PwC versagte beim Credit-Suisse-Crash – Aufschrei bleibt aus
Der Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission (Puk) zeigt immer mehr die Verbandelung sämtlicher Aufsichtsstellen. Jetzt auch bei der staatlichen Revisions-Aufsichtsbehörde (Rab). Diese muss sicherstellen, dass Pricewaterhouse-Coopers und Co. korrekt prüfen und frühzeitig warnen.
«Kein dezidierter Austausch»
Genau das ist im Fall der Credit Suisse nicht passiert, wie ein Sondergutachten der von der Untersuchungskommission mandatierten Zürcher Compliance-Firma GWP zum Vorschein bringt: «Auf strategischer Ebene, das heisst auf Stufe Direktion, fand zwischen der Finma und der Rab kein dezidierter Austausch im Sinne eines Krisenmodus’ statt zum Zustand der Credit Suisse sowie allenfalls nötiger Schritte bei beiden Behörden», schreibt die GWP. «Dies hätten wir aber als zweckdienlich erachtet.»
Trotz des Verdikts zeigte sich die Expert-Suisse als Verband der Schweizer Wirtschaftsprüfer letzte Woche in einem Schreiben erleichtert. Der Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission habe «weder ein Fehlverhalten der Prüfgesellschaften noch einen wesentlichen Mangel in der Aufsichtsprüfung konstatiert», so die höchste Revisoren-Organisation im Land gegenüber ihren Mitgliedern.
Statt angesichts des historischen Debakels am Paradeplatz mit den Wirtschaftsprüfern der involvierten KPMG und PwC ins Gericht zu gehen, attackieren die Verbands-Oberen die Parlamentarische Untersuchungskommission. Insbesondere zielen sie auf ein Postulat der Kommission, das es in sich hat: Zentrale Firmen wie die grossen Banken sollen nicht mehr selber ihren Revisor auswählen dürfen. Zudem sollte dieser zwingend häufiger wechseln.
Expert-Suisse will nicht
«Expert-Suisse steht diesen Vorschlägen kritisch gegenüber», heisst es im Brief an die Mitglieder. Schon heute gälten für die Revisoren «sehr strenge und weitgehende Unabhängigkeitsanforderungen. Die Prüfer und Prüferinnen agieren unvoreingenommen und frei von Interessenkonflikten», so die Expert-Suisse-Chefs.
Aus dem GWP-Sondergutachten geht anderes hervor: Im Jahr 2021, als die PwC das Revisionsmandat der Credit Suisse nach mehreren Jahrzehnten von der KPMG übernommen hatte, hätte die Aufsichtsbehörde schärfer sein sollen: «Da die CS eine der beiden Grossbanken mit entsprechend komplexem Geschäftsmodel war und es sich für PwC um ein erstes Grossbankenmandat handelte, hätten wir im Sinne einer präventiven Massnahme eine umfassende Inspektion in diesem heiklen Zeitpunkt erwartet.» Das halten die zwei GWP-Partner in ihrem 51 Seiten starken Gutachten fest.
Statt die Prüfung der Credit-Suisse-Bücher durch die PwC im 2021 gezielt zu inspizieren, hielten die Zuständigen der Aufsichtsbehörde in den Berner Amtsstuben an ihrem Standard-Prozedere fest. Als ob es bei der Credit Suisse nicht gerade zu den beiden Milliarden-Desastern Greensill und Archegos gekommen wäre.
Alternierende Kontrollen
Bei der Credit Suisse blieb die Aufsichtsbehörde beim gewohnten alternierenden Kontroll-Fahrplan der unterstellten Revisionsfirmen. 2021 war bei der PwC der Bereich Financial Audit (FA) an der Reihe, erst 2022 wurde turnusgemäss wieder der Bereich Regulatory Audit (RA) fällig. Jener, der die «relevanten aufsichtsrechtlichen Aspekte abgedeckt hätte», so die GWP-Autoren.
Und weiter: «Revisions- und Prüfgesellschaften fungieren als eine Art Frühwarnsystem. Sind diese für ein zumindest aus den Medien ersichtlich kriselndes Finanzinstitut der Grösse einer Credit Suisse tätig, erscheint die Überprüfung ihrer Arbeitsqualität sowohl im FA- als auch RA-Bereich zentral.»
Harsche Kritik
«Dies nicht nur um rückwärtsblickende Feststellungen gewinnen zu können, sondern auch um präventiv sicherzustellen, dass die Frühwarnsysteme in den inspizierten Bereichen (auch) in Zukunft korrekt greifen können.»
«Eine Umschaltung der Rab auf einen ebensolchen Krisenmodus, zum Beispiel durch den Einsatz von umfassenden Inspektionen, konnten wir nicht feststellen, hätten wir aber als zweckdienlich empfunden.»
Die PwC zeigte sich 2022, als die Credit Suisse einen ersten Bank-Run noch knapp überlebt hatte, mit den vorgelegten Zahlen weitgehend zufrieden. Ihre Revisoren bemängelten zwar «interne Kontrollen» vor allem in der «Geldflussrechnung». Dass der ordentliche Betrieb gefährdet sein könnte, davon fand sich nichts im Testat der Prüffirma.
Vor den Amerikanern kuschte die Credit Suisse
Ganz anders «grätschten» die Amerikaner der Credit Suisse in die Beine. Zwei Beamte der mächtigen Securities-and-Exchange-Commission, der eigentlichen Bankenaufsicht der USA, warnten die CS-Kapitäne vor Unterschlagungen im Jahresbericht 2022.
Dies nur Stunden vor dessen Publikation. Die Bank-Bosse gerieten in Panik und stoppten den Versand in höchster Not. Eine Woche später war es um die Bank geschehen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine. Der Autor ist Redaktor und Inhaber des Portals Inside Paradeplatz, auf dem dieser Beitrag zuerst erschien.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Ich habe nie eine Revisionsgesellschaft erlebt, die ehrliche Revisionsberichte schrieb, viel Geld für nichts.