Keller-Sutter Ermotto x

Financial Times: «Wie sich die UBS nach der Rettung der Credit Suisse mit dem Schweizer Establishment überwarf.» © FT

Financial Times: Die UBS und Bern sind völlig verkracht

Lukas Hässig /  Bundesrat, Finma und SNB wollen der UBS mehr Kapital vorschreiben. Ermotti und Kelleher stemmen sich mit aller Kraft dagegen.

High Noon zwischen UBS und der Politik: Das zeigt sich in aller Schärfe. In einem langen Artikel machte die einflussreiche Financial Times am 10. Juli deutlich, wie stark das Tuch zerrissen ist.

Hintergrund sind Forderungen aus der Hauptstadt, die UBS müsse bis zu 25 Milliarden zusätzliches Kapital bringen. Dagegen wehre sich die UBS-Spitze mit Präsident Colm Kelleher und CEO Sergio Ermotti. Die beiden Seiten, die erst vor knapp anderthalb Jahren mit vereinten Kräften die CS in den sicheren Hafen UBS geführt hätten, würden nicht länger «unter einer Decke» stecken, zitierte die Financial Times (FT) Insider. Die Rede sei von «Schattenboxen» zwischen Finanzdepartement und Nationalbank auf der einen und Big UBS auf der anderen Seite.

Finanzministerin Karin Keller-Sutter, welche die FT im Jahr der CS-«Rettung» zu den einflussreichsten Frauen auf dem Planeten gekürt hatte, steht plötzlich als grosse Gegenspielerin der Bankleitung da.

Sie habe einst «gelernt, dass das Salär eines Bundesrats das Mass aller Dinge sei», zitierte das Finanzblatt einen kürzlichen Ausspruch der Freisinnigen.

«Well, that hasn’t been the measure of all things for a long time, has it?» («Nun, das ist schon lange nicht mehr das Mass aller Dinge, oder?»), so Keller-Sutter in der FT vom 10. Juli in Anspielung auf Ermottis 14 Millionen Franken für 9 Monate Arbeit.

Der FT-Redaktor, der zu den erfahrensten Beobachtern des Schweizer Finanzplatzes zählt, zeichnete das Bild von Waffengefährten, deren Bündnis in kurzer Zeit zerbrach. Die Front verlaufe entlang einer scharfen Grenze: Hier die Beamten der Bankenaufsicht Finma, die faktisch aufs Kommando von Keller-Sutter hören, dort die Tycoons von der Zürcher Bahnhofstrasse, die sich als Wallstreet-Grössen verstehen.

Stefan Walter, der frisch gewählte Chef der Finma, gab schon bei einem seiner ersten Auftritte den Tarif durch. Er stünde uneingeschränkt hinter der Forderung, dass die UBS deutlich mehr Kapital für ihre ausländischen Töchter benötigte.

Das habe sich Ermotti nicht zweimal bieten lassen, meinte die FT: «The next day, Ermotti hit back, accusing Swiss authorities of allowing Credit Suisse to fail and not taking responsibility for their role in supervising the bank.» («Am nächsten Tag schlug Ermotti zurück und warf den Schweizer Behörden vor, die Credit Suisse scheitern zu lassen und für ihre Rolle bei der Beaufsichtigung der CS nicht geradezustehen.») Und weiter: «Fourteen months after the Credit Suisse rescue, we are in the midst of an intense and often superficial debate over whether UBS is too big for Switzerland» («Vierzehn Monate nach der Rettung der Credit Suisse sind wir mitten in einer intensiven und oft oberflächlichen Debatte darüber, ob die UBS zu gross für die Schweiz sei»), gab die Zeitung Ermottis Rede an der Uni Zürich wieder. «To be honest, it’s quite surprising how quickly UBS went from being perceived as a saviour to a potential future problem for the country.» («Um ehrlich zu sein:Es ist es schon erstaunlich, wie schnell die UBS von einer Retterin zu einem potenziellen Problem für das Land wurde.»)

Vom Retter zum Paria – so die Welt in Ermottis Augen.

Wer hat Recht? Das entscheidet sich in der öffentlichen Arena. Die Bürger und Wähler halten am Ende den Daumen nach oben oder nach unten. Keller-Sutter muss sich ihre missliche Lage selber vorwerfen. Sie ging gänzlich unvorbereitet in die entscheidenden vier Tage von Mitte März 2023, als die vereinigte Schweizer Finanz-Elite der UBS das Geschenk des Jahrhunderts machte.

Weil sie das inzwischen selber begriffen hat, will die FDP-Magistratin jetzt umso mehr als «Iron Lady» in die jüngere Geschichte eingehen, welche die Monster-Bank UBS (NZZ) mit harten Kapital-Auflagen im Zaum hält.

«UBS got this incredible gift — the deal of the century» («UBS erhielt dieses unglaubliche Geschenk – das Geschäft des Jahrhunderts»), zitierte die FT einen «adviser to banks». Diesen zitiert die FT weiter: «Now the government is coming under pressure from the Swiss public to make it look like it wasn’t such a great deal. But ultimately, you get the regulation you can pay for and for UBS that means they will inevitably get higher capital requirements.» (Jetzt wird die Regierung von der Schweizer Öffentlichkeit unter Druck gesetzt, um den Eindruck zu erwecken, es sei kein so gutes Geschäft gewesen. Aber schliesslich kommt die Regulierung, die man bezahlen kann. Für die UBS bedeutet das, dass ihr zwangsläufig eine höhere Kapitaldeckung vorgeschrieben wird.»)

Keller-Sutters grösstes Problem heisst AT-1. Das sind die Wandel-Obligationen, welche die CS als hartes Eigenkapital in den Büchern gehalten hatte und die auf Geheiss von Bern ausradiert wurden. Ohne diesen «Wipe-out» hätte die UBS den Deal nicht zu den beschlossenen Bedingungen getätigt, führte Colm Kelleher zum ersten Jahrestag des CS-Untergangs in der NZZ am Sonntag aus.

Die total 17 Milliarden US-Dollar in Form von mehreren AT-1s könnten die Schweiz und ihre Bürger und Steuerzahler teuer zu stehen kommen. Thomas Borer, der Sprecher von kapitalstarken Klägern, zeigte sich am Samstag in einem Interview überzeugt davon, dass die Kläger mit einem ihrer vielen Vorstösse an irgendeinem Gerichtshof rund um die Erde Erfolg haben würden. Borer schlug vor, den Abschreiber aufzuteilen: Ein paar Milliarden übernimmt der Bund, ein paar die UBS, der Rest die düpierten Obligationäre.

Für Keller-Sutter ist dies ein Schreckensszenario: Wie will sie dem Stimm- und Wahlvolk schmackhaft machen, dass sie den hoch bezahlten UBS-Chefs nicht nur die CS für 3 Milliarden faktisch geschenkt hat. Sondern dass obendrauf der Steuerzahler mehrere Milliarden seines Geldes hergeben muss, um die Eidgenossenschaft vom juristischen Trommelfeuer zu befreien?

Das Szenario, dass am Ende der Schweizer Bürger die Zeche für den «Deal of a Lifetime» der UBS-Boni-Banker berappen muss, treibt Finanzministerin Keller-Sutter den Angstschweiss auf die Stirn. Deshalb bietet sie diese den UBS-Masters of the Universe. Und die reagieren arrogant und beleidigt. Das zeigt sich auch an Ermottis Spruch zur Ansicht, wonach seine riesige UBS eine Gefahr für den Inland-Wettbewerb darstelle. Solche Aussagen seien «a joke», meinte der UBS-Chef gemäss FT.

Die Wortwahl verschafft der UBS keine Sympathiepunkte. Am Ende werde die Suppe trotzdem nicht so heiss gegessen, wie sie derzeit serviert werde, vermutet ein letzter Insider in der FT-Story.

«There is a lot of posturing going on but in the end, sense will prevail. Eventually they will meet in the middle» («Es gibt viel Getue, aber am Ende wird die Vernunft siegen. Regierung und UBS werden sich in der Mitte treffen»), so ein Banker, der laut der Zeitung bei der Übernahme der CS mitgearbeitet habe.

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Dieser Beitrag erschien am 10. Juli auf Inside Paradeplatz.


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4 Meinungen

  • am 11.07.2024 um 11:36 Uhr
    Permalink

    Bundesrat und Administration sind der UBS im Verhalten und Verhandeln hoffnungslos unterlegen. Während sich die UBS angesichts des sich abzeichnenden Untergangs der Credit Suisse monatelang auf den Showdown vorbereitet hat, wirkte «die Schweiz» am kritischen Wochenende getrieben statt treibend. Und im «Bericht des Bundesrates zur Bankenstabilität» vom 10. April 2024
    mit seinen 37 möglichen Massnahmen bezeichnete der Bundesrat seine zwei schärfsten Waffen, Trennbankensystem und progressive Eigenmittelregeln (Massnahmen Nr. 36, 16 und 17) vorab als ungeeignet. Stattdessen streitet man in der Öffentlichkeit mit der Bank um ein technisches Detail, die Eigenmittelunterlegung von Tochtergesellschaften. Schwach.

  • am 11.07.2024 um 11:42 Uhr
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    Frau Keller-Sutter und die Bürger dieses Landes sollten mit unsinnigen Grabenkämpfen aufhören und der Realität ins Auge blicken: In jedem Fiatgeld-System schöpfen Geschäfts- und Zentralbanken «unser» Geld. Bürger und Regierung müssen sich ihre Kredite und damit ihre Verschuldung samt Zinseszins beim Bankensystem besorgen. Keine Fake News, aber dieses Geld ist Fake Money aus dem Nichts!
    Deshalb gewinnt immer das Bankensystem. Seit Jahrhunderten, seit mindestens der Gründung der Bank of England 1694.
    Wir, die Menschen schöpfen unter Einsatz unserer Lebenszeit durch Dienstleistungen ein Guthaben = richtiges, demokratisches Geld, welches ein Versprechen auf gleichwertige Dienstleistung in der Zukunft darstellt.
    Sollte es uns nicht gelingen, die Geldschöpfung wieder in unser aller Hände zu bekommen, sie dem Bankensystem zu entreissen, dann haben wir verloren, werden immer wieder enteignet, entrechtet und in Fiatgeld-Kriege geführt.
    Lest die humane Marktwirtschaft und führt diese Diskussion.

  • am 11.07.2024 um 22:20 Uhr
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    Die UBS wird den Steuerzahlern früher oder später auf die Füsse fallen.

    Am 27.9.2023 berichtete «Bloomberg» über mutmassliche Ermittlungen gegen Credit Suisse und UBS. Dies führte zu einem Einbruch des Kurses der UBS Aktie um bis zu 8%, was etwa 4 Milliarden Franken entsprochen haben dürfte. «Bloomberg» ist übrigens das Medienunternehmen welches das Interview mit dem Präsident der Saudi National Bank geführt hat und daraufhin von den Leitmedien nicht vollständig wiedergegeben wurde.

  • am 12.07.2024 um 07:24 Uhr
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    «UBS went from being perceived as a saviour to a potential future problem»
    Das klingt nun doch reichlich euphemistisch.
    Ich jedenfalls würde die UBS eher als Kriegs- oder Krisengewinnler denn als Retter bezeichnen.

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