Los Angeles, California, USA - 1 June 2021: Swiss Financial Market Supervisory Authority finma logo or icon on website page, Illustrative Editorial.

Kann die Finma künftig die Grossbanken mit erheblichem Einfluss in Zaum halten? © postmodernstudio/Depositphotos

Neuer Finma-Direktor verstrickt sich in Widersprüche

Rico Kutscher /  Der neue Direktor der Finanzmarktaufsicht bringt sich selbst in eine unmögliche Situation. Ist er der falsche Mann?

Red. Dies ist ein Gastkommentar. Rico Kutscher ist Chefredaktor des Wirtschaftsnews-Portals Muula.ch

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma hat mit Stefan Walter einen neuen Direktor, der den Finanzplatz Schweiz regulieren soll. Doch Äusserungen in der Öffentlichkeit lassen an seiner Kompetenz zweifeln.

Ich, ich und nochmals ich

«Ich erwarte, dass mich ein Finanzinstitut proaktiv über alle Entwicklungen informiert, die für die Stabilität des Instituts materiell sind», sagte er in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» in der Dienstagsausgabe.

«Ich verlange vollständigen und ungefilterten Zugang zu allen Informationen. Ich will das Institut so sehen, wie es ist. Ich will nicht gemanagt werden», erklärte Walter weiter. Demnach hätte sich die Krisenbank Credit Suisse, die wenige Stunden vor ihrem Untergang noch eigene Anleihen zurückkaufen wollte, selbst beim Regulator melden müssen.

Knüppel aus dem Sack

Wie bereits bei seinem Amtsantritt geäussert, will der 59-Jährige auch früher als bisher in die Finanzinstitute aufsichtsrechtlich eingreifen können. Dabei sollen auch Bussen verhängt und das «Naming and Shaming» zur Anwendung kommen, wie er gegenüber der «NZZ» nochmals betonte.

«Künftig soll die Nichtkommunikation die Ausnahme sein», erklärte der Finma-Direktor weiter. Bisher darf sich die Schweizer Finanzmarktaufsicht nur in besonderen Ausnahmefällen etwa über ihre Enforcement-Verfahren in der Öffentlichkeit äussern.

Pfeifen auf Gesetze

Das soll sich also ändern. Dafür braucht es aber Gesetzesänderungen, die in der Schweiz normalerweise gefühlte Ewigkeiten dauern. Daher will der Behördenchef auch selbst entscheiden, wann und wo er Vor-Ort-Kontrollen durchführen darf.

«Die Aufsicht muss die Freiheit haben, zu bestimmen, welche Vor-Ort-Kontrollen sie selbst durchführt, und darf dabei nicht durch das Gesetz eingeschränkt werden». Offenbar stört ihn das geltende Recht sehr. Doch der Schweizer Gesetzesrahmen ist genau für die Unternehmensfreiheit geschaffen worden.

Mehr Eigenmittel für UBS, Geschäftsmodelle egal

Für die Eigenkapitalvorschriften sieht er auch noch Spielraum. «Bei systemrelevanten Grossbanken haben wir diesen Spielraum noch nicht ausgereizt», sagte er weiter.

Doch die Widersprüche in seinen Aussagen nehmen kein Ende. Ein Institut soll sich nicht nur selber bei Problemen bei der Finanzmarktaufsicht melden.

Die Banken und Versicherer sollen auch machen können, was sie wollen. «Solange das Institut die Mindestrahmenbedingungen einhält, ist das Geschäftsmodell nicht unsere Sache», sagte Walter.

Für die Aufsicht sei es wichtig, dass ein Institut über ein tragbares Geschäftsmodell verfüge und seine Kapitalkosten verdiene, hob der Finma-Direktor hervor.

«Wenn die Rahmenbedingungen eingehalten sind, ist es dem Institut überlassen, das Geschäftsmodell zu bestimmen», betonte der Deutsche.

Das ist aber genau das Problem bei dem Regulator, dass es da unterschiedliche Ansichten über Risiken und Kapitalkosten gibt. Dies zeigten die Skandalbank Credit Suisse und selbst die UBS während ihres Nah-Todes eindrücklich.

Noch mehr Bürokraten

Damit die Geldhäuser die Finma nicht mit Informationen zumüllen können und die Aufsicht auch eine scharfe Behörde wird, brauche Walter allerdings mehr Mitarbeiter. «Für eine genaue Zahl ist es noch zu früh», wich er der Frage nach dem Personalbedarf aus. Er glaube aber, dass es einen durchaus substanziellen Effekt auf den Personalbestand der Finma haben würde.

Der von der Europäischen Zentralbank EZB stammende Manager hat von der Schweiz offenbar nur wenig Ahnung. Mit seinen Äusserungen drängt er sich immer weiter ins Aus.

Dieser Beitrag ist am 4. Juni 2024 auf muula.ch erschienen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Rico Kutscher ist Chefredaktor des Wirtschaftsnews-Portals muula.ch
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Eine Meinung zu

  • am 5.06.2024 um 17:40 Uhr
    Permalink

    Zusätzlich zu den bekannten Risiken der international tätigen Grossbanken wie z.B. dem zu kleinen Eigenkapitalanteil und der fehlenden Haftung, die dann irgendwann wieder einmal zur Rettung einer sogenannt «systemrelevanten» Bank führen werden, Risiken, die die Finma offenbar nicht wirklich angeht, kommt noch das Problem der internationalen Abhängigkeit; aufgrund der grassierenden Sanktionitis der USA gegen immer mehr Staaten werden auch die international tätigen Banken mit Hauptsitz in der Schweiz erpressbar und von den USA abhängig, denn ohne die USA und deren Dollars funktioniert der internationale Zahlungsverkehr (noch) nicht; die Kombination von Erpressbarkeit und «Systemrelevanz» führt aber zwangsläufig – und das ist noch schlimmer – auch zu einer beängstigenden politischen Abhängigkeit von den Launen der momentanen US-Regierung, denen sich die ihrer Meinung nach realitätsnahen schweizerischen Politiker unterordnen (müssen / wollen) – das nennt sich dann «Sachzwang».

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