Die Uhrenbranche redet von Höchstwerten, die real keine sind
«Nach dem Exportrekord im vergangenen Jahr und einem guten Start ins Jahr 2024 ist der Aufwärtstrend in der Uhrenbranche im Februar ins Stocken geraten». So oder ähnlich lauteten in den vergangenen Tagen die Schlagzeilen über den Geschäftsgang der für die Schweiz traditionell wichtigen Uhrenindustrie. Die Meldungen haben mit dem Verweis auf den «jüngsten Rekord» einen positiven Unterton, aber sie haben einen wesentlichen Fehler: Sie beziehen sich auf die nominalen Zahlen.
Vor der Pandemie hat die Uhrenindustrie auf realer Basis deutlich mehr exportiert
Betrachtet man die realen, also die um die Inflation bereinigten Werte, so sieht das Bild etwas anders aus. Denn diese zeigen, dass das vergangene Jahr keineswegs ein Rekordjahr war. Sondern dass die Schweizer Uhrenindustrie von 2011 bis 2015 wertmässig und real um bis zu 40 Prozent mehr ihrer Produkte und Dienstleistungen ins Ausland verkaufte als 2023 – dem dritten Jahr nach der Pandemie.
Auf realer Basis sind die Verkäufe der Uhrenbranche im Februar im Vergleich mit der Vorjahresperiode um knapp acht Prozent auf knapp 705 Millionen Franken zurückgegangen. Die Branchenvertreter reden sich mit «negativen Basiseffekten» im Geschäft mit China und Hongkong heraus. Da seien vor Jahresfrist im Zuge der aufgehobenen Coronamassnahmen im Geschäft mit Uhren zunächst starke Erholungstendenzen zu sehen gewesen. Im vergangenen Monat aber seien die Ausfuhren nach China um einen Viertel und jene nach Hongkong um einen Fünftel deutlich zurückgegangen.
Nach Preiskategorien betrachtet sei der Rückgang im Segment mit Uhrenpreisen pro Stück von 500 bis 3000 Franken am stärksten ausgefallen. Da sei das Exportvolumen im Februar in Franken gerechnet um 14 Prozent zurückgegangen. Bei den teuren Uhren mit Preisen von über 3000 Franken und im Günstigsegment mit Preisen unter 200 Franken hätten sich die Rückgänge dagegen in Grenzen gehalten.
Der Blick auf die Entwicklung in den vergangenen Monaten zeigt (siehe Grafik), dass die realen Exporte wertmässig seit acht Jahren im Trend eher zurückgehen als zunehmen. Daran ändert auch das jüngste Communiqué des Uhrenverbands wenig. Darin argumentierte er, die Schweizer Uhrenexporte hätten erstmals seit Langem einen klaren Rückgang erlitten. Auch manche Analysten sind von der Entwicklung überrascht worden.
Ein Warnschuss für die Uhren- und Luxusgüterindustrie?
Der Monat Februar sei für die Uhrenbranche ein Warnschuss, hiess es. Am Markt sei mit einem leichten Exportwachstum gerechnet worden und der starke Rückgang in China sei vor allem für die dort stark vertretene Swatch-Gruppe «keine positive Nachricht». Die Februar-Exportdaten seien auch für Richemont negativ zu werten, argumentieren andere. Die Daten zeigten, dass der positive Trend in der Luxusgüterbranche mit Blick auf die unsichere Nachfrage auf dem Weltmarkt sich allmählich abschwäche.
Dieser Eindruck hat sich inzwischen verstärkt. Das zeigt sich daran, dass der französische Luxusgüterkonzern Kering von einer beachtlichen Schwäche bei seinem Sorgenkind, der hochpreisigen Marke Gucci, belastet wird. Tatsächlich warnte er am Dienstagabend vor einem massiven Umsatzrückgang bei seiner italienischen Luxusmarke im ersten Quartal des laufenden Jahres. Dies begründete Kering mit einem deutlicher als erwarteten Rückgang in der Region Asien-Pazifik, insbesondere in China.
Während die Aktien des französischen Unternehmens an der Pariser Börse daraufhin um knapp 12 Prozent einbrachen, entwickeln sich die Aktienkurse der Schweizer Swatch-Gruppe schon seit zehn Jahren durchwachsen. Das heisst, im langfristigen Trend eher nach unten als nach oben. Kering wird seit geraumer Zeit von der Edelmarke Gucci runtergezogen. Sie steht für rund die Hälfte von Kerings Umsatz und steuert rund zwei Drittel zum operativen Gewinn des Konzerns bei. Guccis vermögende Kundschaft hatte nach dem Ende der Pandemie zunächst fleissig neue Kleidung, Handtaschen und Accessoires gekauft.
Zuletzt hielt sie sich mit Käufen jedoch stärker zurück. Insbesondere in Asien läuft das Geschäft schwierig, weil dort viele Reiche die Wirtschaftsflaute in der Volksrepublik zu spüren bekommen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Luxusgüter quo vadis? Der Vergleich mit verschiedenen Unternehmen der Luxusbranche ist wenig ausagekräftig. Swatch ist ein solides Unternehmen der Uhrenbranche und bietet die ganze Palette von Uhren an, von der Swatch bis zur Breguet. An der Börse wird die Swatch als Tiefpreisuhrenhersteller gehandelt. Swatch hat kein Frendkapital in der seiner Bilanz und der heutige Börsenkurse liegt weit unter dem Buchwert der Aktie, wobel der Immobilienbesitz kaum berücksichtigt ist. Es stimmt, vor zehn Jahrern konnte Swatch bessere Wachstumszahlen ausweisen, aber immerhin erwirtschaftete Swatch 2023 einen um 5.2 Prozent gesteigerten Umsatz von 7.89 Mrd. CHF. Die Ebit-Marge lag nur knapp unter dem Vorjahr. Swatch litt stark unter dem starken Schweizerfranken. Dafür kann Swatch auf ein echtes Swiss Made verweisen. An der Börse ist alles eine Frage der Bewertung. Richemont ist in erster Linie ein Schmuckunternehmen (Cartier) und ist deshalb nicht mit Swatch vergleichbar.