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Trump schmiert den Bitcoinern Honig um den Mund. © Screenshot Video

Medien versagen mit ungefilterter Krypto-Propaganda

Christof Leisinger /  Gut finanzierte Lobbyisten und spendengeile Politiker wie Donald Trump verbreiten ihre Scheinargumente ohne kritische Gegenfragen.

Für die Krypto-Branche könne es ein historisches Ereignis gewesen sein – sofern Donald Trump im nächsten Jahr wieder in das Weisse Haus einziehe. Denn der Mann habe sich an der jährlichen Bitcoin Conference als überzeugter Unterstützer «der Branche» geoutet, hiess es jüngst in einer bekannten Tageszeitung der Schweiz. Er werde ein «Pro-Bitcoin-Präsident» werden, habe er vor Tausenden begeisterten Krypto-Fans verkündet.

Besonders wichtig sei die Aussage gewesen, im Fall der Fälle eine strategische «Bitcoin-Währungsreserve» aufzubauen, «transparente regulatorische Leitlinien» zu erarbeiten und sicherzustellen, «dass die USA zur Bitcoin-Supermacht der Welt» werden», hiess es weiter. In diesem Rahmen zitieren die Medien «Krypto-Experten», welche Trumps Ankündigungen über den Klee lobten.

Die Experten sind Propagandisten mit erheblichen Eigeninteressen

Es gibt nur ein Problem – diese «Experten» zählen zu den massgeblichen Figuren der Schweizer Krypto-Szene und haben aus diesem Grund ausgeprägte kommerzielle Eigeninteressen. Das stellt nicht nur deren Objektivität erheblich infrage, sondern auch all jene Medien, die sie zitieren und die kritische Stimmen überhaupt nicht zu Wort kommen lassen. Etwa mit Fragen, ob die «Branche» nicht gerade versucht, bestehende Wertpapiergesetze auszuhebeln, oder wie man Privatanleger davor schützt, mit dem Verkauf von «Wertpapieren» oder Coins dubiosen Wertes über den Tisch gezogen zu werden.

Im Gegensatz zu den Anfangsjahren des «Krypto-Phänomens» scheinen solche Fragen in diesen Tagen kaum noch eine Rolle zu spielen. Die Geschäfte der Szene laufen offensichtlich so gut, dass sie sich eine finanziell gut geschmierte Lobby-Maschinerie leisten kann. Diese arbeitet so durchschlagend, dass Skeptiker automatisch in die Defensive geraten.

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Kryptos – viel Aufregung, wenig Substanz. Hier gibt es eine grössere Auflösung der Grafik.

Die ganze publizistische Energie liegt auf Seite der Befürworter. So kommt es auch, dass in den USA die Kassen politischer Aktionskomitees wie etwa «Fair Shake» mit über 200 Millionen Dollar prall gefüllt sind. Das Geld kommt von einigen der reichsten und erfolgreichsten Risikokapitalgeber und Vermögensverwalter, die landesweit Kandidaten für politische Ämter unterstützen, welche sich wiederum für Kryptowährungen stark machen. Grosszügige Spenden, gesponserte Veranstaltungen, aggressive Kampagnen in den sozialen Medien – heutzutage ist es gut, ein «Krypto-Kandidat» zu sein, denn das grosse Geld und der publizistische Schwung gehen in ihre Richtung.

Vor diesem Hintergrund versprach Donald Trump den Krypto-Gläubigen wie etwa den umstrittenen Gebrüdern Cameron und Tyler Winkelvoss, Ron und Rand Paul oder Michael Saylor das Blaue vom Himmel. Er werde im Falle der Wiederwahl ein «Bitcoin-Präsident» sein. Dann sei die «regulatorische Gängelung der freiheitsliebenden Unternehmer» endgültig vorbei und die Krypto-Agenda sei offiziell ein Teil von «Make America Great Again». Er erinnerte die Krypto-Aficianados auch daran, der erste Präsidentschaftskandidat zu sein, der Spenden in Bitcoin akzeptiere.

Bitcoin als Währungsreserven – schräger geht’s nimmer

Als ob das nicht genug wäre, schwadronierte Trump davon, die 210’000 Bitcoins im Besitz der amerikanischen Regierung, die grösstenteils bei der Aufdeckung von Betrügereien und kriminellen Aktivitäten beschlagnahmt wurden, für immer als Teil der Währungsreserven zu behalten – ganz im Einklang mit dem «Hodl-Ethos» der Anhänger dieses angeblichen Vermögenswertes. Im Gegensatz zu den Skeptikern, die bei Kryptowährungen nur selten innere Werte ausmachen können, gehen die «Hodler» von langfristig steigenden Notierungen aus und wollen ihre Bestände auf ewig halten.

Den grössten Applaus erhielt Trump, als er ankündigte, im Falle seiner Wiederwahl Gary Gensler von der US-Börsenaufsichtsbehörde «am ersten Tag seiner Amtszeit» zu feuern. Wie Mitglieder einer Sekte reagierte sein Publikum mit stehenden Ovationen und mit dem lautesten Geschrei während der gesamten Rede darauf. Die Krypto-Fans mögen nicht mit allem einverstanden sein, was Trump zu sagen hatte, aber in dieser einen Sache scheinen sie sich alle einig zu sein. Denn Gensler ist in ihren Augen der Sündenbock, der den weiteren Aufschwung der «Krypto-Branche» mit seinen regulatorischen Massnahmen verhindert.

Überraschte Beobachter können kaum glauben, dass Millionen von Wählern die Entlassung des Vorsitzenden der US-Börsenaufsichtsbehörde als ihr wichtigstes Thema sehen. Aber vor allem junge Männer in ihren 20ern und 30ern scheinen ihr Heil darin zu sehen, «digitale Vermögenswerte» schaffen, kaufen, halten oder verkaufen zu können. Im wahnhaften Glauben daran, ohne grosse Anstrengung schnell reich werden zu können, sind sie sogar bereit, politische Kampagnen zu führen, ihre «Heilsbringer» zu finanzieren und natürlich zu wählen.

Politik – und ein medialer Skandal

Wen wird es also überraschen, dass Trump in den vergangenen Monaten opportunistisch seine Meinung geändert und sich vom Bitcoin-Saulus in einen Bitcoin-Paulus gewandelt hat? Er versteht offensichtlich nicht das Geringste davon, hat aber erkannt, dass er seine eigene Agenda mit den generösen Krypto-Spenden voranbringen und die naive Kypto-Wählerschaft ohne politische Kosten abholen kann.

Das ist Politik. Ein Skandal ist dagegen, dass die Medienlandschaft völlig unkritisch darüber berichtet und so tut, als ob die Krypto-Szene die Zukunft wäre. Dabei unterliegen die angeblichen Vermögenswerte unglaublichen Kursschwankungen, die Möglichkeiten der damit verbundenen Technologien sind begrenzt, ihre Umweltbelastungen sind enorm, die Sicherheits- und Betrugsrisiken sind beachtlich und von Transparenz kann kaum die Rede sein.

Das Anpreisen von Kryptowährungen als transformative technologische Innovation sei wie die Promotion von Heroin als therapeutische Wunderdroge. Alles, was die «räuberischen Krypto-Promotoren» interessiere, sei die Ausbeutung des Geschäfts mit Kryptowährungen, damit sie potentiellen Kunden so viel Gebühreneinnahmen wie möglich entlocken könnten, argumentieren die Skeptiker.


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3 Meinungen

  • am 5.08.2024 um 14:56 Uhr
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    Man spürt in jedem Satz die negative Haltung des Autors gegenüber Kryptos. Genau so wünsche ich mir keine Berichterstattung. Bitte beachten Sie, Herr Leisinger, dass es hierzu verschiedene Argument und Ansichten gibt und diese hier nicht erwähnte /recherchierte Sichtweise, nicht nur von geldgierigen Dumpfbacken vertreten wird.

  • am 6.08.2024 um 08:49 Uhr
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    Wer Bitcoin und andere Kryptos in den selben Topf schmeisst ist sehr schlecht informiert. Ausserdem ist dieser Bericht noch einseitiger als die vom Autor kritisierten anderen Medien.

  • am 6.08.2024 um 12:49 Uhr
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    Die Aussage, er, Donald Trump, werde als Präsident sicherstellen, «dass die USA zur Bitcoin-Supermacht der Welt» werden», zeigt die gigantischen Widersprüchlichkeiten der Bitcoin-Bewegung. Es ging doch bei der Bewegung um «decentralized finance», um die digitale Befreiung der Geldwirtschaft von den zentralen Mächten der Staaten, vor allem der USA. Schliesslich ist der US-Dollar die effektivste Waffe im Arsenal der Weltmacht USA. Wenn nun die Alternative zu dieser Waffe, der Bitcoin, unter die gleiche Supermacht fallen sollte wie der Dollar, dann gute Nacht.

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