch/gesundheit/ernaehrung/so-sieht-die-ernaehrung-zur-rettung-der-welt-aus/
Auch ein finnisches Team unter der Leitung von Rachel Marie Mazac kam zu dem Schluss, dass die Menschheit sich deutlich fleischärmer, wenn nicht fleischfrei ernähren muss, um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen: https://www.infosperber.ch/wirtschaft/konsum/nachhaltig-essen-der-fleischkonsum-ist-entscheidend/
Was nützt es wenn dadurch die Gesundheitskosten weiter in die Höhe getrieben werden?
Jedesmal wenn wir uns als Familie zwischen Ferien und einer gesunden, fleischhaltigen Ernährung entscheiden müssen ist die Entscheidung klar!
Viel teures Fleisch essen ist «auch» eine PRESTIGE Sache, ansehen und Geltung für das eigene EGO in der jeweiligen Gruppe..
Es ist noch nicht so lange her, dass sich vor allem der gewaltig mächtige Adel und reiche Handelsherren mit Fleisch überfressen konnten, mit der Folge von Fettleibigkeit und Gicht.
Während der grösste Teil des Volkes froh sein konnte, wenigsten am Sonntag Fleisch zu bekommen.
Es gibt weitere solche Sachen, die auch wegen des Prestige gemacht werden.
Z.B. teure Flug-Ferneisen und teuere spritfressende PKW( SUV).
Schon beim Adel waren die teuren Pferde eines von vielen PRESTGE-Objekten,
die sehr viel von der raren Nahrungsproduktionen dem Volk wegfrassen.
Wenn jetzt Energie viel teuerer ist, wie noch vor kurzem, die «Fossilen Energieträger» wohl auch,
weil unter diesen Preisen die Produktion in den USA unrentabel ist,
werden die Konsequenzen aus Einkommensunterschiede wieder offensichtlicher,
die auch noch weiter steigen.
Danke für den spannenden Artikel. Aus eigener Erfahrung würde ich sagen, dass in der CH Bio/Vegan ähnlich teuer ist wie Bio/Omnivor. Was jedoch hier nicht erwähnt wird: Eine Omnivore Ernährung kostet, wenn viel Fleisch/Milch konsumiert wird, langfristig bedeutend mehr wegen höheren Gesundheitskosten. Zudem trifft die Studie in anderen (‹ärmeren›, europäischen) Ländern oder auch den USA nicht zu, wenn viel auswärts gegessen wird. Leider ist es in vielen Ländern nach wie vor so, dass die günstigste (und ungesündeste) Art sich zu ernähren, Fastfood ist.
Eine gute Lösung für das Problem? Nun, hierzulande könnten Subventionen umverteilt werden. Statt der Fleisch- und Milchproduktion sollte die Bio Gemüse-Produktion subventioniert werden. Das wäre schon längst nötig und scheint noch immer fernab. Trotz Klimawandel und stetig steigenden Gesundheitskosten.