Kommentar

Gratisgeld – Börsenboom – Crash?

Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des AutorsMatthias Weik und Marc Friedrich sind querdenkende Ökonomen. Die beiden haben das Buch „Der grösste Raubzug ©

Marc Friedrich /  Als Co-Autor des Buchs «Der grösste Raubzug der Geschichte» warne ich: Je hemmungsloser die Party, desto grösser der Kater.

Seit einem Jahr kennen die Aktienmärkte, mit kleinen Unterbrüchen wie gerade jetzt, nur noch einen Weg – und zwar gen Himmel.
Wie von Sinnen lassen sich die Anleger abermals blenden, weil grosse Gewinne locken. Die Aktienkurse von Dax, Dow Jones und Nikkei haben sich seit ihrem Tief 2009 mehr als verdoppelt. Die Börsen erklimmen weltweit Rekordstände, weil die Notenbanken die Wirtschaft und damit auch die Anlegerwelt mit Gratis-Geld überschütten in der Hoffnung, damit der Krise entgegen zu wirken. Doch die Probleme der globalen Krisen sind nicht einmal ansatzweise gelöst. Die Börsenhausse hat nichts mit der wirtschaftlichen Realität zu tun.

Im Zug der Börsenhaussen werden an der Wall Street wieder Rekordgehälter ausbezahlt und abermals hoch spekulative Finanzprodukte unter die Leute gebracht. Damit die Sause noch eine Weile anhält, haben die Notenbanken 2013 noch einmal richtig Gas gegeben und die Geldmaschinen in den Turbogang geschaltet: Die EZB drehte zuletzt erneut an der Zinsschraube und reduzierte den Zinssatz auf das Rekordtief von 0,5 Prozent. Es stellt sich uns die Frage, wann die EZB das Geld an die Banken verschenken möchte.
Wahrscheinlich wäre es sinnvoller, wenn die EZB das Gratis-Geld direkt an Unternehmen ausleiht, die es benötigen, anstatt es maroden Banken in den Rachen zu werfen.

Notenbank kauft Staatsanleihen à gogo

In den USA sehen wir das gleiche Spiel. Die US-Notenbank FED hatte verlauten lassen, dass sie das aktuell niedrige Zinsniveau bis mindestens 2015 bestehen lasse. Ben Bernanke, seines Zeichens Chef der FED, kauft pro Monat für 85 Milliarden Dollar Staatsanleihen und Immobilienpapiere auf, um die Zinsen zu drücken und die Märkte zu stabilisieren. Mittlerweile ist die FED, vor China, grösster Gläubiger der USA – eine volkswirtschaftlich fragwürdige und riskante Entwicklung.

In Japan verpflichtet sich die Bank of Japan einer längst vergessenen Tradition – sie stellt auf den wirtschaftlichen Kamikazemodus um. Auf Grund der enormen Eingriffe des Staates wird der Yen abgewertet, mit dem Ziel, die Exporte zu steigern und damit die seit Jahren am Boden liegende Wirtschaft anzukurbeln. Die japanische Staatsverschuldung – mittlerweile über 200 Prozent des BIP – nimmt mehr als abstruse Ausmasse an. Ich bin äusserst gespannt, wann die 300 Prozent-Marke erreicht wird und bin sicher, dass Japan mit dieser ökonomischen Harikiripolitik langfristig scheitern wird.

Wie lange tanzen wir noch auf dem Vulkan des billigen Geldes?

Es ist nicht mehr wegzudiskutieren: die Welt steht vor einer weiteren gravierenden Rezession – doch die Märkte explodieren. Es wird wieder getanzt und die Musik spielt laut – das billige Geld zeigt abermals seine verheerende Wirkung. Die Märkte haben sich, angetrieben von der immensen Liquidität, komplett von der Realität und den wirtschaftlichen Fakten abgekoppelt. So langsam sollte auch dem letzten klar sein, dass dieser Irrsinn in einem verheerenden Knall enden wird. Wann werden wir die maximale Fallhöhe erreicht haben? Wie lange tanzen wir noch auf dem Vulkan des billigen Geldes und wann wird das Geschrei und Gejammer abermals gross sein?
Wirtschaftskrise in der Euro-Zone

Es lohnt sich, einen Blick auf die gegenwärtige wirtschaftliche Lage zu werfen. Betrachten wir zuerst die Eurozone: Die Politik, die Notenbanken und die Finanzwelt betreiben volkswirtschaftliche Schadensmaximierung auf Kosten der Allgemeinheit und besonders der Jugend Europas. Griechenland, Portugal und Spanien sind de facto bankrott und dies kommt nun auch in der Politik an. Die Länder werden «in hundert kalten Wintern» nicht ihre Schulden bezahlen können und der grosse Schuldenschnitt wird kommen – egal, ob dies Frau Merkel oder Herrn Schäuble gefällt oder nicht.
Die Arbeitslosenzahlen in den genannten Ländern erklimmen Höhen, die uns aus Zeiten der Weimarer Republik bekannt sind. Wir alle wissen, in welcher Katastrophe diese geendet ist. Dies gilt es zu verhindern. Doch die falsche Politik schafft einen brandgefährlichen Nährboden für Extremisten, Separatisten, Nationalisten und Bürgerkrieg. Hier wird eine ganze Generation ihrer Zukunft beraubt. Wie lange erträgt die Bevölkerung dieser Länder noch die gegenwärtige Situation?

Spirale dreht sich nach unten

In Spanien und Griechenland sind mit rund 27 Prozent, mehr als jeder Vierte arbeitslos und unter den jungen Menschen unter 25 Jahre sogar jeder Zweite (Spanien 57 Prozent und Griechenland 65 Prozent)! Die Ausfallrate an Krediten ist in Spanien mit knapp 11 Prozent oder 168 Milliarden Euro auf einem Allzeithoch. Dies ist auch logisch: Durch Einsparungen wird die Wirtschaft abgewürgt, es gibt mehr Arbeitslose, die dann wiederum nicht ihre Kredite bedienen können und der Binnenkonsum sowie die Steuereinnahmen gehen stark zurück. Eine sich drehende Spirale nach unten.

Portugal verzeichnet eine Gesamtarbeitslosenquote von 18 Prozent – eine Jugendarbeitslosenquote von fatalen 42 Prozent. Nicht zu verkennen ist, dass diese Zahl eigentlich wesentlich höher wäre, denn weit über 100’000 Jugendliche haben ihre Heimat in Richtung der portugiesisch sprechenden Länder Brasilien und Angola verlassen. Ein Land ohne Jugend ist ein Land ohne Zukunft.

Italien hat mittlerweile die höchste Arbeitslosigkeit seit 36 Jahren. Bei den Jugendlichen wurde die 40 Prozent Marke gerissen und 12 Prozent der Gesamtbevölkerung sind insgesamt ohne Job. Die Auslastung der Autoindustrie (Fiat) ist bei schwachen 40 Prozent. Europaweit sinken die Auto-Absatzzahlen und auch Italien bekommt dies deutlich zu spüren.

Bei unseren Freunden in Frankreich sieht die Lage der «Grande Nation» gegenwärtig ebenfalls besorgniserregend aus. Die Staatsverschuldung ist zwischen 2008 und 2012 von 65 Prozent auf über 90 Prozent gestiegen. So langsam ist auch jedem «Hinz und Kunz» bekannt, dass die französische Industrie nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Das Land hat die höchste Steuer- und Abgabenlast der Euro-Zone. Erschreckend ist auch der Fakt, dass die französischen Autobauer mittlerweile 40 Prozent weniger PKW produzieren als noch 2005.
Es erfordert keinerlei hellseherische Fähigkeiten, um zu erkennen, dass der eine oder andere französische Automobilkonzern in nicht allzu ferner Zukunft erst um knackige Staatshilfen betteln wird und schlussendlich doch die Bücher auf den Tisch legen muss. Frankreich hat 11 Prozent Arbeitslosigkeit, davon 26 Prozent Jugendarbeitslosigkeit – Tendenz steigend.

In den Niederlanden platzt derweil die Immobilienblase und die Wirtschaft steht vor ernsthaften Problemen. Im Mai gingen so viele Unternehmen Pleite wie noch nie seit Aufzeichnung der Daten.
Die Niederländer haben die höchste private Verschuldung im EU-Raum. Insgesamt haben die niederländischen Banken Hypothekenkredite im Volumen von rund 650 Milliarden Euro in den Büchern. Im Mai 2013 sank der Immobilienpreisindex mit einer Rate von -8,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Die Immobilienpreise sind seit 2008 um 20,6 Prozent eingebrochen.

England ist ein Beispiel, was passiert, wenn ein Land seine Werkbank ins Ausland verlagert und sich ganz auf den (Finanz)Dienstleistungssektor fokussiert. Wann hatten Sie zuletzt ein Produkt in der Hand mit der Kennzeichnung «Made in England»? Die Jugendarbeitslosigkeit beträgt aktuell 21 Prozent bei einer Gesamtarbeitslosenquote von über 8 Prozent – Tendenz ebenfalls steigend.

Wichtige Fragen bleiben unbeantwortet

Wir sollten uns folgende Fragen stellen:

  • Was ist aus der gross angekündigten Finanztransaktionssteuer geworden?
  • Wurde eine Börsensteuer umgesetzt?
  • Wie weit ist die Regulierung der Banken fortgeschritten?
  • Wer spricht noch von Basel 3?
  • Warum müssen die Verursacher der Krise nicht mit Haus und Hof haften?
  • Warum wurden die Banken, die in den perversen Libor Zinsskandal verwickelt waren, nicht bestraft – abgesehen von den 2-3 lächerlichen Geldstrafen?
  • Warum hat man in einer Nacht- und Nebelaktion die Bilanzierungsregeln für die Finanzbranche dermassen aufgeweicht, dass Experten von einem staatlich legitimierten Steuerbetrug sprechen?
  • Warum hat man es den «Big Banks» ermöglicht, sich seit 2009 noch mehr mit billigem Geld vollzusaugen, um noch «systemrelevanter» zu werden?

Niemand gibt uns Antworten. Es scheint so, dass bizarrerweise die Krisenverursacher die Krisengewinner sind – verkehrte Welt würden wir sagen. Die Ursachen der Krise wurden weder angegangen noch nachhaltig gelöst, sondern nur mit Geld überschüttet und somit in die Zukunft verschoben. Die Lösung weltweit heisst momentan: Zinsen senken und die Märkte mit ausreichend Liquidität versogen. Noch nie war in der Geschichte der Menschheit mehr Geld im System. Ich bin überzeugt: Noch nie wird man einen grösseren Crash gesehen haben.

Schönwetter-Reden von Barroso und Schäuble

Doch Herr Barroso und Herr Schäuble hatten Anfang Jahr verkündet: «Die Krise ist vorbei!». Summa summarum sehe die wirtschaftliche Lage «super» aus.

Lasst uns weiter fleissig Geld drucken und die Aktienmärkte weiter nach oben prügeln. Wen interessieren denn schon volkswirtschaftliche Fakten und Zahlen: Solange wir unbegrenzt Geld aus dem Nichts schöpfen können, ist alles gut und wir werden alle immer reicher. Der DAX kann auch noch auf 15’000 oder 50’000 Punkte gehievt werden, nur wird dies dem Grossteil der Bevölkerung wenig nützen. Im Gegenteil: Eine Hyperinflation wird ihr eines Tages den Rest ihrer flüssigen Vermögen zum schmelzen bringen.
Schon heute werden die kleinen Sparer wegen der weltweiten Niedrigzinspolitik schleichend enteignet. Doch wen interessiert das schon? Klar ist: Der Kater wird kommen, wie nach jeder hemmungslosen Party. Wir sehen jetzt schon die ersten Vorboten. Kaum erwähnen die Notenbanken nur zwischen den Zeilen, die Zinsen anzuheben oder die Notenpressen zu bremsen, reagieren die Börsen hypernervös und sehr empfindlich. Ein klares Zeichen dafür, dass die Börsen zum Grossteil nur durch das billige Geld nach oben getrieben worden sind. Ich erwarte vor der grossen Inflation einen deflationären Schock, bei dem alle Anlagewerte liquidiert werden. Die Aktienmärkte werden massiv nach unten korrigieren – es wird heftig werden. Anschnallen!


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Matthias Weik und Marc Friedrich sind querdenkende Ökonomen. Die beiden haben das Buch „Der grösste Raubzug der Geschichte: Warum die Fleissigen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden“ geschrieben, das unterdessen zu einem Bestseller geworden ist. In ihrem Buch haben sie vorausgesagt, dass die nächste Bankenrettung auf Kosten der Sparer über die Bühne gehen wird – was später in Zypern geschehen ist.

Zum Infosperber-Dossier:

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Finanzcasino bedroht Weltwirtschaft

Mit unvorstellbaren Summen darf gewettet werden, dass grosse Unternehmen und Staaten pleite gehen.

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Eine Meinung zu

  • am 9.07.2013 um 10:35 Uhr
    Permalink

    der leider verstorbene Walter Hirt, Herausgeber von «Wirtschaft aktuell» hat schon Ende der 90er diese Entwicklung voraus gesehen. Noch lassen wir uns belügen von den Spitzen der Politik, der internationalen Organisationen und der Banken. Der Zusammen-bruch wird kommen, bewusst vorbereitet, vermutlich bewusst ausgelöst. Gewinner wird die Hochfinanz der USA-Ostküste und die «Neue Weltordnung» wird uns als Lösung aufgezwungen werden.
    PS: interessant ist, dass auch seriöse Astrologen gewaltige Umwälzungen wie in der Zeit der Reformation, der US-Unabhängigkeitserklärung und der französischen Revolution erwarten. Auch der Maya-Kalender spricht von einer Zeitenwende.

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