AragonTV Flughafen Zaragossa

Beladung eines Frachtflugzeugs am Flughafen Zaragossa. © Aragon TV (Videoscreenshot)

Fast Fashion – der Vielflieger-Fummel

Daniela Gschweng /  Das Modeunternehmen Zara macht vollmundige Nachhaltigkeitsversprechen, fliegt aber tonnenweise Kleidung um die Welt.

Fast Fashion muss nichts Böses sein, vermitteln viele grosse Modehäuser wie H&M, Zara und Co. Sie präsentieren grüne Produktlinien, fahren grüne Werbekampagnen, nutzen Öko-Labels und machen klangvolle Nachhaltigkeitsversprechen.

Zara, das zum Inditex-Konzern gehört, beispielsweise «lebt einen Prozess der kontinuierlichen Verbesserung, bei dem wir uns ständig hinterfragen, um nachhaltiger zu werden». So steht es auf der Website des Modelabels.

Zaras Mutterkonzern Inditex transportiert jedoch tausende Tonnen Kleidung im Flugzeug um die Welt, belegt «Public Eye» mit Zoll- und Unternehmensdaten. Kleidung, die unter anderen für die Marken Massimo Dutti, Bershka oder Zara in den Regalen landet.

Wenn das Shirt mehr geflogen ist als die Käuferin

«Zara», das kommt von Zaragossa. In der Stadt im nordwestlichen Spanien gibt es einen grossen Frachtflughafen und das Logistikzentrum Plaza, das Zentrum der Inditex-Mode. «Jedes Bekleidungsstück für Frauen, das Inditex irgendwo auf der Welt verkauft, läuft über Plaza», zitiert «Public Eye» den Sender «Aragón TV». Selbst wenn es aus Kambodscha kommt und in Australien verkauft wird.

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Gesamte Frachtflüge von (rot) und nach (blau) Zaragossa von Januar bis September 2023. Der grösste Teil davon sind Zara-Kleidertransporte. Für Zielländer ist jeweils der wichtigste Flughafen angegeben.

So manches T-Shirt ist beim Kauf also schon mehr geflogen als die Käuferin. Eine wichtige Destination für Transportflüge ab Zaragossa ist Mexiko. Dort hat Inditex viele Läden, das Land ist Verteilerstation für Südamerika. 2022 flog Inditex rund 19’000 Tonnen Kleidung, Accessoires und Ladeneinrichtungen nach Mexico City. Die nächstgrösseren Mengen gingen nach Katar und Nordamerika.

Faire Löhne und Umweltbelange haben keine Priorität

Innerhalb der EU nutzt Inditex grösstenteils LKW-Transporte, aber nicht überall. Von Spanien weiter entfernte EU-Länder wie Griechenland bekommen Shirt und Jupe per Luftfracht, damit es schnell genug geht.

In der Schweiz betreibt Inditex 38 Shops und sieben Online-Läden mit dem bekannten Geschäftsmodell: Fast Fashion. «Fast» wie «schnell». Mode, die innerhalb weniger Tage an den Kunden oder die Kundin gebracht werden soll. Was heute Trend ist, kann morgen schon out oder vergriffen sein. So zumindest soll die Kundschaft denken.

Eine Strategie, die sich lohnt. Im letzten Geschäftsjahr machte Inditex 4,1 Milliarden Euro Gewinn bei einer Marge von 12,5 Prozent. Das ist höher als die 10-Prozent-Gewinnspanne des nicht gerade für Zurückhaltung bekannten Nestlé-Konzerns.

Doppelt so hohe Klimabelastung wie im Branchendurchschnitt

Behäbige Seefracht hat dabei genauso wenig Priorität wie existenzsichernde Löhne in Herstellerländern wie Bangladesch. Von einem Zara-Shirt flössen gerade einmal 34 Rappen in direkte Lohnkosten, gibt «Public Eye» an. Eine Näherin verdient deutlich weniger als 100 Franken im Monat.

Im Gegenzug fliegt Inditex jedes Jahr Millionen Kleidungsstücke von Dhaka nach Zaragossa. Wenn dem Flughafen Dhaka die Kapazitäten ausgehen, weicht das Unternehmen auf das 1400 Kilometer entfernte Delhi im benachbarten Indien aus.

Der Transport eines T-Shirts, für das Inditex in Dhaka 1,90 Franken bezahlt, schlägt laut «Public Eye» mit mindestens 20 bis 40 Rappen zu Buche. Wenn es von Spanien aus auf andere Kontinente weiterreist, entsprechend mehr. Geld, das die Näherinnen in Dhaka gut gebrauchen könnten. Der Transport auf dem Seeweg würde nur wenige Cent kosten.

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Flugmode ist enorm klimaschädlich, zeigt der Vergleich in der Bilanz eines Langarmshirts.

Besser fürs Klima wäre das auch. Ein Flugshirt, rechnet «Public Eye» nach Daten von Systain vor, verursacht 14-mal höhere Treibhausgasemissionen als ein Seefracht-Shirt. Im Branchendurchschnitt machen diese Emissionen drei Prozent am Gesamt-Fussabdruck eines Kleidungsstücks aus. Bei Zaras Flug-Shirts waren es 2022 mit acht Prozent mehr als doppelt so viel; 2021, vor dem Ukrainekrieg, gar 10,6 Prozent.

2022 habe allein die EU 387’009 Tonnen Kleidung, Textilien und Schuhe importiert und 346’778 Tonnen exportiert, schreibt «Public Eye» unter Bezug auf die Handelsstatistiken. Kleinsendungen von chinesischen Onlinehändlern wie Shein und neuerdings Temu, die auf schnelle Lieferung per Luftpost setzen, werden darin nicht vollständig erfasst. Fast ein Drittel der knapp acht Tonnen Mode, die mit dem Flugzeug in die Schweiz kämen, stammten gemäss Schweizer Handelsstatistik jedenfalls aus China.

Bei den Nachhaltigkeitsbestrebungen wird Flugmode ausgeklammert

Zara hat umfangreiche Nachhaltigkeitsziele. Das Unternehmen will bis 2040 netto null Emissionen produzieren, es fördert Recyclingbestrebungen, will die übermässige Nutzung von Chemikalien im Herstellungsprozess verringern, engagiert sich nach eigenen Angaben für sauberere Seefracht und wassersparende Produktionsmethoden.

An der schnellen bis ultraschnellen Lieferung per Flugzeug will Inditex aber anscheinend nichts ändern und gab «Public Eye» auch nur vage Auskunft dazu.

Fast Fashion von Nachhaltigkeit weit entfernt

Die Auswirkungen von Flugmode sind enorm. Mode gehöre aber weder zu den wichtigen noch zu den dringenden Gütern, die unbedingt per Luftfracht transportiert werden müssten wie Medikamente oder Ersatzteile, argumentiert «Public Eye». In die Läden kämen trendige Kleider auch ohne Flugzeug, nur ein paar Wochen später. Mit Fragen wie der grossen Abfallbelastung durch Altkleidung oder der exzessiven Chemikaliennutzung bei der Kleiderproduktion hat sich die NGO dabei noch gar nicht beschäftigt.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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