So verkauft sich UBS-Boss Ermotti als Wohltäter
Jetzt haben sie es herausgefunden, die cleveren Banken. Um die Armut dieser Welt zu bekämpfen, muss man nicht Wohltäter sein und Geld spenden. Das wäre ja auch zu viel verlangt, wenn man, wie UBS-Boss Sergio Ermotti, als Gehalt jeden Monat nur gerade eine Million Franken auf dem Konto hat. Jetzt kann man die Armut der Welt bekämpfen und gleichzeitig Geld verdienen! Das Zauberwort heisst: Impact Investing.
Auf der Website der BBC London läuft gerade eine Werbekampagne der UBS: Furthering the fight against poverty, Unterstützung des Kampfes gegen die Armut. Da wird dann en détail erklärt, wie man seine Philanthropie – als zum Beispiel gläubiger US-Amerikaner will man ja schliesslich in den Himmel kommen – mit Geldverdienen verbinden kann. (Nein, sagen wir lieber: mit Geldmachen. Denn mit «verdienen» hat das ja wohl kaum etwas zu tun.)
Man muss sich die einleitenden Werbe-Worte von Sergio Ermotti auf der Zunge zergehen lassen: Rapid economic growth halved the extreme poverty rate globally in just 20 years, lifting literally hundreds of millions of people out of poverty. But the recent rise in inequality has prompted a surge in populism, and heightened the risk that ‹protest politics› might impair economies’ long-term growth potential. That matters because growth is what solves most of the big economic and social problems: poverty, government deficits, quality of life, rising healthcare and retirement costs.
Oder zu deutsch: «Schnelles wirtschaftliches Wachstum hat den globalen Anteil an extremer Armut in den letzten 20 Jahren halbiert und damit Hunderte von Millionen von Menschen aus der Armut befreit. Aber der Anstieg an Ungleichheit in den letzten Jahren hat eine Welle von Populismus ausgelöst und damit das Risiko erhöht, dass ‹Protest-Politik› das langfristige Wachstumspotenzial vermindert. Das aber ist matchentscheidend, denn das Wachstum ist es, das die meisten der grossen wirtschaftlichen und sozialen Probleme löst: Armut. Staatsdefizite, Lebensqualität, das zusehends bessere Gesundheitswesen und die Altersvorsorge.»
Und ein paar Zeilen weiter unten: «To achieve the same reduction in poverty again would require a much higher growth rate today, and this looks much less achievable in today’s slower-growth world. So in ‹Furthering the fight against poverty›, a selection of UBS AG’s Opinion Leaders focus on practical ways to narrow income inequality.»
Oder zu deutsch: «Um weiterhin eine so starke Verminderung an Armut zu erreichen, wäre ein viel stärkeres Wachstum nötig, als wir es heute haben, und dieses Ziel zu erreichen scheint in der heutigen Welt mit dem langsameren Wachstum eher unwahrscheinlich. Mit der Aktion ‹Unterstützung des Kampfes gegen die Armut› visiert eine Auswahl von Führungsleuten der UBS deshalb praktische Wege an, die Einkommensungleichheit auf dieser Welt zu verringern.»
(Der vollständige Werbeprospekt «Furthering the fight against poverty» kann unten als pdf eingesehen und runtergeladen werden.)
Komplizierte Argumentation
Dass die Propagandisten des Neoliberalismus immer noch behaupten, wenn die Reichen reicher würden, fliesse automatisch auch mehr Geld zu den Armen und helfe damit, die Armut zu bekämpfen – die sogenannte Trickle-down-Therorie –, wissen wir. In der Werbung der UBS ist nun neu aber auch viel von mehr Gleichheit bei der Verteilung der Einkommen die Rede. Und da wird ausgiebig mit dem sogenannten Gini-Koeffizienten operiert. Der Gini-Koeffizient ist jene Zahl, die – wie behauptet wird – die Verteilung des Totals aller Einkommen auf die Einwohner eines Staates aufzeigt. Gini-Koeffizient 0 (Null) besagt, dass alle Einwohner gleichviel verdienen. Gini-Koeffizient 1 besagt, dass das Total aller Einkommen bei einem einzigen Bezüger landet.
Nur, die Mathematiker und Statistiker wissen es (und auch bei der UBS arbeiten kluge Mathematiker und Statistiker), dass die sogenannte Lorenz-Kurve, die dem Gini-Koeffizienten zugrunde liegt, sehr unterschiedlich sein kann. Das kann man sogar auf Wikipedia nachlesen, wenn man daran interessiert ist. Zum Phänomen, dass zwar weltweit die Anzahl Menschen, die nur gerade maximal 1,25 US-Dollar pro Tag für ihren Lebensunterhalt haben, abnimmt, dass aber gleichzeitig die Zahl jener Menschen, die ihre Nahrung auf den Abfall-Bergen der modernen Zivilsation zusammensuchen müssen, zunimmt, sagt der Gini-Koeffizient nämlich nichts aus.
Gini hin oder her: Sergio Ermotti gehört mit rund 12 Millionen Franken Jahreseinkommen, und das als Boss einer Bank, die 2008 vom Staat Schweiz in letzter Minute mit einer Finanzspritze von über 60 Milliarden Franken vor dem Bankrott gerettet werden musste, zu jenen «Verdienern», die die Einkommensungleichheit auf dieser Welt anführen und massiv verstärken. Wer da hat, dem wird gegeben.
Auch die CS, die «Zürich» und Lombard Odier sind im Club
Die Firmen und Stiftungen, die sich mit Impact Investing als Wohltäter zu profilieren versuchen, haben ihren eigenen Club, The Global Impact Investing Network, mit einer eigenen Website und einem eigenen Council. Unter den dort über 50 aufgeführten Namen figurieren neben der UBS auch die Schweizer Banken Credit Suisse und Lombard Odier sowie der Schweizer Versicherungskonzern «Zürich».
Gut zu wissen, bisher meinte man doch, die Alternative Bank in Olten sei jene Bank, die sich Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben hat…
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
das Unbewusste verkürzt gerne, macht bsw. aus «Armut bekämpfen» «Menschen in Armut bekämpfen».
Was unser menschliches Denken mit solchen Botschaften macht – im Bewussten und im Unbewussten – dürfte unklar bleiben.
Es ist sicher, dass die Bekämpfung der armen Menschen schlussendlich zu ihrer zahlenmässigen Abnahme führen wird. Die Bekämpfung der Armut beinhaltet wörtlich die Reduktion durch Ausmerzung. Weshalb wird denn nicht verkündet, man wolle die Gerechtigkeit und einen minimalen Wohstand für alle fördern?
Wenn überhaupt etwas zu be-kämpfen wäre, so wäre es die Gier. Die Gier der Mächtigen, die durch die Angst der Ohnmächtigen gefüttert wird.