Sperberauge

EU erlaubt Mehlwurmpulver im Essen

Daniela Gschweng © Michael Conny Geiger

Daniela Gschweng /  Seit dem 10. Februar darf UV-behandeltes Mehlwurmpulver in EU-Lebensmittel gemischt werden. Ein echtes Novum ist das nicht.

Die Nachricht kursierte gerade in vielen deutschen Medien: Seit dem 10. Februar darf Mehlwurmpulver in bestimmten EU-Lebensmitteln verwendet werden. Hintergrund ist eine EU-Verordnung, die am 20. Januar aktualisiert wurde. Bestimmte Lebensmittel dürfen demnach bis zu vier Prozent UV-behandeltes Pulver aus den Larven des Mehlkäfers (Tenebrio molitor) enthalten.

Neu ist das grundsätzlich nicht. Die ersten Mehlwürmer wurden 2021 in der EU zugelassen. In der Schweiz sind Insekten in Lebensmitteln schon seit 2017 erlaubt. Insektenprodukte wie Schellack und Karmin werden sogar länger verwendet. 2022 und 2023 wurde die EU-Zulassung auf weitere Insektenprodukte ausgeweitet. «Infosperber» berichtete mehrfach, was auf grosses Interesse bei unserer Leserschaft stiess. Auch deshalb, weil die Debatte von viel Getöse und etlichen Falschnachrichten begleitet wurde.

Was neu ist am Mehlwurmmehl

Neu ist jetzt lediglich die Verarbeitungsform. Das neue Mehlwurmmehl wird mit UV-Licht bestrahlt, wie es auch bei Pilzen, Hefe oder Milch geschieht. Dabei erhöht sich der Vitamin-D-Gehalt des Pulvers. Ein Verkaufsargument ist das laut der deutschen «Tagesschau» aber eher nicht.

Eher ein Zeichen, dass Insekten im Essen noch immer ein kontroverses Thema sind. Diverse Medien befragten landauf, landab Expert:innen der Verbraucherzentralen, die sagten, dass die Neuzulassung gesundheitlich unbedenklich sei.

Künftig darf das UV-Mehlwurmmehl in Brötchen, Kuchen, Erzeugnissen aus Teigwaren, Kartoffelprodukten, Käse und Käseprodukten sowie Obst- und Gemüsekompott enthalten sein. Für die nächsten fünf Jahre darf es ausschliesslich durch die französische Firma Nutri’Earth in Verkehr gebracht werden – das Unternehmen hatte 2019 die Zulassung des UV-Verfahrens beantragt.

Insekten bleiben ein kulturelles Tabu

Insekten gehören in Ländern wie Japan, Mexiko oder Nigeria zum Speiseplan, meist als Snacks. In Europa bleibt die Skepsis gross. Würmerpaste und Käferpulver lösen Unbehagen aus. Gelatine, die meist aus «Schlachtnebenprodukten» hergestellt wird, stösst dagegen kaum auf Widerstand. Allenfalls vegan und vegetarisch lebende Menschen oder muslimische Konsument:innen meiden Gelatine, die in zahlreichen Lebensmitteln enthalten ist.

Insekten haben dagegen mehrere Vorteile: Ihre Zucht ist vergleichsweise ressourcenschonend bei deutlich höherem Proteinanteil als in Fleisch, Nüssen oder Hülsenfrüchten. Die «Tagesschau» zitiert Sabine Holzäpfel von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, die darauf hinweist, dass Mehlwurmmehl auch Omega-3-Fettsäuren, B-Vitamine und Mineralstoffe enthalte. Der Vitamin-D-Gehalt allerdings sei nicht aussergewöhnlich hoch. Vier Gramm Mehlwurmpulver deckten ein Sechstel des Tagesbedarfs, vergleichbar mit anderen Lebensmitteln.

Deklarationspflicht bleibt

Probleme mit dem Mehlwurmmehl können aber Allergiker bekommen, die auf Krebstiere oder Milben allergisch sind. Die bisherige Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel mit Insektenbestandteilen bleibt bestehen.

Das Insektenmehl muss mit dem lateinischen und umgangssprachlichen Namen und der Verarbeitungsform des Insekts in der Liste der Inhaltsstoffe stehen. Also etwa: «Enthält Larven des Mehlkäfers Tenebrio molitor in pulverisierter Form». Dazu, dass das Produkt durch UV-Behandlung erzeugtes Vitamin D enthält. Und es muss eine Allergiewarnung auf die Verpackung. Bisher begegnen Konsument:innen Lebensmitteln mit Insektenbestandteilen im Supermarkt eher selten, dazu ist der Zusatz zu teuer.

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